Von Betongold keine Spur
Die schlechten Nachrichten aus dem Immobilienmarkt reißen nicht ab. PWC sieht antizyklische Einstiegschancen.
Die Immobilienkrise in Deutschland und darüber hinaus schlägt weiter hohe Wellen. Und ein Ende ist zunächst nicht in Sicht. Denn laut der neuen Studie „Emerging Trends in Real Estate Europe“ von PWC in Zusammenarbeit mit dem Urban Land Institute ist der europäische Immobiliensektor mit komplexen Herausforderungen konfrontiert. Es heißt, die Krise der Immobilienwirtschaft werde durch verschärfte Finanzierungsbedingungen, negative wirtschaftliche Prognose und zunehmenden ESG-Druck verstärkt.
Laut der Studie gehört die Stimmung der deutschen Investoren und Entwickler zu den schlechtesten in Europa. Gründe seien die hohen Zinsen, der Krieg in der Ukraine, die gestiegenen Baukosten und die Sorge um die Energieknappheit. Die Faktoren beeinträchtigten die Immobilienbranche erheblich.
Verfügbarkeit von Eigenkapital geht zurück
Es werde zudem erwartet, dass notleidende Vermögenswerte auf den Markt kommen werden, und die Verfügbarkeit von Eigenkapital insgesamt erheblich zurückgehen werde. Das wieder werde die Bauträger besonders hart treffen.
Ferner rechnen die für die Studie befragten Immobilienprofis damit, dass mehr Cashflow in den Schuldenabbau fließen wird. Zur Begründung heißt es, der Druck durch die Refinanzierung und die Notwendigkeit, den Verschuldungsgrad zu verringern, nehme zu.
Infolgedessen werden die Dividendenzahlungen an die Anleger wahrscheinlich geringer ausfallen, vermuten die Studienautoren und prognostizieren, dass es in der Folge zu Unzufriedenheit unter den Anlegern im In- und Ausland kommen werde.
Immobilien mit geringer Energieeffizienz sind ein Risiko für den Cashflow
Darüber hinaus wirke sich in Deutschland die Kombination von nicht einfachen Marktbedingungen auf den Zugang zu Kapital aus. Die Beleihungsquote sinke derzeit von 60 auf 50 Prozent. Die Folge sei, „dass Immobilien mit geringer Energieeffizienz ein höheres Risiko für den Cashflow darstellen und daher ohne ausreichendes Eigenkapital keine Finanzierung erhalten“. Insgesamt sehe sich die deutsche Immobilienbranche mit einem schleppenden Wachstum und schmerzhaften Investitionsanforderungen konfrontiert, um die ESG-Konformität neuer und bestehender Immobilien zu gewährleisten.
Während die Branche in Europa mit einem durch Inflationsdruck und hohe Zinsen belasteten Markt zu kämpfen habe, seien vier Fünftel der Befragten der Meinung, dass sich ESG-Aspekte in den nächsten zwölf bis 18 Monaten „wesentlich auf die Bewertungen von Vermögenswerten auswirken werden“. Längerfristig werde erwartet, dass ESG-Aspekte bis 2050 den größten Einfluss auf Immobilien haben werden.
Käufer und Verkäufer noch nicht einig
Seit Monaten berichten Marktbeobachter von einem geradezu ausgetrockneten Immobilienhandel. Daran scheint sich so schnell auch nichts zu verändern. Denn laut der Studie sind 75 Prozent der Führungskräfte der Immobilienbranche der Meinung, dass die aktuellen Bewertungen „nicht alle Herausforderungen und Chancen im Immobilienbereich widerspiegeln“, da weiterhin ein deutlicher Abstand zwischen Marktpreiserwartungen von Käufer und Verkäufer bestehe. Viele der mehr als 1.000 für die Studie befragten Branchenexperten befürchten, „in ein offenes Messer zu laufen“, da der Markt in Europa nach wie vor von großer Unsicherheit geprägt sei.
Die diesjährige Studie zeigt nach Einschätzung ihrer Autoren die komplexen Herausforderungen auf, mit denen der europäische Immobiliensektor konfrontiert sei. Es werde gemeinhin erwartet, dass die Branche nun auch noch mit schwächeren Vermietungsmärkten konfrontiert werde.
Die Meinungen darüber, was nötig ist, um die Marktaktivität wieder anzukurbeln, gehen auseinander: Eine Stabilisierung der Finanzierungsbedingungen, eine leichte Erholung der Konjunktur und ein Rückgang der Zinssätze, um das Gleichgewicht bei den Renditen wiederherzustellen, gehörten zu diesen Szenarien.
PWC sieht sehr gute Einstiegschancen
Die Ergebnisse der Studie zeigen nach Einschätzung von Thomas Veith zwar, dass die Branche noch abwartet. Aber die Erfahrung aus vergangenen Marktzyklen lehre, dass diese Phasen sehr gute Einstiegschancen für antizyklische Investoren böten, so der Head of Real Estate PwC Deutschland. „Dabei werden die Investoren am meisten profitieren, die gleichzeitig die ESG- und Digital-Transformation mitdenken und am Ende die marktgängigsten Immobilien schaffen“, meint Veith. „Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass es dafür einen einheitlichen Zeitplan für die verschiedenen europäischen Märkte gibt.“
Dr. Harald Heim geht in seinem Statement speziell auf die Finanzierungssituation ein. Er sagt: „Wir gehen davon aus, dass die Verfügbarkeit von Fremd- und Eigenkapital in den kommenden Jahren deutlich eingeschränkt sein wird und zeitgleich erhebliches Kapital für Refinanzierungen und die Transformation von Immobilien benötigt wird.“ Wie der German Head of Real Estate Deals & Construction bei PWC hervorhebt, werde der Effekt der Kapitalknappheit insbesondere im Bereich der institutionellen Immobilienallokation verstärkt, da konkurrierende Asset-Klassen – wie beispielsweise Rentenpapiere – „deutlich an Attraktivität gewonnen haben“.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Immobilien | Immobilienkrise
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