Warum Deutschland von einem kreditfinanzierten Staatsfonds profitieren könnte
Gastbeitrag von Dr. Bernhard Bartels, verantwortlicher Analyst für das Länderrating Deutschlands der Ratingagentur Scope.
Steuer- und Schuldenfinanzierung
Ein Teil der Finanzierung könnte durch zusätzliche Schuldverschreibungen erfolgen. Bundesanleihen erfreuen sich großer Investorennachfrage. Derzeit begibt der deutsche Staat 30-jährige Anleihen mit einer Rendite von unter zwei Prozent. Der Fonds könnte sich auf diese Weise günstig finanzieren und den Kapitalstock innerhalb von 20 Jahren auf mehr als eine Billion Euro heben.
Eine Möglichkeit, die die hohe Kreditwürdigkeit Deutschlands trotz höherer Schulden unberührt ließe, wäre die kombinierte Finanzierung zu gleichen Anteilen aus Steuern und neuen Schulden. Hier zeigt sich ein Unterschied zum Ifo-Modell, das in seiner Basisvariante ausschließlich kreditfinanzierte Beiträge in Höhe von 0,5 Prozent des BIP vorsieht. Scope kalkuliert mit einer jährlichen Einzahlung von einem Prozent des BIP pro Jahr, wobei 50 Prozent kreditfinanziert werden und 50 Prozent aus Steuermitteln in den Fonds fließen. Die eingezahlte Summe entspräche 34 Milliarden Euro. Zur Verdeutlichung und Einordnung sei hier noch einmal erwähnt, dass der gesamte Bundeszuschuss zur Rentenversicherung im Jahr 2018 bei ungefähr 93 Milliarden Euro lag.
Kritiker könnten einwenden, dass die Einführung der Schuldenbremse ab 2020, die einen ausgeglichenen Haushalt ohne Nettokreditaufnahme vorschreibt, mit dem Modell nicht vereinbar sei. Die Deckung der Kreditaufnahme durch Steuern in gleicher Höhe könnte jedoch als Ausnahmetatbestand – und vor allem als Investition in die Zukunft – festgeschrieben werden.
Ein weiterer Nachteil des kreditfinanzierten Vermögensaufbaus betrifft die Verdrängung anderer Ausgaben des Staates, insbesondere dringend benötigte Inlandsinvestitionen. Während der Fonds global tätig und renditeorientiert arbeitet, sind Entscheidungen über staatliche Investitionen politisch motiviert und (meist) ohne -Gewinnerzielungsabsicht. Selbst wenn es jedoch zu Verdrängungseffekten kommt, sollten diese in Anbetracht der Höhe des Steuerzuschusses von 0,5 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung relativ gering sein.
Für den Staatsfonds rechnet Scope konservativ mit einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von vier Prozent, die dem langfristigen Mittel global diversifizierter Fonds entspricht und damit deutlich oberhalb der Refinanzierungskosten liegt. Zusätzlich könnten Bürger durch private Beiträge die Rentenauszahlung erhöhen. Der Fonds würde Kleinanlegern mit gering ausgeprägtem Interesse an Finanzprodukten eine Alternative neben den privaten Fondslösungen bieten. Darüber hinaus könnten die Bürger frei zwischen Pauschalbeträgen, Einmalrenten und monatliche Zahlungen wählen.
Keine Auszahlungen vor 2039
Der staatliche Pensionsfonds dürfte nicht zur Finanzierung heutiger Leistungen herangezogen werden, sondern ausschließlich zur Bedienung künftiger Ansprüche der jüngeren Generationen. Dafür bedarf es einiger gesetzlicher Beschränkungen: Auszahlungen dürften erst nach einer mindestens 20-jährigen Ansparzeit erfolgen, die Begünstigten müssen mindestens 67 Jahre alt sein, die Auszahlungen dürften den Kapitalstock nicht verringern und es müsste klare und transparente Auszahlungskriterien geben.
Diese einfache Struktur des Fonds gewährleistet die Gleichberechtigung der künftigen Rentner, die zwischen 2019 und 2039 durchgehend beschäftigt waren. Die gemischte Finanzierungsstruktur mit Steuern und der Ausgabe öffentlicher Schuldtitel stellt sicher, dass alle Bürger gleichermaßen Anspruch auf die Renditen des Fonds besitzen. Bürger, die sich jedoch nach der Mindesthaltedauer von 20 Jahren zurückziehen, werden niedrigere Rentenzahlungen aus dem Staatsfonds erhalten.
Da keine Mittel vor 2039 entnommen werden können, haben Rentner, die im Jahr 2039 67 Jahre alt werden, Anspruch auf die individuelle Zuteilung zwischen 30.000 und 40.000 Euro. Zwischen 2039 und 2050 werden jährlich zwischen 840.000 und 960.000 neue Begünstigte erwartet. Das Kapital des Fonds wächst während des Allokationszeitraums weiter, auch wenn die reale Nettoverzinsung niedriger ist, etwa weil die Performance der Anlagen geringer oder die Refinanzierungskosten höher sind. Negativszenarien, die von einer sehr engen Zinsmarge zwischen Investitionen und Verbindlichkeiten ausgehen, betreffen im Wesentlichen Allokationen.
Der Fonds würde ähnlich der Schuldenverwaltung privat gemanagt, aber unter parlamentarische Kontrolle gestellt. Diese Konstellation verhindert, dass die Investitionen des Fonds von politischen Interessen geleitet werden, garantiert aber gleichzeitig die Einhaltung staatlicher Rahmenbedingungen. Als institutionelles Vorbild kann der staatliche Pensionsfonds Norwegens dienen. Auch die Anlagerichtlinien könnten sich an denen der Norweger orientieren, die Investitionen in nicht als nachhaltig definierte Sektoren ausschließen. Damit diente ein Staatsfonds der Generationengerechtigkeit in doppelter Hinsicht: Über die Bereitstellung von Ersparnis und einen Beitrag zu nachhaltigem Wirtschaften im Interesse der Jungen.
Autoren: Dr. Bernhard BartelsSchlagworte: Staatsanleihen | Staatsfonds
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