Pensionsfonds
14. September 2016

„Völlig misslungen“ – Verband der Firmenpensionskassen wettert gegen Auswirkungsstudie

Die zwischen Oktober und Dezember 2012 durchgeführte erste QI-Studie für Pensionskassen und Pensionsfonds auf europäischem Boden hat bei den deutschen Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge Spuren hinterlassen. Nach und nach kommen Kritikpunkte ans Licht.

Nachdem sich zu Jahresbeginn bereits die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung über die Umstände der von der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen (Eiopa) durchgeführten quantitativen Auswirkungsstudie (Quantitative Impact Study, QIS) beklagt hatte, macht nun auch der Verband der Firmenpensionskassen (VFPK) seinem Ärger Luft: „Die QIS-Studie für Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge ist handwerklich völlig misslungen und liefert daher keine Erkenntnisse.“ Und: „Solvency II darf nicht kommen“, heißt es in dem Statement des VFPK, der 15 regulierte Pensionskassen mit einer Bilanzsumme von zusammen rund 42 Milliarden Euro vertritt.
Wie der VFPK feststellt, weist die aktuelle QI-Studie für Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge (EbAV) schwerwiegende handwerkliche Mängel auf. Daher würden ihre Ergebnisse keinen Aufschluss über zusätzliche Belastungen der EbAV durch Solvency II geben. Darüber hinaus betont der Verband, dass Solvency II dem Geschäftsmodell der EbAV nicht gerecht werde und daher nicht kommen dürfe.
Keine Aussagekraft
Laut VFPK wollte die europäische Aufsichtsbehörde Eiopa mit der Studie herausfinden, ob das von der EU-Kommission als Ergänzung zu Solvency II vorgeschlagene Holistic Balance Sheet ein geeignetes Instrument ist, um den Eigenmittelbedarf von Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge zu ermitteln. Das VFPK-Fazit: Die gewonnenen Daten haben keine Aussagekraft, der Fehler liegt im Ansatz der Studie selbst.
VFPK-Vorstand Dr. Helmut Aden erläutert die Konstruktionsfehler von QIS: „Zentraler Fehler ist, dass Solvency II als Ausgangspunkt der QIS-Studie genommen wurde. Die Methodik von Solvency II wird doch inzwischen von den meisten Experten auch außerhalb der betrieblichen Altersversorgung massiv infrage gestellt. Viele Begrifflichkeiten der QIS-Studie waren nur ungenau definiert. Die Pensionskassen waren gezwungen, selbst zu interpretieren, wie die technischen Spezifikationen zu verstehen sind. Das lässt weder eine Zusammenführung noch einen Vergleich der Ergebnisse der verschiedenen Kassen zu. Erkenntnisse für die Branche können sich hieraus nicht ergeben,“ fasst Dr. Aden zusammen. Er stellt zudem fest: „Es kann nicht sein, dass die EU-Kommission mitten im Spiel die Regeln ändert und neue Eigenkapitalanforderungen und Aufsichtsregeln für Verträge von Versicherten und Rentnern aufstellt, die schon seit Jahren und Jahrzehnten in unseren Beständen sind.“
Schlüsse ziehen
Der Verband kritisiert zudem die Komplexität der Studie. „Selbst für unsere großen Pensionskassen war die Teilnahme an QIS ein enormer Kraftakt, der nur mit externer Hilfe zu bewältigen war“, weiß der VFPK-Vorsitzende und Vorstand der Nestlé-Pensionskasse Peter Hadasch. Folgerichtig spreche Pension Europe, der europäische Dachverband der EbAV, von einer Beteiligung von weniger als einem Prozent der Pensionskassen in Europa.
Generell lehnt der Verband eine europaweite Regelung für alle Firmenpensionskassen ab. Ihre organisatorischen und rechtlichen Grundlagen unterscheiden sich in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sehr, weshalb die meisten Kassen nur in einem Land aktiv sind. Dazu Hadasch: „Eine europaweite Lösung ist doch nur dann sinnvoll, wenn wir ein europaweites Problem haben. Daher darf ein europaweites Regelwerk nur für die Kassen gelten, die auch tatsächlich grenzüberschreitend tätig sind.“ 
Ungeachtet dessen betont der VFPK, dass Solvency II und das Holistic Balance Sheet keine geeigneten Instrumente zur Ermittlung von Eigenkapitalanforderungen für Firmenpensionskassen sind. Der der QI-Studie zugrunde liegende Marktwertansatz des Solvency-II-Modells werde dem Geschäftsmodell dieser Einrichtungen nicht gerecht. Deren Kapitalanlagen und Verpflichtungen seien extrem langfristig angelegt und in der Lage, Niedrigzinsphasen wie die gegenwärtige abzupuffern.
„Wir halten es für mehr als fragwürdig, von einem Marktwertansatz zu sprechen, wenn der Markt massiv durch die Politik manipuliert wird“, äußert Hadasch generelle Bedenken gegen diesen Ansatz. Denn insbesondere die Niedrigzinssituation treibe den Aufwand für Rückstellungen in die Höhe. Diese sei das Ergebnis politischer Entscheidungen und durch Eingriffe der Zentralbanken verursacht. „Dass es sinnvoll ist, die Banken zu retten, leuchtet mir ja noch ein. Das darf aber nicht auf Kosten von Sparern und Versicherten geschehen“, so Hadasch. 
Das geplante Regelwerk der EU setze Investitionsanreize, die der Volkswirtschaft in Europa schaden, moniert man beim VFPK. Denn während Solvency II für Anlagen in niedrig verzinste Staatsanleihen kein Vorhalten von Risikokapital vorsieht, ist dies bei Investitionen in Unternehmensanleihen und Aktien gefordert. Aber gerade mittelständische Unternehmen seien darauf angewiesen, Kapitalpartner jenseits des Bankensektors zu finden, so der Verband. „Unsere mittelständischen Trägerunternehmen haben kein Verständnis dafür, dass die EU-Kommission den Pensionskassen die Investition in niedrig verzinsliche Staatsanleihen leichter machen will als Investitionen in Wirtschaft und in Produktivität“, so Hadasch. Und weiter: „Denn diese Investitionen werden dringend benötigt, um über wettbewerbsfähige Arbeitsplätze und Unternehmen die Sozialsysteme auch künftig noch finanzieren zu können.“ 
Darüber hinaus widerspreche der Ansatz dem Prinzip der Generationengerechtigkeit. Um die zusätzlichen Rückstellungen bilden zu können, müssten mehrere Generationen von Beitragszahlern die ansonsten mögliche Überschussbeteiligung vorenthalten werden, was für sie eine niedrigere Betriebsrente bedeuten würde. Von dem so aufgebauten Kapitalstock profitieren würden dann spätere Generationen, ist man beim VFPF überzeugt. „Solvency II würde unser Rentensystem nicht verbessern, sondern die Stärken der kapitalgedeckten zweiten Säule durch einen in die Zukunft gerichteten Kapitaltransfer verwässern“ kritisiert Hadasch den Ansatz. „Mit Solvency II widerspricht die EU-Kommission ihrer eigenen ‚Agenda für angemessene, sichere und nachhaltige Pensionen und Renten‘ und dem Prinzip der Generationengerechtigkeit, und dies zum Schaden der heute über Versorgungszusagen abgesicherten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.“
portfolio institutionell newsflash 11.02.2013/Tobias Bürger
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