Zusammen geht mehr bei Pensionskassen
Kleine und mittelgroße Pensionskassen stehen vor jeder Menge Herausforderungen. Dabei geht es um so erfolgskritische Themen wie Kapitalanlage und Bestandsverwaltung. Ansätze, die Komplexität zu bewältigen, gibt es einige.
Die Pensionskassenstatistik der Bafin mit ihren 135 Akteuren weist Parallelen zur Tabelle der Fußball-Bundesliga auf. Ganz oben finden sich die Platzhirsche: überbetriebliche Pensionskassen, die Kapitalanlagen von mehreren Milliarden Euro verwalten sowie hunderttausende Anwärter und Rentner betreuen. Die Teams im Mittelfeld bis hinunter in den Tabellenkeller haben es da deutlich schwerer. Aber anders als im Profifußball können Pensionskassen nicht absteigen. Daher finden sich in ihrer Statistik auch Winzlinge wie die I.G. Farben Wolfen Pensionskasse mit nur noch wenigen Rentnern.
Und doch können Pensionskassen aus der Statistik verschwinden. Zum Beispiel haben sich die Gremien der Versorgungskasse der Bayerischen Milchindustrie Landshut eG Nürnberg VVaG im vergangenen Jahr dazu entschlossen, ihren gesamten Bestand an Betriebsrenten mit allen dazugehörigen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten rückwirkend zum 1. Januar 2022 auf die mächtige Hamburger Pensionskasse von 1905 (HPK) zu übertragen. Begründet wurde das mit stark zunehmenden rechtlichen Anforderungen für kleinere Pensionskassen.
Die Pensionskasse Dynamit Nobel hat einen anderen Weg eingeschlagen. Statt ihre Existenz durch Bestandsübertragung aufzugeben, hat sie Mercer eingespannt. Seit 2010 kümmert sich die Mercer Deutschland GmbH um sämtliche Dienstleistungen in den Bereichen der Betreuung und Verwaltung der Pensionskasse. Die Kasse mit dem markanten Namen bleibt also bestehen. Den gleichen Weg wählten unter anderem auch die zum Deutsche-Bahn-Konzern gehörende Schenker Pensionskasse und die MER-Pensionskasse. Beide entscheiden sich aber für die Pensionsverwaltung aus Hamburg.
Nächster Halt: Hamburg
Die inzwischen in die Hamburger Pensionskasse aufgenommene Versorgungskasse der Bayerischen Milchindustrie war hingegen ein Winzling. Mit einer Bilanzsumme von 11,9 Millionen Euro belegte sie in der Bafin-Statistik 2021 den neuntletzten Platz. Ihre neue Heimat, die HPK, ist einer der Platzhirsche unter den hiesigen Firmenpensionskassen mit einer Bilanzsumme von rund sieben Milliarden Euro. Hinter ihr steht die Hamburger Pensionsverwaltung (HAPEV), eine eingetragene Genossenschaft sowie Dienstleister und Berater für sämtliche Fragen zur betrieblichen Altersversorgung. Ihr Angebot ist vielfältig.
Die HAPEV übernimmt die Verwaltung von Pensionskassen im Rahmen einer vollständigen Auslagerung des Geschäftsbetriebs oder alternativ einzelner Geschäftsbereiche, zum Beispiel die Verwaltung von Anwartschafts- und Rentenbeständen. Diese Dienste seien mehr und mehr gefragt, wie Melanie Jura und Frank Scheer, die Vorstände der Hamburger Pensionsverwaltung, berichten. Sie bilden auch den Vorstand der Hamburger Pensionskasse, der größten Pensionskasse unter dem Dach der HAPEV.
Im Gespräch mit unserer Redaktion weisen sie darauf hin, dass die Regulatorik und die Anforderungen, die an Pensionskassen gestellt werden, in den vergangenen Jahren sehr stark zugenommen haben. „Hieraus resultieren große Herausforderungen insbesondere für kleinere Einrichtungen oder Pensionskassen, die an Firmen angebunden sind, die natürlich ein anderes Kerngeschäft haben“, erläutert Melanie Jura. Sie sagt, kleinere Einrichtungen sehen sich mehr in der Pflicht, Unterstützung zu suchen. Dabei spannt sie den Bogen vom Tagesgeschäft der HAPEV zum Angebot für Hilfestellungen: „Bei zum Beispiel einer Ausgliederung der Verwaltung bleibt die Pensionskasse als juristische Person weiterhin bestehen. Dank unserer Aufstellung sind wir in der Lage, den Geschäftsbetrieb in einzelnen Bereichen zu übernehmen oder das komplette Paket anzubieten.“
Im Vorfeld einer möglichen Zusammenarbeit, sei es auf dem Wege der Bestandsübertragung, der Ausgliederung von einzelnen Funktionen oder einer Komplettausgliederung, wird die jeweilige Pensionseinrichtung auf Herz und Nieren geprüft. Dabei geht es zum Beispiel um die Durchschau auf die Kapitalanlage und den Verpflichtungsumfang. „Wichtig ist auch“, betont Vorstand Frank Scheer, „wie die Kasse in der Vergangenheit geführt wurde und welche Risiken vorhanden sind. Wir decken das alles auf.“
Die Übernahme kleiner Pensionskassen ist jedoch für die Hamburger Pensionskasse (die zum Beispiel Programme der Vereinten Nationen zur globalen Ernährungssicherheit unterstützt) nichts, was man als „Wachstumsstrategie“ bezeichnen könnte – sie treibt das Geschäft nicht aktiv voran. Jura: „Wir sehen am Markt, dass es einen Bedarf kleiner Pensionskassen gibt, die nicht mehr alle an sie gestellten Anforderungen selbst erfüllen können. Diese sprechen uns an.“ Im Prozess würde dann genau darauf geschaut, was eine Einrichtung benötigt und ob die HAPEV oder die HPK unterstützen können.
Kölner Pensionskasse sucht Gleichgesinnte
Die Möglichkeiten für kleinere Pensionskassen, sich maßgeschneiderte Unterstützung einzukaufen, sind also vielschichtig. Doch auch dadurch entstehen Kosten, über die man nachdenken muss. Ins Blickfeld rücken daher nun Anstrengungen wie die der überbetrieblichen Kölner Pensionskasse (KPK) und der Pensionskasse der Caritas (PKC). Beide arbeiten in Köln unter einem Dach zusammen und sie agieren wie eine Unternehmenseinheit. Die Initiative zur Gründung der KPK im Jahr 2002 kam aus den Kreisen der 50 Jahre älteren PKC. Beide mussten infolge einer Schieflage das Neugeschäft im Jahr 2018 einstellen und befinden sich im Run-off.
Dennoch oder gerade deshalb sind sie ein Vorbild für andere, wenn es darum geht, Synergien zu schaffen. „Die Mehrzahl unserer knapp 50 Köpfe ist mittlerweile bei der Kölner Pensionskasse angestellt“, berichtet Olaf Keese, Vorstandsvorsitzender der Pensionskasse der Caritas VVaG und Liquidator der Kölner Pensionskasse VVaG i. L. Im Gespräch erläutert er, dass beide Kassen miteinander Verträge abgeschlossen haben und sich gegenseitig Dienstleistungen erbringen, die je nach Aufwand abgerechnet werden.
Zum Beispiel arbeiten die Vorstände und die Immobilienabteilung für beide Kassen. Beide „teilen“ sich auch ein Justiziariat. Das gilt ebenfalls für die IT-Abteilung, Finanzbuchhaltung und Bestandsverwaltung. „Es gibt also keine Organisationseinheit mehr, bei der zwischen KPK und PKC unterschieden wird“, sagt Keese. „Früher gab es für die Bestandsverwaltung zwei Abteilungen mit zwei Abteilungsleitern. Und im Rechnungswesen gab es zwei Abteilungsleiterinnen.“ Nach der Schlankheitskur peilt Keese neue Ziele an.
In Zukunft wollen die beiden Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit mit Hilfe von Software der Firma Adesso Insurance Solutions auch die Bestände anderer Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung verwalten und diese Dienstleistung ausbauen. Dadurch können die Kosten, etwa für die Entwicklung maßgeschneiderter Bestandsverwaltungssoftware, auf mehreren Schultern verteilt und so gesenkt werden. Erfahrungen haben die Kölner bereits gesammelt. Seit 2016 verwalten sie den Rentnerbestand der Pensionskasse Maxhütte VVaG. Zuvor gab es einige Bestandsübernahmen, unter anderem 2014 die Hoffmann‘s Pensionskasse VVaG.
Keese verweist auf die abnehmenden Bestände seiner Kassen und entsprechenden Kostendruck. Wenn mehrere Kassen kooperieren, werde vieles leichter. Besonders groß sei der Kostenhebel in der Verwaltung der Kapitalanlagen und der Bestände. „Wir können Kosten auch reduzieren, indem wir uns gemeinsam mit anderen Kassen Beratungsdienstleistungen einkaufen, wie bei der Ausschreibung alternativer Kapitalanlagen“, erläutert Keese.
Und selbst beim Vorstand ließe sich sparen. „Wenn PKC und KPK eigenständig wären, bräuchten wir für die zwei Kassen insgesamt vier Vorstandsköpfe. Da aber jeder von uns beiden Vorständen jeweils zwei Mandate wahrnimmt, brauchen wir weniger“, so Keese mit Blick auf sich und seinen Kollegen Robert Müller. Würde die Kooperation vier Kassen umfassen, bräuchte man im Führungsgremium nur vier statt acht Vorstände, rechnet Keese vor.
Wenn Kassen kooperieren wollen, brauchen sie dafür aber auch eine geeignete organisatorische Hülle. Denkbar ist die Gründung einer gemeinsamen Servicegesellschaft oder einer Genossenschaft, in die sich interessierte Pensionskassen einkaufen können. Auch das ist ein Plan, den sie in Köln vorantreiben. Natürlich könnten KPK und PKC (beide liegen im Mittelfeld der Bafin-PK-Statistik) ihre internen Funktionen außerdem an Dritte auslagern. In diesem Fall wäre die Möglichkeiten der Mitglieder, also der Eigentümer, und des Vorstandes, Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen, jedoch eingeschränkt. Keese: „Wir möchten ein anderes Modell fahren und mit einer Handvoll solcher Kassen kooperieren, bei denen die Mitglieder sagen: ‚Wir wollen weiterhin Gestaltungsmöglichkeiten haben. Es soll unsere Kasse bleiben, und sie soll nicht untergehen.‘“
Der kostenbewusste Kassenchef machte aber eine Ausnahme. Sie betrifft das Backoffice der Kapitalanlagen: Diese Funktion haben KPK und PKC an die Babcock Pensionskasse in Oberhausen ausgegliedert. Ein Grund dafür sei der zunehmende Mangel an erfahrenen Mitarbeitern. „Das Schwert der Demographie schwebt auch über uns als Branche“, räumt Keese ein. Und was ist mit den Insourcing-Plänen? „Auch daran arbeiten wir.“ 2024 soll die Migration der neuen Software abgeschlossen sein.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Outsourcing | Pensionskassen
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