Investoren
11. Mai 2022

Zinswende belastet Venture-Capital-Markt

Die Stimmung in der deutschen VC-Branche ist im ersten Quartal eingebrochen. Nun sinken die Einstiegsbewertungen bei neuen Investitionen.

Zwei Jahre nach dem Corona-Schock knickt das Geschäftsklima auf dem deutschen Venture-Capital-Markt erneut ein. Laut einer Mitteilung der Förderbank KfW sank das German Venture Capital Barometer, der Geschäftsklimaindex der VC-Szene, im ersten Quartal 2022 um 35 Zähler auf 7,2 Saldenpunkte. Die Hauptgründe dafür dürften die sich inflationsbedingt verschärfende Zinswende sowie die kriegsbedingt gestiegene wirtschaftliche Unsicherheit sein, vermutet die Bank.

Zinswende drückt die Kurse

Im ersten Quartal am stärksten eingebrochen sind die Beurteilungen von Konjunktur, Zinsniveau, Fundraising-Klima und Wertberichtigungsdruck. Das Konjunkturklima sei angesichts des eskalierten Krieges in der Ukraine förmlich abgestürzt – sogar deutlich stärker als beim Corona-Schock zwei Jahre zuvor, so die KfW. Die Bank erwartet jedoch, dass die konjunkturelle Abkühlung die meisten Start-ups aber weniger betreffen werde.

Stärkere Effekte seien von der Zinswende der internationalen Notenbanken zu erwarten, die sich kriegsbedingt beschleunigt habe. Die Folge seien niedrigere Kurse bei Technologieaktien, was sich auch auf die privaten Märkte auswirke und den Wertberichtigungsdruck erhöhe.

Aus Investorensicht sei allerdings positiv, dass auch die Einstiegsbewertungen bei neuen Investitionen sinken. Der entsprechende Indikator habe sich deutlich verbessert und sei der einzige mit einem deutlichen Zugewinn. Steigende Zinsen führen laut KfW auch dazu, dass die Asset-Klasse VC tendenziell Anlegergelder verliert, was auf lange Sicht das Fundraising erschwert.

Unsicherheit erfasst Venture-Capital-Markt

Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, sagt, dass das Venture-Capital-Geschäftsklima im ersten Quartal 2022 regelrecht eingebrochen sei. „Das hat sicher mit den hohen Inflationsraten und der verschärften Zinswende der internationalen Notenbanken zu tun. Hinzu kommen die geopolitischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten durch den eskalierten Krieg in der Ukraine.“

Allerdings komme man von einem sehr hohen Niveau und der Einbruch sei kleiner als beim Ausbruch der Corona-Pandemie im ersten Quartal 2020, sagt Köhler-Geib. „Es handelt sich um einen Schock über die Ereignisse, der sich bisher in der breiten Investitionstätigkeit nicht zeigt.“

Demnach wurden in den ersten drei Monaten bereits rund drei Milliarden Euro Venture Capital in deutsche Start-ups investiert, das sei mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Die KfW-Chefvolkswirtin fährt mit ihrer Analyse fort: „Und ohne Megadeals, die mal mehr und mal weniger häufig vorkommen, liegen wir nur knapp unter dem Volumen des vorherigen Ausnahmequartals. Es ist zu erwarten, dass die Investitionstätigkeit auf dem VC-Markt weiter stabil bleibt, auch weil die Investoren noch auf viel Kapital sitzen. Dazu kommt, dass die Kriegsauswirkungen auf die Energieversorgung das Interesse an Clean- und Climate-Tech-Startups sogar verstärken könnten.“

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