Traditionelle Anlagen
12. März 2012

Wandler profitieren von Solvency II

Die Asymmetrie wirkt positiv und macht nur wenig Eigenkapital erforderlich. Allerdings ist das Universum klein.

Bereits seit über 120 Jahren gibt es Wandelanleihen. Trotz dieser langen Geschichte steht dieser Finanzzwitter bislang im Schatten von Aktien und Anleihen. Doch dies könnte schon bald der Vergangenheit angehören. Der Grund: Solvency II. Davon ist zumindest Beat Thoma, Leiter Asset Management bei Fisch Asset Management, einem auf Wandelanleihen spezialisierten Schweizer Manager, überzeugt. „Solvency II stützt Wandelanleihen. Wir erwarten uns deutliche Zuflüsse von Versicherungen.“ 
Im Bewertungsmodell von Solvency II werden Wandelanleihen als Corporate Bonds mit Aktienoption behandelt. Um den SCR zu berechnen, müssen die Auswirkungen von fünf der sieben Risikofaktoren, die von der Eiopa festgesetzt wurden, berücksichtigt werden. Neben dem Aktien- und Zinsrisiko sind dies das Spread-, Währungs- und Konzentrationsrisiko. „Die Risiken korrelieren untereinander, deshalb wird bei der Berechnung der Gesamt-SCR noch eine Korrelationsmatrix zwischengeschaltet“, erklärt Christian Humlach von Convertinvest, eine auf Wandelanleihen spezialisierte Boutique. Die angenommene Korrelation zwischen Zinsen und Aktien beträgt beispielsweise null, zwischen Zinsen und Währung 0,25 und zwischen Spread und Aktien 0,75. Durch die Berücksichtigung dieser Korrelationen fällt die Gesamt-SCR letztlich niedriger als die Summe der SCRs der Einzelrisiken aus. Der berechnete Wert ist allerdings nicht konstant. Vielmehr spiegelt sich in den Kapitalanforderungen für Wandelanleihen die konvexe Struktur der Asset-Klasse wider. „Bei Convertibles habe ich keine lineare Eigenkapitalunterlegung. Bei schwachen Märkten erfolgt eine Glättung, so dass ich weniger Eigenkapital brauche“, erklärt Humlach. „Die Asymmetrie wirkt positiv“, fügt er hinzu. Diese Überzeugung teilt man auch bei Fisch. Insbesondere im Vergleich mit Aktien kommen Convertibles bei der Kapitalunterlegung deutlich besser weg. „Für ein hybrides Wandelanleihenportfolio sind nach Solvency II niedrige Kapitalanforderungen zwischen zwölf und 18 Prozent nötig. Das ist um einiges tiefer als für Aktien“, berichtet Andy Gehrig, Leiter Risk Management bei Fisch Asset Management. 
Doch wie schneiden Wandelanleihen im direkten Vergleich mit Aktien und klassischen Anleihen ab? Um dies zu veranschaulichen, haben Thomas Heckel und Sheila Ter Laag von BNP Paribas am Beispiel des französischen Autobauers Peugeot den SCR für eine in Euro denominierte Wandelanleihe berechnet, die bis Januar 2016 läuft, über ein Rating von BB+ verfügt und einen Kupon von 4,45 Prozent hat. Im Januar hätte der Gesamt-SCR dieses Convertibles 19 Prozent betragen. Für eine klassische Peugeot-Anleihe mit ähnlichem Rating, vergleichbarer Laufzeit und einem Kupon von 6,875 Prozent ergibt sich ein SCR von 16 Prozent. „Besonders interessant hierbei ist, dass die Wandelanleihe nur drei Prozentpunkte mehr Kapital erfordert, ihre Aktiensensitivität aber 25 Prozent beträgt“, schreiben Heckel und Ter Laag in einem Beitrag für portfolio Plattform. Die Peugeot-Aktie selbst würde eine Kapitalunterlegung von 39 Prozent erfordern, und damit 20 Prozentpunkte mehr als der Convertible. Für Heckel und Ter Laag steht fest: „Wandelanleihen sind deshalb eine attraktive Anlageform für Versicherungen, die an begrenzten Aktienrisiken interessiert sind.“ Zu einem ähnlichen Schluss kommt Fisch Asset Management. „Die relativ geringen Kapitalanforderungen sind ein starkes Argument für Wandelanleihen, vor allem für Versicherungen, die nur ein knappes SCR haben“, glaubt Gehrig. (Lesen Sie mehr dazu in der März-Ausgabe von portfolio institutionell)
Kleines Universum und kurze Duration 
In den Portfolios deutscher Versicherungen sind Wandelanleihen bislang jedoch kaum zu finden. Beat Thoma von Fisch Asset Management schätzt, dass die Quote unter einem Prozent liegt. Die Zurückhaltung der Investoren führt er auf die Unwissenheit über die Asset-Klasse und die Komplexität des Produkts zurück. Eine Rolle könnte darüber hinaus aber auch das vergleichsweise kleine Universum spielen. Weltweit umfasst dieses rund 500 Milliarden US-Dollar, davon entfällt etwa ein Viertel auf Europa. Nach Ansicht von Thoma ist die Liquidität des Marktes aber kein Problem: „Pro Tag kann man mehrere Millionen Euro traden.“ Allerdings räumt er ein: „Deutsche Investoren suchen vor allem Investment-Grade-Anleihen. Das schränkt das Universum natürlich noch einmal ein.“ Über ein Investment-Grade-Rating verfügen etwa 40 Prozent der insgesamt rund 2.300 Wandelanleihen. Das macht ein Volumen von lediglich 200 Milliarden US-Dollar. 
Neben der eingeschränkten Liquidität könnte Versicherungen auch die Duration der Wandelanleihen abschrecken. „Die Laufzeit beträgt im Durchschnitt drei Jahre. Die Duration ist relativ kurz“, erklärt Thoma. Für Versicherungen, die mit ihren Kapitalanlagen langfristige Verpflichtungen abdecken müssen, könnten diese kurzen Laufzeiten ein Investitionshemmnis darstellen. Denn Versicherungen stehen meist vor dem Problem, eine Durationslücke zwischen ihren Verpflichtungen und der Kapitalanlage schließen zu müssen. Diesem Problem ist sich auch Humlach bewusst: „Für Versicherungen ist es im Moment wichtiger, dieses Risiko zu schließen. Mit Wandelanleihen hätten sie dieses Gap jedoch noch vergrößert. Umgekehrt kann der Aktienanlage aber über den Convertible eine positive Duration gegeben werden.“ 
portfolio institutionell newsflash 12.03.2012/kbe
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