Schwarzer Schwan
7. April 2017

Von Verschwendung, Geiz und Sparsamkeit

Bei der Allianz sind Kampfjets im Einsatz, bei Carmignac die Rolling Stones. Die wahren Reichen glänzen dagegen mit wahrer Sparsamkeit.

Krachend explodierende Bomben, laut knatternde Rotorblätter, brüllende Militärs: Alles das gibt es in Krisengebieten. In der vergangenen Woche gab es das aber auch auf einer Führungskräftetagung der Allianz. Den Hintergrund dafür bildete eine Hallo-wach-Übung des Vorstandschefs Oliver Bäte (Foto), der eigens für diesen Zweck ehemalige US-Militärs eingeladen hatte. Der Sinn der Übung bestand darin, Allianz-Mitarbeitern einmal die Besonderheiten von schnellen Entscheidungsabläufen vorzuführen.
Ihr strategisches Geschick konnten die Allianz-Manager dann auch kurzerhand in einer Übung unter Beweis stellen, bei der sie einen Kampfjetpiloten retten sollten, der ausgerechnet im Hoheitsgebiet der Erzrivalen Generali und Zurich abgestürzt war. Gruppendynamik und Gemeinschaftsgefühl wurden dadurch geschult, dass die rund 200 aus der Reserve gelockten Top-Manager unter die Tische kriechen mussten, als auf Leinwänden Bombenabwürfe und Militärhubschrauber vorgeführt wurden. Wie zu hören ist, rief die Tagung nicht bei allen Teilnehmern Stürme der Begeisterung hervor. 
Insgesamt dürfte es sich um einen teuren Spaß gehandelt haben, den sich Oliver Bäte mit seinen Führungskräften da erlaubte. Der sonst übliche Hochseilklettergarten, bei dem man zur Belustigung der Belegschaft den Azubi als Freiwilligen vorschickt, hätte es auch getan. Doch auch andere Finanzinstitutionen lassen es gerne einmal krachen. Gut in Erinnerung ist der Redaktion von portfolio ein Besuch bei einem Deep-Purple-Konzert in Köln, zu dem eine 1789 gegründete Privatbank handverlesene Journalisten eingeladen hatte. Mit Sekt und Häppchen hatte man aus einer Loge heraus die beste Sicht auf die Bühne. Limousinenservice vor und nach der Show? Versteht sich von selbst. 
In Frankfurt am Main und andernorts wiederum ließen es die Herrschaften der S&K krachen. Sie waren es – die mit dem Versprechen von zweistelligen Renditen mit grundsoliden Immobilien den für deutsche Anleger perfekten Köder auswarfen. Die Blender ließen es auf einer ihrer Partys nicht nur leichtbekleidete Models, sondern auch einen echten Elefanten vortanzen. Edouard Carmignac, Gründer von Carmignac Gestion, ist zwar kein Blender. Aber auch er ließ sich nicht lumpen und lud einmal die Rolling Stones zu einem Privatkonzert. 
Wahrer Reichtum kommt von innen
Überhaupt nicht neureich, sondern wohltuend sparsam geben sich dagegen die wahrhaft Reichen. Von nix kommt eben nix. Wenn Sie bei ihrem nächsten McDonald´s-Besuch in Omaha, Nebraska einen älteren Herrn sehen, der mit bereits abgezähltem Kleingeld ein Frühstück bezahlt, dann könnte es sich laut dem Business Insider Deutschland um Investmentlegende Warren Buffett handeln. Und wenn das Orakel von Omaha das Frühstück mit Coca-Cola hinuntergespült hat, dann hat es ihm auch immer sehr gut geschmeckt, da ihn die Ausgaben nicht reuen. Schließlich ist er Großaktionär beider Unternehmen. 
Bekanntlich ebenfalls schwerreich, aber nicht als Mode-Ikone, sondern für seinen Schlabber-Look ist Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bekannt. Wenn Ikea-Gründer Ingvar Kamprad wiederum nicht in seinem alten Volvo oder im Linienbus unterwegs ist, dann in der Economy Class. Die Business Class ist ja auch nicht schneller. Dort hat er auch die Muse, seine Milliarden nachzuzählen oder sich über die Salz- und Zuckerpäckchen zu freuen, die er angeblich in Restaurants mopst.
Jetzt aber mal halblang! Da geht die Sparsamkeit dann doch etwas zu weit. Ohnehin lässt sich richtige Sparsamkeit sowieso nur von einem schwäbischen Unternehmer lernen. Beispiel: Reinhold Würth. Für viele irritierend besitzt der Schraubenkönig nämlich nicht nur eine große Motoryacht, sondern er benutzt diese sogar. Das zu vermutende Kalkül dahinter: Noch mehr als Geld will der umtriebige Unternehmer Zeit sparen und hat deshalb keine Segeljolle. Dafür sprechen seine Wutanfälle, wenn seine Vertriebler ihre Arbeitszeit damit verplempern, den Dienstwagen aufzutanken. „Nu rechnen Se doch amol“, so Würth zum Handelsblatt, „mir hen 24 000 Verkäufer. Wenn do nur jeder zehn Minute am Tag tankt, dann beschäftige mer jede Tag 500 Verkäufer nur fürs Tanke.“ Und für Firlefanz wie Militärübungen, Elefantenshows und teure Privatkonzerte hat Reinhold Würth erst recht keine Zeit – und sicher auch kein Geld.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende. 
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