Jahreskonferenz
8. Juli 2019

Von Risiken und großer Verantwortung

Neben aktuellen Marktentwicklungen befassen sich institutionelle Investoren – regulatorisch getrieben – gerade in den liquiden Asset-Klassen mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. Auf drei Podien der Jahreskonferenz von portfolio institutionell wurden diese Fragen intensiv diskutiert.

Aktiv in die Segmentgewichtung interveniert habe man jedoch nicht, da man die Erwartung gehabt habe, dass die Spreads sich nicht noch stärker ausweiten. Stattdessen habe man auf Ebene der Einzeltitel das Engagement bei einzelnen bereits im Portfolio befindlichen Wert­papieren in diesem günstigen Moment vergrößert. „Wir haben das als Chance und nicht als Bedrohung gesehen.“ Er schränkt allerdings ein, dass dies nur möglich gewesen sei, weil der Anteil der Papiere, die von der Marktentwicklung betroffen war, relativ klein ist. Im High-Yield-Bereich sei man beispielsweise kaum aktiv.

Owen Murfin, Institutional Portfolio Manager bei MFS Investment Management, kann jedoch diesbezüglich eine Marktveränderung in 2019 feststellen: „Märkte haben 2019 das erste Mal zwischen verschuldeten und nicht-verschuldeten Unternehmen unterschieden. Beispielsweise Anhaeuser Busch und General Electric, das waren Unternehmen, bei denen der Markt umgekehrt ist, bei denen Investoren nicht mehr bereit waren, diese Leverage auf deren Bilanzen zu akzeptieren.“ Insbesondere bei BBB-gerateten Unternehmen schauen Investoren inzwischen genauer hin.

Mit höherer Volatilität im Credit-Bereich kann Dr. Steffen Gehring, Geschäftsführer von Südwestmetall, dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg, umgehen, auch wenn mal ein Jahr schlechter aussehe. Dies sei im aktuellen Umfeld auch nötig, denn dies sei quasi schon eine Equity-Geschichte. Aufgrund der ­Verpflichtungsstruktur ist das Vermögen des Verbands sehr liquide angelegt, 70 Prozent hält Südwestmetall im Fixed-Income-Bereich. Zwar werden die Verpflichtungen nicht eins-zu-eins gematched, ­lange Durationen habe man jedoch nicht. „Wir ­haben im Durchschnitt eine Zwei vor dem Komma.“ Im aktuellen Umfeld schätzt Steffen Gehring insbesondere den US-Markt für interessant ein. Die Begründung: „Die ­amerikanische Zinsstrukturkurve sieht zumindest nach einer ­Zinsstrukturkurve aus.“

Kredit- oder Durationsrisiken

Insgesamt steht das Panel unter dem Zeichen, zwischen Kreditrisiken und Durationsrisiken abzuwägen. Eine Frage, zu der Investoren auch aufgrund ihrer Verpflichtungsstruktur völlig unterschiedlich ­aufgestellt sind. Während die Alte Leipziger eine 14er-Duration im Durchschnitt fährt, liegt die Duration bei Südwestmetall und der ­Haftpflichtkasse zwischen zwei und drei Jahren. Sorgen vor einem plötzlichen Zinsanstieg ist in verschiedenen Statements trotz der jüngsten ­Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi und trotz des Beispiels Japan ­herauszuhören.

Auf Asset-Management-Seite stellt man sich dagegen überwiegend auf anhaltend niedrige Zinsen ein, gerade nach den Ankündigungen der EZB, so zum Beispiel Robert Tipp, Managing Director bei PGIM Fixed Income: „Die Forward Rates preisen einen Zinsraten­anstieg um 160 bis 180 Basispunkte ein. Das ist höchst unwahrscheinlich. Ist es möglich? Ja. Ist es ein sinnvolles Basisszenario? Nein.” Er stellt sich auf stabile oder sogar fallende Zinsraten ein. Dazu rückt er den ­Kontext der vergangenen zwölf Monate in den Kontext der ver­gangenen 35 Jahre und verweist auf langfristige Faktoren wie eine ­alternde Demo­graphie und einen stark gewachsenen Schuldenberg. „Die ­Leute glauben nicht mehr an monetäre Normalisierung”, meint auch ­Murfin und weist daraufhin, dass die Zentralbanken noch ­einiges an ­Munition haben. Als Anlagestrategie rät er, auf Carry zu setzen. „Dies kann ­verschiedene Formen annehmen: lange Periphery Bonds, lange griechische Anleihen, lange Investment-Grade-­Anleihen. Diversifizierte ­Carry Trades scheinen für das aktuelle Umfeld angemessen zu sein.”

Lobende Worte für das Handeln der Zentralbanken im aktuellen ­Umfeld, speziell der Fed, findet Philipp Good, CEO von Fisch Asset Management. Die Fed habe Kapital aus den Märkten gezogen, dass höhere Volatilität in diesem Umfeld folge, sei typisch. Mit der ­Änderung der Rhetorik habe sie eine Rezession vielleicht noch einmal verhindert. Good weist in seinen Ausführungen darauf hin, dass ­diese Investments in Credits ­unterstützen, da man sehr geringe Ausfall­raten habe. „Sollten die Zentralbanken weiterhin akkommodierend für die Kapitalmärkte bleiben, empfiehlt es sich weiter, in Credit ­investiert zu bleiben.“ ­

Diversifikation verloren, Flexibilität gesucht

Womit der Bogen zurück zum Verschuldungsproblem geschlagen ist, welches angesichts der ausgesetzten Anhebung der Zinsen womöglich verschoben, ganz sicher jedoch nicht gelöst ist. Durch eine ­Rezession könnten die Ausfallraten deutlich in die Höhe gehen und zusätzlich Aktienmärkte turbulent werden, darauf weist ­Hirschmüller hin. „Früher gab es immer die Möglichkeit, Verluste am Aktienmarkt mit den Bonds auszugleichen. Durch die Zinssituation gibt es diesen Ausgleich eben nicht mehr. Da möchte ich flexibel bleiben.“ Nicht in die ganz langen Durationen zu gehen, was er sich als Sachversicherer ­erlauben kann, bietet hier große Vorteile.

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