Pension Management
10. Februar 2025

Wie es mit der reinen Beitragszusage weitergeht

Kommt das zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz nicht, gibt es vorerst auch keine Erleichterungen für die reine Beitragszusage im Sozialpartnermodell. Dennoch tut sich einiges am Markt und auch das Andocken an bestehende Modelle ist schon möglich. Ein Erfahrungsbericht von einer bAV-Fachtagung kürzlich in Berlin.

Das Aus der Ampel-Koalition am 6. November bedeutet auch das parlamentarische Stoppzeichen für die meisten Gesetzgebungsverfahren. Dazu gehört de facto auch das zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG 2.0). „Vor den Neuwahlen passiert nichts Großes mehr bei der Altersvorsorge“, prognostizierte Florian Toncar, Ex-Finanzstaatssekretär im BMF, und nun FDP-Bundestagsabgeordneter, Mitte November auf der Handelsblatt-Jahrestagung zur betrieblichen Altersversorgung (bAV). Beim BRSG 2.0 signalisierte Toncar Gesprächsbereitschaft der FDP-Abgeordneten. „Inhaltlich spräche aus meiner Sicht nichts dagegen, dieses Gesetz noch zu verabschieden“, sagte er bei der Tagung. Aber verfahrenstechnisch werde das bis zur Wahl wahrscheinlich knapp. „Ob der Gesetzentwurf noch verabschiedet wird, weiß ich genau so wenig wie Sie“, ­erklärte auch Rolf Schmachtenberg, weiterhin Staatssekretär im von der SPD geführten BMAS, auf der Tagung. Er fände es gut, wenn das Gesetz im Mai/Juni 2025 ohne grundsätzlich neue ­Diskussion umgesetzt würde. Sonst drohten weitere ein bis zwei Jahre Verzögerung.

Weniger schnell als erhofft bekommt somit die reine Beitragszusage (rBZ) im Sozialpartnermodell (SPM) den erhofften Schub durch Vereinfachungen. Allerdings hatte die Ampel-Koalition selbst das Thema zeitlich immer wieder verschleppt. Doch auch ohne die ­baldige Reform bewegt sich immer wieder etwas bei der rBZ. So docken die privaten und kommunalen Bodenabfertigungsdienstleister im Luftverkehr ab 1. Februar 2025 als erste Branche an ein vorhandenes SPM an – bei der Energiewirtschaft. Damit kommen rund 13.000 bislang meist Unversorgte zu renditestarker bAV über den Metzler Sozialpartner Pensionsfonds.

Die beteiligten Sozialpartner VKA (kommunale Arbeitgeber) und ABL (private Dienstleister) sowie die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi wollten keine eigenen Strukturen für ein SPM entwickeln, sondern möglichst einfach an die bestehenden Strukturen des „Uniper-Modells“ andocken. „Nach dem Metzler-Ansatz werden sämtliche inhaltsgleichen Tarifverträge zur rBZ unterhalb des 2022 genehmigten Pensionsplans Metzler rBZ 1 gebündelt“, bestätigte Christian Pauly auf der Handelsblatt-Tagung. „Die Sozialpartner können mit Hilfe eines sehr einfach gehaltenen Andock-TV zur rBZ, dem ‚TV bAV BVD‘, beitreten, und zwar mit ihrer eigenen ­Beitragslogik“, so der Generalbevollmächtigte des Metzler Sozialpartner PF weiter. Gemeint ist damit, dass Metzler Stichworte vorgibt zum Arbeit­geber-Grundbeitrag, zu Entgeltumwandlung und deren AG-­Zuschuss (15 Prozent), Matching-Beitrag sowie 4,0 Prozent Sicherungs- und 3,0 Prozent Kostenbeitrag.

Die Sozialpartner füllten dies dann mit konkreten Zahlen durch ­Tarifverhandlungen, etwa zu Beitragshöhe und Beitragsstruktur. „So ist flexibles Andocken nach aktueller Rechtslage möglich“, ­betont Pauly. Bislang seien 16 Trägerunternehmen der Energie­wirtschaft mit über 2.400 Versorgungsverhältnissen im Metzler ­Sozialpartner Pensionsfonds, der es 2023 auf 7,7 Prozent Netto­rendite brachte, tariflich organisiert.

Jüngste Erfahrungen kamen auf der Tagung auch zur Zielrente Chemie zur Sprache, wo das Chemie-SPM seit 1. Dezember 2024 nun bundesweit erstmals auch über eine Pensionskasse organisiert wird. „Die Pensionskassen-Lösung ist keine Konkurrenz zum Chemie-Pensionsfonds (PF), zumal es bei der rBZ in der Kapitalanlage keine größeren Restriktionen als mit dem Pensionsfonds gibt“, sagt Stefanie Rhein, für soziale Sicherung beim Chemie-Arbeit­geberverband BAVC zuständig.

Der Verzicht auf Garantien sei für die Gewerkschaft kein Hinderungsgrund gewesen, betont Elvira Wittke, Tarifjuristin der IGBCE. Viele Garantieprodukte mit BZML-Zusage seien beim SPM-Start 2022 wegen des Niedrigzinses gar nicht mehr im Angebot gewesen. Inzwischen würden Mitglieder, überwiegend Schichtarbeiter, die höheren Startrenten als besonders attraktiv empfinden. Die ­Gewerkschaft erwartet hier mindestens 30 Prozent höhere Startrenten als bei Systemen mit 100-Prozent-Garantie. „Es ist jedoch keine wilde Kapitalanlage zu befürchten“, beruhigt Jürgen Rings, Vorstandsvorsitzender der Höchster PK. In der Anwartschafts­phase soll ein Kapitalstock mit gesunder Mischung aus Aktien und Renten aufgebaut werden, in der Rentenphase arbeite das Kapital genauso weiter, weil Rentenzahlungen den Kapitalstock nicht wesentlich reduzierten und Rentnervermögen kollektiv geführt wird“, erklärt Rings. „Viele globale Unternehmenskunden von Fidelity ­haben großes Interesse an der Zielrente Chemie, weil sie damit die Chance sehen, ihre globale bAV-Strategie auch in Deutschland ­umzusetzen“, informiert Christof Quiring, Leiter des Bereichs Workplace Investing bei Fidelity International.

Der Chemie-­Pensionsfonds arbeitet bereits zuverlässig im Chemie-SPM, bestätigt Heiko Sturm, Bereichsleiter Benefit Consulting der R+V-­Lebensversicherung, die auch das Chemieversorgungswerk mit dem Pensionsfonds und das Chemie-SPM mitverantwortet. Dem SPM über den Chemie-PF seien seit 2. November 2022 rund 90 ­Firmen mit aktuell über 3.000 Teilnehmern beigetreten, vorwiegend neue Chemie-Arbeitnehmer und Azubis. Das klingt wenig, aber man müsse berücksichtigen, dass große Chemie-Konzerne ­eigene Versorgungswerke haben. „Die dynamische Aktiensteuerung als zentrale Komponente ist bisher sehr erfolgreich“, urteilt Sturm – siehe Grafik. Die Aktienquote starte jährlich bei 40 Prozent und werde dynamisch gesteuert zwischen zehn und 80 Prozent. Zur Wertsicherung erfolge meist alle 14 Tage eine Umschichtung (Risikobudget aus Erfahrung mit ­Chemie-PF: acht Prozent). Die Zielrendite bleibe 4,0 Prozent. ­Innerhalb des Sozialpartnermodells sei ein Wechsel zwischen ­Pensionsfonds und Pensionskasse wegen fehlender Portabilität nicht empfehlenswert, warnt Sturm. Der Wechsel vom Chemie-PF (ohne SPM) ins SPM sei möglich.

Zum 1. Januar 2025 startet die rBZ für Privatbanken über den BVV-Pensionsfonds. „Die Vorbereitung hat vier Jahre gedauert“, ­erinnert Marco Herrmann, Vorstandsmitglied BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes. Rund 4.000 Mitarbeiter der Postbank sind im Boot und mit etlichen anderen Interessenten aus der Banken­branche sei der BVV nun zum Andocken im Gespräch. Zusätzlich zur Entgeltumwandlung leisten tarifgebundene Arbeitgeber ­anfangs 1,75 Prozent Matching-Beitrag (für Geringverdiener 2,25 Prozent), zwei Jahre nach betrieblicher Einführung 2,0 Prozent und nach vier Jahren 2,25 Prozent. Herrmann erkennt auf Sicht ­generell nicht viele weitere Anbieter von SPMs in Deutschland, „die Koexistenz zwischen klassischer bAV und rBZ bleibt, aber aus Arbeitgebersicht wird die rBZ an Bedeutung zunehmen“. Die Empfehlungen des Bundesrats vom 11. November 2024 hält Herrmann für richtungsweisend, insbesondere zur weitergehenden Öffnung des SPM (Zielrichtung: KMU) samt Prüfung, ob ein Tarifvorbehalt wirklich erforderlich ist.

 

Grafik: Kapitalanlage im Chemie-SPM über den Chemie-Pensionsfonds
Kapitalanlage im Chemie-SPM über den Chemie-Pensionsfonds

Mehr SPM-Beteiligung und Andocken an bestehende Modelle würde die Versorgungslücken bei vielen Arbeitnehmern verringern, ist IGBCE-Tarifjuristin Wittke überzeugt. Die Regelungen zur Zielrente Chemie seien generell so angelegt, dass der Beitritt Dritter auf ­tarifvertraglicher Ebene durch Übernahme der tariflichen Regelungen zu Organisation und Durchführung des Chemie-SPM ermöglicht wird. Beim SPM könnten neben Unversorgten und neuen Mitarbeitern auch Bestandsmitarbeiter gewonnen werden, allerdings nur im Future-Service, ermuntert Fidelity-Experte Quiring. Dabei könnten höhere Startbeiträge der Arbeitgeber als die jetzt häufig 2,0 Prozent investierten Gelder helfen. International seien eher acht Prozent üblich.

Eine Umkehr von rein beitragszusage-­basierten Pensionsplänen (rBZ/DC) zurück zu Leistungszusagen (BoLZ/DB), wie von der ­Allianz auf der Tagung ins Spiel gebracht, sieht Quiring nicht als Trend. Die beitragsbezogene Zusage in der Form der wertpapier­gebundenen Zusage komme außerhalb des SPM am nächsten an die rBZ heran. Selbst beitragsbezogene Zusagen mit versicherungsförmigen Rückdeckungen seien zu wenig flexibel und nicht renditestark genug.

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