Stiftungen
25. Juni 2024

Zwischen Diversifikation und ESG

Virtueller Tag für das Stiftungsvermögen bot Einblicke in die Private-Markets-Allokation von Stiftungen. ESG bei Bestandsimmobilien drängendes Thema.

Um Fragen der Asset-Allokation von Stiftungen, deren Anlagestrategien, um Nachhaltigkeit und immer wieder um das Thema Diversifikation drehten sich viele Gespräche Mitte Juni auf dem Virtuellen Tag für das Stiftungsvermögen 2024. So zog sich die Frage „Wie legen Stiftungen das Stiftungsvermögen zeitlos und zeitgemäß an?“, die ein Panel zu Beginn des vielfältigen Diskussionsvormittags überschrieb, auch durch viele anschließende Gespräche der Live-Sendung von Tobias Karow und seinem Team. Dass eine Anlagestrategie für die Flexibilität einer Stiftung bei der Verwaltung ihres Anlagevermögens kein Hemmschuh, sondern eine Voraussetzung ist, damit man sich auch taktisch Spielräume offen halten kann, machte Stefan R. Haake, CFO bei der Stiftung Conference of European Rabbis, die sich unter anderem der Interessenvertretung und Fortbildung von Rabbinern in Europa widmet, deutlich: „Für uns ist die Strategie King, sie gibt uns die Freiheit, am Ende auch kurzfristig taktische Entscheidungen treffen zu können“, sagte Haake. Erst eine feste Strategie, die den Rahmen für die Vermögensanlage setzt, ermögliche Flexibilität in der Vermögensanlage. Dies sei insbesondere für Organisationen wichtig, die zusätzlich zu ihrem Vermögen auch hohe Spendenzuflüsse managen müssten.

Am Anfang stand Private Debt

Die TV-Sendung mit rund 30 Stiftungsexperten und Investoren aus dem Stiftungssektor hielt diesmal auch viele Fallbeispiele und Case Studies aus den unterschiedlichen Anlagekonzepten und -strategien bereit. So erfuhr man einiges beispielsweise über die Privatmarktallokation der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Deren Bereichsleiter Vermögensmanagement, Thomas Meissner, gab Einblick: „Wir investieren in Aktien, Anleihen, Immobilien und Private Assets. Unter Private Assets verstehen wir Private Equity, also Corporate Equity, Corporate Debt und auch Infrastruktur Equity.“ Nach den Immobilien sei der Einstieg in die Private Markets erst über Private Debt erfolgt. „Als erstes Investment wählten wir Corporate Debt, weil wir hier einen Zahlungsstrom haben. Wir sind ein Core-Plus-Investor, wir brauchen laufende Erträge zu Finanzierung unseres Stiftungszwecks und sind also erst einmal aus der Ertragsperspektive an das Thema Private Assets herangegangen“, begründete Meissner die Wahl. Anschließend folgte auch Private Equity, wobei Meissner hier auf eine möglichst breite Diversifikation setzt. „Auch wenn wir bei einem Dachfonds eine zweite Gebührenebene haben, bringt uns die Streuung über viele Investments eine Stabilisierung der Rendite“, so Meissner. An dritter Stelle folgte für die Stiftung die Anlage in Infrastruktur Equity, auch im Bereich der Erneuerbaren Energien. Hier sei es zudem wichtig, sich auch mit dem Thema ESG vertieft auseinanderzusetzen. Diese Nachhaltigkeitsthemen gingen über die Wirtschaftlichkeit deutlich hinaus und müssten vom Anleger ebenfalls verstanden werden.

ESG im Bestand für Werterhalt

In Sachen Nachhaltigkeit legte Meissner zudem den Fokus auf die Immobilienanlage. Bestandsimmobilien halte seine Stiftung bis auf eine Ausnahme im Rahmen von Immobilienspezialfonds. „Wir sprechen dort mit unseren Co-Investoren sehr intensiv darüber: Wie ist der energetische Zustand des Gebäudes, was muss man verbessern? Und wie können wir über diese Maßnahmen den Wert dieser Immobilien erhalten?“ Es gehe in erster Linie um den Werterhalt, denn potenzielle Käufer würden die Kosten für energetische Maßnahmen künftig vom Kaufpreis abziehen, schätzt Meissner. Auch für Mieter, insbesondere im gewerblichen Bereich, sei ESG zwingend ein Thema, und das schon heute: „Große Mieter haben auch eigene ESG-Policies, die sie auch in den Mietverträgen widergespiegelt sehen wollen“, so Meissner.

Mehr Rendite bei ähnlichem Risiko

Um die Private Markets ging es auch beim Gespräch mit Hannes Banzhaf, stellvertretender Geschäftsführer und Leiter Finanzen der Carl-Zeiss-Stiftung. Die beiden Stiftungsunternehmen Zeiss und Schott hält die Carl-Zeiss-Stiftung zu 100 Prozent und ist mit den darüber hinaus gehenden Finanzanlagen zu etwa einem Drittel des längerfristigen Portfolios in Alternative Anlagen investiert, wie Infrastruktur, Private Debt und Private Equity. „Wir investieren direkt in Zielfonds, oft sind das Luxemburger Strukturen, und haben eine relativ stabile Asset Allocation. Alternative Anlageklassen sind illiquide oder semi-illiquide, aber sie sind liquiden Anlagen oftmals eben deutlich überlegen“, brach Banzhaf als „Fan“ der Private Markets eine Lanze für diese. Bei ähnlichem Risiko böten die Private Markets oftmals deutlich höhere Renditen. So habe ein Windpark eine mit Aktien vergleichbare Rendite bei deutlich geringerem Risiko, börsennotierte Unternehmensanleihen hätten hingegen ein ähnliches Risiko wie Private-Debt-Anlagen, diese offerierten dafür aber deutlich höhere Renditechancen.

Wenn Sie, verehrte Leser und Leserinnen, mehr darüber wissen wollen, wie Stiftungen allokieren und welche Strategien sie dabei verfolgen, wie man über Immobilienfonds richtig diversifiziert und warum manch eine Stiftung nicht in Gold investiert, finden Sie mehr dazu auf vtfds.de.

In der vierstündigen TV-Sendung rund um das Thema Stiftungsvermögen sind des Weiteren unter anderem zu sehen: Achim Lange von der Zeit-Stiftung, Michael Dittrich von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Ingo Strugalla von der Stiftung Schönau, Florian Becker-Gitschel von der Zoologischen Gesellschaft in Frankfurt/Main, Klaus Stüllenberg von der Stüllenberg-Stiftung, Dr. Katja Bär von der Hans und Ilse Breuer-Stiftung, Stiftungsexpertin Ann-Grit Lehmann, Hanna Lehmann von der Freiburger Bürgerstiftung und Patrick Kern von der Umweltstiftung Greenpeace.

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