Schwarzer Schwan
20. März 2015
Von Nix kommt nix
Hemdsärmelige Unternehmer bilden eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft. Ein in jeder Hinsicht strahlender Zeitgenosse ist Modemacher Robert Geiss, der seit neuestem auch die Fondsbranche aufmischt.
Der Mittelstand in der Bundesrepublik Deutschland umfasst laut Wikipedia rund 99,7 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen. Dort sind rund zwei Drittel aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten angestellt. Doch was zeichnet eigentlich einen Spitzenunternehmer aus? Sind es Tugenden wie Bescheidenheit, Bodenständigkeit, Sparsamkeit, soziales Engagement und, ganz wichtig, langfristiges Denken und Handeln? Ja, solange man es nicht mit dem Multitalent Robert Geiss zu tun hat. Wenn Sie jetzt die Stirn runzeln und feststellen „Nie gehört von dem“, dann fragen Sie mal ihren Nachwuchs mit dem Stichwort „Robääärt!“. Auf dem für seine wenig tiefschürfenden Dokumentationen bekannten Fernsehsender RTL2 lässt sich der braungebrannte Unternehmer mit dem Blend-a-med-Lächeln von einem Fernsehteam auf Schritt und Tritt verfolgen. Sehr zum Leidwesen von Menschen mit Sinn für das Wahre, Schöne und Gute.
Bei Geiss ist Geiz nicht geil
Robert, Ehefrau Carmen und die Töchter Davina Shakira und Shania Tyra haben alles, wovon andere nur träumen: ein Penthouse in Monaco, eine Traumvilla in St. Tropez, ein repräsentatives Haus in Kitzbühel. Die Vier sind an jedem Hotspot Europas zuhause und zeigen, was sie haben und andere nicht. Ihr Leben: exklusiv! Ihre Hobbys: teuer! Eine Luxusyacht sowie ein riesiger Fuhrpark inklusive Bentley, Hummer und Rolls Royce gehören zu den Lieblingsspielzeugen der Jetsetter. Die 2011 gestartete Doku „Die Geissens – eine schrecklich glamouröse Familie!“ beleuchtet den Alltag der Sippe und begleitet Robert Geiss auf Reisen. Bei seinen Sprüchen: „Schönes Wetter, kaum Wind, die Haare liegen gut“ oder „Küchen sind Frauensache“ versteht auch der Dümmste, was im Leben zählt. Als abgestumpfter Zuschauer des ebenso bunten wie lauten Treibens gewinnt man schnell den Eindruck: Der Robert, der hat‘s echt drauf!
Auf Erfolgskurs mit Robääärt
Geiss gönnt sich ein Leben als Weltenbummler. Vor 30 Jahren gründete der Kölner Geschäftsmann das Fitnesslabel „Uncle Sam“, das er zehn Jahre später gewinnbringend verkaufte. Auch als Buchautor hat er es zu hohem Ansehen gebracht: „Von Nix kommt nix – auf Erfolgskurs mit den Geissens“ (erschienen 2012) landete in den einschlägigen Bestsellerlisten. Der Begleittext zum Buch enthält folgende Passage: „Wünschen wir uns nicht alle manchmal, genauso erfolgreich zu sein? Neben zahlreichen Tipps, wie man zu Geld kommt und es erfolgreich vermehrt, erfahren wir, wie sie sich kennen und lieben lernten, wie wichtig Zusammenhalt für sie ist und wie sie es schaffen, trotz des ganzen Glamours, nicht abzuheben.“ Der ach so bodenständige Robert Geiss ist übrigens nach wie vor Geschäftsmann und im Immobilienhandel tätig. Die Liebe zur Modeindustrie ließ ihn aber nicht los, so dass er im Jahr 2012 das Label „Roberto Geissini“ gründete.
In jüngster Zeit hat Geiss ein neues Spielfeld für sein, sagen wir mal, unkonventionelles Wirken gefunden: Der Fonds „Patriarch Classic Dividende 4 Plus“ kann zwar nur einen Track Record von etwas mehr als einem Jahr vorweisen, dafür jedoch Geiss als Werbefigur und Ausschüttungen von gleich viermal im Jahr. Besonders ängstliche Naturen sei ein Blick auf die Homepage „Reich mit Geiss“ empfohlen: Dort steht nämlich: SO LEGEN AUCH SIE ERFOLGREICH AN.
Initiator der Werbekampagne „Reich mit Geiss“ ist die Börsenmedien AG. Zu diesem Imperium zählt auch das Deutsche Anlegerfernsehen, das Anfang März einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Einem Geiss wäre das nicht passiert. Eigner der Börsenmedien AG ist ein gewisser Bernd Förtsch. Förtsch war einer der bekanntesten Protagonisten des untergegangenen Börsensegments Neuer Markt und warb in diversen Kanälen für marktenge Aktien, die sich bereits in von ihm beratenen Fonds befanden. Es darf gerätselt werden, ob nun Robert Geiss oder Bernd Förtsch institutionelle Investoren mehr abschreckt.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende.
Autoren:
portfolio institutionell
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