Viele Wege führen in Emerging Markets Bonds
Long-Short-Ansätze für Bonds der Schwellenländer. Mehr Geld für „Exoten“.
„Institutionelle Investoren mit steigender globaler Vielfalt bei Staatsanleihen“, meldete im Februar der Administrationsspezialist Universal-Investment. „Wir stellen fest, dass unsere Kunden ihre Portfolios auch in der Anlageklasse Staatsanleihen immer stärker weltweit diversifizieren“, sagte Katja Müller, Chief Customer Officer bei Universal-Investment. „Fondsmanager gehen hier sehr individuell und entsprechend ihrer spezifischen Risikoprofile vor. So sind Länder wie Ägypten, Peru oder Brasilien stärker vertreten als etwa Staatspapiere aus China oder Indien.“ In Summe machen Papiere aus den Schwellenländern gemäß MSCI Emerging Markets Index inzwischen 13 Prozent des Volumens aus. Dieser Anteil sei in den Jahren 2012 bis 2017 stark gestiegen, veränderte sich seit Ende 2017 aber nur noch unwesentlich.
Mittlerweile, so die Universal-Auswertung, finden sich in den Spezialfonds auch exotische Namen wie Gabun, Honduras oder die Dominikanische Republik. Neben dem Diversifikationsargument spricht vor allem der Carry für diese Anleihen. Die bis 2025 laufenden Emissionen aus Gabun und der Dominikanischen Republik rentieren mit knapp neun beziehungsweise 5,5 Prozent. Ein Frontier-Market-Fonds wird beispielsweise von Aberdeen Standard gemanagt, dessen Top-Positionen Anleihen aus Kenia, Irak und Senegal sind. Mit einem Verlust von etwa siebzehn Prozent bis Ende April hat der Fonds praktisch den Jahresgewinn von 2019 aufgezehrt.
Auch wenn die Anleger hohe Kupons schätzen: Für solche Schwankungen sind nicht jede Bilanz und nicht jedes Nervenkostüm ausgelegt. Somit fügt es sich, dass in den vergangenen Jahren im Schwellenländer-Universum auch die Vielfalt bezüglich der Strategien gestiegen ist. Bereits seit ziemlich genau zehn Jahren bereichert ein Long-Short-Ansatz auf Emerging-Market-Anleihen von GAM das Spektrum der Anlagemöglichkeiten. Im Ucits-Format sind Shorts über Derivate möglich.
Short-Strategien auf Anleihen aus Argentinien und Venezuela oder jüngst den Libanon waren lukrativ. Allerdings können entsprechende Strategien mittelfristig wegen der teuren Credit Default Swaps eher zu einer Verstetigung der Kosten als der Renditen beitragen – und senken nicht unbedingt die Volatilität. Sinnvoller erscheint somit, gerade für risikoaverse Investoren, Long- und Short-Positionen zu kombinieren. „Long/Short Ansätze können nicht nur deutlich stabilere und qualitativ überdurchschnittliche Erträge bieten, sondern stellen auch eine attraktive Alternative oder Stilergänzung zu den gängigen Investitionsansätzen für Schwellenländeranleihen dar“, sagt Ralph Gasser, leitender Produktspezialist für Festverzinsliche bei GAM.
Dies demonstriert nicht zuletzt die entsprechende Strategie GAM’s, deren Performance auf 12-Monatsbasis per Ende May bei 12,2 Prozent liegt. Auch langfristig liegen die Jahresrenditen seit 2011 zwischen plus 6,8 und minus 2,4 Prozent, und insgesamt über den Markterträgen für Schwellenländeranleihen. Dagegen schlägt beispielsweise der JP Morgan GBI-EM Global Diversified in US-Dollar deutlich extremer aus. Ziel der Strategie von GAM ist es, an mindestens 70 Prozent der Aufwärtsbewegung und maximal 20 Prozent der Abwärtsbewegung des Marktes für Schwellenländeranleihen zu partizipieren, dies bei maximal der Hälfte des entsprechenden Marktrisikos.
Tiefe Markteffizienz und höhere Volatilität
Laut Gasser gibt es verschiedene Gründe, weshalb sich Long/Short Ansätze insbesondere für Schwellenländeranleihen eignen. Einerseits sei dies die tiefere Markteffizienz und höhere Volatilität der Anlageklasse im Vergleich zu westlichen Märkten, was nicht zuletzt daran liegt, dass Long-only – und zunehmend auch ETF-Investoren – den Markt dominieren. Dies führt regelmäßig zu Preisverwerfungen. Andererseits weichen auch die einzelnen Länderzyklen innerhalb der Schwellenländer oft deutlich voneinander ab. Hieraus ergebe sich ein ständiger Fluss an Anlagechancen für Long- und Short-Positionen, welche über Schwellenländeranleihen, Zins-, Währungs- oder Kreditderivate genutzt werden können. Dies über mehr als 50 liquide Märkte hinweg.
Mit einer Volatilität von rund vier Prozent gestaltet sich das Risikoprofil der Strategie vergleichsweise moderat, insbesondere relativ zu den erwirtschafteten Erträgen. Dies liegt unter anderem daran, dass Währungspositionen in Schwellenländern überwiegend zu westlichen „Risk-on“ Währungen, wie den australischen oder kanadischen Dollar, gefahren werden. Zudem liegt der Fokus auf Relative Value-Strategien innerhalb der Schwellenländer, während der Anteil an „nackten“ Longs oder Shorts limitiert ist. Auch wird der finanzielle Hebel durch den Einsatz derivater Instrumente bewusst tief gehalten. Der Value-at-Risk kommt auf „vergleichsweise tiefe zwei bis drei Prozent“ zu stehen, so Gasser. Das überdurchschnittliche Bonitätsrisiko der eingesetzten Instrumente bewegt sich ferner für diesen Emerging-Market-Fonds bei einem Wert von AA.
Charme versprühen die Emerging Markets auf Investoren aber auch durch ihre fundamental relativ günstige Bewertung. Diese liegt nicht zuletzt daran, dass Schwellenländeranleihen kein Bestandteil eines Purchase Programms einer großen Zentralbank sind. Dieser Aspekt ist vor allem für Long-Investoren relevant. Möglicherweise sorgt die Abstinenz von Fed, EZB & Co. jedoch dafür, dass Short-Strategen sich künftig verstärkt auf Schwellenländeranleihen fokussieren und sich die entsprechenden Derivate verteuern?
Weniger sorgen müssen sich Anleger bezüglich Bonitätsrisiken. Vor allem dank der Collaterals und der Supranationals liegt diese für einen Emerging-Market-Fonds bei einem überdurchschnittlichen Wert von AA. Zu der hohen Bonität haben aber auch die Emittenten der Schwellenländer ihren Beitrag geleistet. Nicht auszuschließen also, dass die nächste Spezialfonds-Analyse von Universal-Investment eine weiter gestiegene Emerging-Market-Bond-Quote anzeigt.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Emerging Market Debt | Hedgefonds
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