Windreich macht arm
Üppige Renditen bei deutschen Unternehmensanleihen gehören der Vergangenheit an – aber nicht bei Windreich. Reich dürfte man bei Windreich jedoch nur an Erfahrung werden.
Der Bankier Carl Fürstenberg soll gesagt haben: „Aktionäre sind dumm und frech. Dumm, weil sie Aktien kaufen, und frech, weil sie dann noch Dividende haben wollen.“ Anleiheinhaber müssen sich im Gegensatz dazu nicht mit dem Vorstand anlegen, um über die Höhe der Ausschüttung zu feilschen. Nein, sie werden mit festen Kupons verwöhnt. Demnach spricht alles für den Kauf von Anleihen, wäre da nicht das Niedrigzinsumfeld, das Bonds von BASF, Siemens & Co. unattraktiv gemacht hat.
Wer heute unbedingt üppige Zinsen kassieren muss, weil sonst Zusagen für Stiftungsprojekte platzen oder Garantien für Versicherungsverträge, kann sich in den Mittelstandssegmenten der deutschen Regionalbörsen nach Lust und Laune bedienen. Kleine Versicherer, Vermögensverwalter und Family Offices übernehmen bereits geschätzte 70 bis 80 Prozent der auf den Markt kommenden Emissionen. Und die Auswahl ist üppig: In den vergangenen drei Jahren gab es eine Flut von Emissionen bekannter Marken wie Valensina, Katjes oder Air Berlin. Nach Einschätzung von Fremdkapitalexperten bei Close Brothers Seydler lief im Spätsommer 2012 alles, was eine bekannte Marke hat, was man essen, trinken oder anfassen kann.
Wind kann man nicht anfassen
Weder essen, trinken noch anfassen kann man die Produkte von Windreich. Während bei Mittelstandsanleihen Kupons mit einer sieben, nicht selten sogar einer acht vor dem Komma geboten werden, lockt der noch als AG firmierende Windkraftanlagenbetreiber mit Renditen von 79 Prozent. Vorausgesetzt natürlich, das Papier des hochverschuldeten Windkraftanlagenbetreibers wird 2015 planmäßig getilgt. Die Chancen dafür haben sich freilich in jüngster Zeit verschlechtert, was die Rating-Agentur Creditreform dazu bewogen hat, die Ratingnote von BBB+ um zwei Stufen auf nur noch BB+ zu senken. In ähnlichen Dimensionen bewegt sich übrigens die gestrauchelte Centrosolar-Anleihe, nämlich bei Renditen von 77 Prozent pro Jahr.
Natürlich darf man als Bondinvestor in diesen Sphären nicht zimperlich sein. Man muss neben der finanziellen Stabilität und auch im Hinblick auf die Volatilität der Kurse Abstriche machen. Gleichwohl muss man gerade die harte Arbeit von Windreich-Firmenchef und Alleinaktionär Willi Balz würdigen. Nachdem vor wenigen Tagen die Anleihezinsen nicht wie geplant ausgeschüttet werden konnten, will der Firmenlenker just privat Gelder lockergemacht haben. Möglicherweise hat er ein paar jener Oldtimer versilbert, die er sich unmittelbar nach der Emission der Anleihen für seinen privaten Fuhrpark angeschafft hatte. Kurz zuvor hat er sich der Veröffentlichung des neuen, ihm nicht genehmen, Creditreform-Ratings verweigert und die Notiz im Mittelstandsegment BondM zurückgezogen.
Aber auch im Hinblick auf die Besetzung von Führungsposten zeigt Balz, was unter Druck möglich ist. So wurde im Januar dieses Jahres die ausgewiesene Energieexpertin Sabine Christiansen auf den Posten des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Mit ihrer Erfahrung ist sie die ideale Neubesetzung, zumal ihr Amtsvorgänger, ein Diplom-Wirtschaftsingenieur, dem Unternehmen „freundschaftlich in beratender Funktion erhalten bleibt“. Eine hohe Fluktuation besteht zudem auf dem Posten des Finanzvorstands. Für diesen war auch Karl-Gerhard Eick vorgesehen. Der langjährige Telekom-Finanzvorstand und Ex-Arcandor-Chef machte jedoch wohl gerade noch rechtzeitig einen Rückzieher. Denn inzwischen ist die Staatsanwaltschaft bei Windreich am Werk, um anonymen Anschuldigen der Bilanzmanipulation nachzugehen.
Dass man mit Windreich übrigens auch ordentlich verdienen kann, zeigt das Beispiel des schottischen Geldgebers Lord Irvine Laidlaw, der Windreich im Gegenzug für einen wohl dringend benötigten 55 Millionen-Euro-Kredit Zinsen von 24 Prozent abschwatzte.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio institutionell ein schönes Wochenende.
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