Strategien
5. Oktober 2011

Vertrauen ist gut, Transaktionskostenkontrolle ist besser

Für US-Pensionsfonds sind Transaktionskostenanalysen längst Standard. In Deutschland haben institutionelle Investoren dieses Thema zumeist noch nicht für sich entdeckt. Welches Einsparpotenzial sie sich dadurch entgehen lassen, zeigt das Beispiel der SIGNAL IDUNA.

Sommerzeit ist Urlaubszeit – und davon verstehen die Deutschen etwas. Schließlich sind sie Reiseweltmeister. Beliebte Urlaubsziele außerhalb Europas sind Länder wie Ägypten, Tunesien oder Marokko, zumindest bis zum „arabischen Frühling“. Zum Pflichtprogramm für jeden Touristen gehört dabei stets auch ein Besuch auf einem orientalischen Basar, wo Händler ihre Waren feilbieten. Preisschilder sucht man hier jedoch meist vergebens. Um den Preis wird gefeilscht. Wer darauf verzichtet, tut sich und dem Händler keinen Gefallen. Im Gegenteil: Dieser empfindet das als unhöflich oder gar arrogant. Feilschen gehört zum guten Ton.
Wie auf einem orientalischen Basar geht es im institutionellen Markt zwar nicht zu, dennoch ist es auch unter institutionellen Investoren Usus, mit Asset Managern um jeden Basispunkt ihrer Management Fee zu feilschen. Institutionelle Anleger sind kostensensibel, zumindest wenn es um die expliziten Kosten geht. Eine weniger offensichtliche Kostenbaustelle im Investmentprozess haben die meisten professionellen Investoren hingegen nicht auf dem Radar, obwohl hier ein erhebliches Sparpotenzial schlummert. „Transaktionskosten finden bisher zu wenig Beachtung bei vielen Investoren. Sie sind ein Hygienefaktor. Wenn ich den sauber halte, kann ich viel Geld sparen, egal, ob die Anlageentscheidung richtig oder falsch war“, erklärt Philipp Henrich, Geschäftsführer von dem auf Transaktionskosten spezialisierten Berater XTP Transaction Partners.
Wie viel Geld mit einer schlechten Transaktion tatsächlich vernichtet wird, ist deutschen institutionellen Investoren meist nicht bewusst, da sie häufig nur auf die expliziten Kosten, wie Gebühren und Provisionen, achten. Das ist jedoch nur die berühmte Spitze des Eisbergs. Den Hauptteil der Transaktionskosten im Aktienbereich machen die impliziten Kosten, also der Market Impact und die Wartekosten, aus. Gemeinhin spricht man davon, dass sie etwa 80 Prozent des Gesamtkostenblocks von Umstrukturierungen ausmachen. Das Einsparpotenzial ist immens. Zwischen einer guten und schlechten Ausführung können Welten liegen.
Dass es dabei nicht um Peanuts geht, kann die SIGNAL IDUNA aus Erfahrung berichten. Seit 2007 lässt sich das Versicherungsunternehmen für sein Aktienportfolio, das zwei Milliarden Euro umfasst, von XTP Transaktionsanalysen durchführen. Das Reporting erfolgt vierteljährlich. „Über die vier Jahre, in denen wir diese Analysen machen, haben wir es geschafft, die durchschnittlichen Transaktionskosten signifikant zu senken. Unterm Strich sprechen wir über 15 Basispunkte“, berichtet Dr. Peter Andres, Geschäftsführer der SIAM, die als hausinterner Asset Manager mit rund 34 Milliarden Euro den Großteil der Kapitalanlagen der SIGNAL IDUNA managt. In absoluten Zahlen machen die jährlichen Einsparungen bei den Transaktionskosten rund acht Millionen Euro aus.
_Master-Custodian als zentrale Anlaufstelle
Den Anfang nahm die Geschichte der Transaktionskostenanalysen vor vier Jahren, als sich die SIGNAL IDUNA dazu entschloss, einen Global Custodian zu mandatieren. Bei der Ausschreibung ging es um ein Volumen von knapp sechs Milliarden Euro. „Natürlich war ein Ziel, durch die höhere Effizienz, die wir mit einem Global Custodian bekommen, bei den Kosten zu sparen“, erinnert sich Bernhard Goliasch, der als Bereichsleiter für die Vermögensanlagen der Versicherungsgruppe zuständig ist. Neben der reinen Depotdienstleistung war ein Bündel von Zusatzdienstleistungen, wie Risiko- und Performance-Reporting sowie IFRS-Datenlieferung, die ein Global Custodian normalerweise nicht macht, Bestandteil der Ausschreibung. „Wir wollten eine Art Master-Custodian, bei dem sämtliche Dienstleistungen, die zuvor verstreut waren, gebündelt sind“, so Goliasch.
_Aus Skepsis wird Hingabe
Im Zuge dieses Ausschreibungsprozesses wurden die komplette Wertschöpfungskette und sämtliche darin anfallenden Kosten unter die Lupe genommen. Obwohl die Brokerage-Dienstleistung unabhängig vom Custodian ist, geriet auch diese ins Visier. „Die Brokerage-Gebühren sind relativ intransparent, weil sie normalerweise zwischen dem Asset Manager und Broker verhandelt werden. Als Kunde haben wir darauf eigentlich keinen Einfluss. Das ist per se natürlich keine Geschichte, die wir mögen“, erklärt Goliasch. Dieser Intransparenz sollte ein Ende bereitet werden. Die Lösung kam in Gestalt von BNY Mellon, damals BHF-BNY. Sie bot an, sämtliche Aktienumsätze der SIGNAL IDUNA durch einen Dienstleister, nämlich XTP, wissenschaftlich prüfen zu lassen. BNY Mellon bekamen den Zuschlag als Global Custodian, der sie auch heute noch sind. Damit war der Startschuss für die Zusammenarbeit mit XTP gefallen.
„Als wir 2007 mit den Transaktionskostenanalysen angefangen haben, wurde das von allen Beteiligten mit einer gewissen Grundskepsis begleitet“, räumt SIAM-Geschäftsführer Andres ein. „Wir hatten aber eine indikative Idee, wie gut wir im Handel sind“, fügt er hinzu. Die Messungen erfolgten zu Anfang noch ohne Zeitstempel gegen Market open, Market closed und VWAP (Volume weighted average price). Inzwischen wird mit doppeltem Zeitstempel bei Orderaufgabe und Orderausführung gearbeitet, was die Messungen um einiges exakter macht. „Wir sind im Messen der Aktientransaktionskosten sehr professionell geworden. Wir sehen, welche Modelle gut funktionieren und welche nicht“, führt Andres aus. Und auch die anfängliche Skepsis ist inzwischen verschwunden und sogar einer gewissen Hingabe gewichen. Wie ernst die SIGNAL IDUNA das Thema nimmt, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass 2008 eigens für die Transaktionskostenanalysen ein Mitarbeiter eingestellt wurde. „Der Großteil seiner Aufgabe besteht darin, gemeinsam mit XTP die Transaktionskosten auszuwerten, Detailanalysen durchzuführen und in den -Anlageausschusssitzungen mit den externen Managern zu besprechen, warum sie so hohe Transaktionskosten haben“, erläutert Dr. Peter Andres. 
Dieser Mitarbeiter schaut nicht nur den externen Managern auf die Finger. Wie alle anderen Asset Manager muss sich auch die SIAM den Transaktionskostenanalysen stellen. „Unsere eigenen Tochtergesellschaften müssen sich von den Kosten und der Performance mit Dritten im Markt messen lassen. Die SIAM ist eine eigene Auswertungseinheit und wird nicht bevorzugt. Wir schauen uns an, welche Güte und Qualität ihre Ordervergabe hat“, erklärt Bernhard Goliasch. Dabei werden auch sämtliche Broker unter die Lupe ¬genommen, mit denen die SIAM zusammenarbeitet. Einer dieser Broker ist das ebenfalls zur Versicherungsgruppe gehörende Bankhaus Donner & Reuschel. Welche Konsequenz ein schlechtes Abschneiden der konzerneigenen Töchter hätte, darüber musste sich der Kapitalanlageleiter der SIGNAL IDUNA bislang keine Gedanken machen. „Die Kombination unseres eigenen Asset Managers und unserer Bank funktioniert zum Glück sehr gut“, so Goliasch.
_Günstiger als die Masse im Markt
Wie gut die SIGNAL IDUNA in Sachen Transaktionskosten tatsächlich ist, zeigt sich in den Peergroup-Studien der XTP, die für den Aktienmarkt seit 2001 alle zwei Jahre durchgeführt werden. „Wir liegen unter dem Marktdurchschnitt. Rein von der Positionierung her exekutieren wir günstiger als die Masse am Markt“, sagt Goliasch. Dass sich diese Leistung durchaus sehen lassen kann, macht ein genauer Blick in die Studien klar. Neben SIGNAL IDUNA beteiligen sich verschiedene namhafte Asset Manager, wie zum Beispiel Union Investment, die Deka und DWS. Laut XTP-Geschäftsführer Henrich deckt die Studie rund 50 Prozent der Assets under Management des gesamten deutschen Marktes ab. Darüber hinaus weist er darauf hin: „Wir haben in den Studien tendenziell eine Positivauswahl, weil sich die Asset Manager beteiligen, die das Thema Transaktionskosten bereits auf der Agenda haben. Und je mehr das Bewusstsein dafür vorhanden ist, desto besser sind die Ergebnisse.“ Dies bedeutet im Umkehrschluss: Asset Manager, die sich mit der Ausführungsqualität ihrer Transaktionen nicht auseinandersetzen, führen in der Regel schlechter aus und sind in der Studie nicht anzutreffen. „Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Asset Managern. Es gibt Manager, die sind bereits sehr weit und haben sogar eigene Spezialisten für Best Execution im Haus. Andere kümmern sich so gut wie gar nicht um dieses Thema“, erklärt Marc Becker, Consultant bei XTP. Einen Königsweg, um zu einer optimalen Ausführung von Aktientransaktionen zu kommen, gibt es nicht. Allerdings gibt es ein paar generelle Sünden, die jeder Manager vermeiden sollte. Dazu gehören unter anderem Montagmorgen- und Freitagnachmittag-Trades. „Es ist statistisch belegt, dass aufgrund der Unsicherheit übers Wochenende Montagmorgen und Freitagnachmittag die Handelskosten am höchsten sind“, erklärt Philipp Henrich. „Deshalb ist es im Normalfall nicht sinnvoll, wenn ein Asset Manager montagmorgens alles blind in die Eröffnungsauktion gibt“, fügt Henrich hinzu. In diesem Fall bekomme er zwar genau den Eröffnungskurs, ohne allerdings zu wissen, ob der Kurs gut oder schlecht ist. Eine weitere Sünde, die tunlichst vermieden werden sollte: Alle Order über einen einzigen Kanal auszuführen. Letztlich ist die optimale Ausführungsstrategie jedoch von Portfoliomanager zu Portfoliomanager verschieden und hängt stark vom jeweiligen Investmentprozess ab. „Es gibt verschiedene Wege, um die Transaktionskosten zu optimieren. Man muss zum Beispiel auf die Größe der Order schauen. Bei winzigen Orders brauche ich im Grunde keinen Broker, sondern kann die Order selbst direkt an den Markt geben“, erläutert XTP-Geschäftsführer Philipp Henrich.
_Ordergrund mit auf den Weg geben
Auch die Frage, wie zyklisch ein Portfoliomanager agiert, spielt für die Wahl der Handelsstrategie eine wesentliche Rolle. Antizyklisch agierende Manager können durchaus über den VWAP ausführen oder eine große Order über mehrere Tage strecken. Für zyklisch agierende Manager ist es hingegen äußerst wichtig, die Ausführung möglichst schnell über die Bühne zu bringen. „Ein Portfoliomanager sollte dem Trader den Grund, warum er handelt, mitgeben oder zumindest sagen, wenn er die Umsetzung schnell braucht“, empfiehlt Henrich. Die Realität sieht jedoch meist ganz anders aus. „Häufig ist es so, dass Portfoliomanager ihre Entscheidung treffen und ihre Order an den Trading-Desk oder ins Middleoffice geben. Für den Portfoliomanager ist das Thema damit abgehakt. Um die Abwicklung kümmert er sich anschließend nicht mehr“, berichtet der XTP-Geschäftsführer. Der Händler kennt in diesen Fällen den Hintergrund der Order nicht, so dass die Ausführung unter Umständen eine ganze Weile dauern kann und den Portfoliomanager systematisch Geld kostet. In diese Falle tappt man bei der SIAM nicht, da sie keinen Order-Desk hat und alle ihre Trades selbst vergibt. „Wir haben ein großes Interesse daran, den Market Impact gering zu halten. Wir achten auf das Timing und geben die Verantwortung nicht an einen Order-Desk ab“, erklärt SIAM-Geschäftsführer Andres. 
_Psychologisch wirkungsvoll
Nicht zu unterschätzen ist der psychologische Effekt, den Transaktionskostenanalysen haben. Allein das Wissen darum, dass die Ausführungsqualität gemessen wird, erzeugt Druck auf alle Beteiligten, gute Ergebnisse zu liefern. Zeigen sich bei einem Manager Unsauberkeiten in der Ausführung, spricht die SIGNAL IDUNA diese in den Anlageausschusssitzungen an. „Man kann in diesen Sitzungen nicht alles klären. Wir können Probleme nur ansprechen und einen Anstoß geben“, sagt Goliasch. Bei einigen externen Managern der Versicherung haben diese Gespräche bereits gefruchtet. „Bei mehr als einem Manager wurden die Orderprozesse aufgerollt und neu reflektiert, weil wir als Kunde ihnen gesagt haben, dass ihre Ausführung nicht optimal ist“, erinnert sich Andres.  
Ein Asset Manager, der hohe Transaktionskosten hat, sollte allerdings nicht grundsätzlich verteufelt werden. Entscheidend ist letztendlich die Performance, die er abliefert. Im Zweifelsfall hat er für die hohen Kosten einen guten Grund. SIAM-Geschäftsführer Dr. Peter Andres kann von genau einem solchen Fall berichten: „Wir hatten einen Asset Manager, der eine gute Performance ablieferte, aber erhöhte Transaktionskosten hatte. Als wir mit ihm darüber sprachen, sagte er uns, dass er bewusst mehr Geld für das Brokerage ausgibt, weil er die Tipps braucht. In diesem Fall haben wir die hohen Transaktionskosten verstanden und akzeptiert, da die Performance kontinuierlich gut war.“
Nicht in jedem Fall zahlen sich jedoch hohe Brokerage-Gebühren aus. Denn nicht jeder Asset Manager braucht den vollumfänglichen Research, der allerdings in diesen Fees immer mitvergütet wird. „Die Broker-Gebühren liegen bei durchschnittlich zwölf Basispunkten. Der Großteil davon entfällt auf Research-Leistungen des Brokers. Für eine reine Execution-Dienstleistung zahle ich nur bis zu drei Basispunkte“, berichtet XTP-Consultant Becker. Ein Manager, der mit einem Trendfolgemodell arbeitet oder ein eigenes Research im Haus hat, würde Geld verschenken, wenn er die kompletten Broker-Dienste einkauft. Für ihn empfiehlt es sich, nur für die reine Ausführungsdienstleistung zu zahlen. Auch die SIGNAL IDUNA geht längst nicht mehr mit Full-Service-Trades an den Markt, sondern nutzt Block-Trades. „Dass man mit dem Broker telefonieren will und sich von ihm gute Tipps geben lässt und dafür 15 Basispunkte zahlt, ist die Welt von früher. Heute machen wir Block-Trades. Die kosten zwischen zwei und vier Basispunkten“, sagt Andres.  
Nach den ansehnlichen Einsparungen im Aktienbereich hat die SIGNAL IDUNA Blut geleckt und lässt seit dem zweiten Quartal dieses Jahres von XTP auch für die Rentenseite laufende Transaktionskostenanalysen durchführen. Die Daten dafür liefert ebenfalls BNY Mellon. „Renten haben mit Abstand das größte Volumen bei uns. Wir können diese Asset-Klasse nicht einfach ausblenden“, begründet Bernhard Goliasch diesen Schritt. Gegen Behauptungen, dass der Umsatz im Rentenbereich nichts kostet, da es sich um Nettoabrechnungen handle, setzt er sich vehement zur Wehr: „Ein Manager kann sich bereits beim Kauf einer Anleihe seine Performance kaputt machen. Sind die Spannen breit, muss die Depotbank oder KAG automatisch den Geldkurs nehmen. Das bedeutet, bei der nächsten Übersicht steht die Anleihe mit dem niedrigeren Kurs drin“, erklärt Bernhard Goliasch. Die Kosten im Rentenbereich liegen in der Geld-Briefpreis-Spanne. 
In welcher Größenordnung sich Einsparungen erzielen lassen, ist für den Kapitalanlageleiter der SIGNAL IDUNA derzeit noch recht schwer abzuschätzen. „Wir stehen auf der Lernkurve im Moment dort, wo wir im Aktienbereich 2007 standen“, meint Goliasch. Grundsätzlich ist man aber bei der Versicherungsgruppe davon überzeugt, dass im Bondportfolio einiges an Potenzial schlummert. „Im Rentenbereich lassen sich sicher große Potenziale heben. Das gelingt aber nur, wenn man liquide Märkte hat“, bemerkt SIAM-Geschäftsführer Andres. Das ist zuletzt jedoch nicht immer der Fall gewesen. Ihren Ruf, eine langweilige Asset-Klasse zu sein, haben Renten längst abgestreift. Dies ist für die SIGNAL IDUNA umso mehr ein Grund, nun auch die Bondseite ins Visier zu nehmen. „Seit der Krise ist die Notwendigkeit größer geworden, die Transaktionskosten im Rentenbereich zu analysieren“, sagt Goliasch.
Ganz einfach dürfte dieses Unterfangen jedoch nicht werden. Immerhin ist der Rentenmarkt um einiges anspruchsvoller als der Aktienmarkt. „Die Datenbeschaffung ist deutlich aufwendiger. Man muss alle Preisquellen, die potenziell relevant sind, provisorisch erfassen, um am Schluss überhaupt messen zu können, wie gut die Order ausgeführt ist“, erklärt Henrich. Im illiquiden Bondbereich sind indes nur wenige Preisquellen zu finden. Breite Spannen von mehreren Prozent sind keine Seltenheit. In diesen Fällen geht es Henrich zufolge nicht unbedingt um Transaktionskosten, sondern vielmehr darum, den Preis zu verifizieren. Letztlich ist jedoch die alles entscheidende Frage: Lohnt sich dieser hohe Aufwand im Rentenbereich überhaupt? Von den Basispunkten her betrachtet, steckt im Rentenbereich zweifelsohne deutlich weniger Einsparpotenzial als im Aktienbereich. Dies wird bei einem Blick in die Peergroup-Studien von XTP deutlich. Der Market Impact lag laut der Studie zum Aktienbereich von 2007/08  bei durchschnittlich 22 Basispunkten. Die effektiven Spannen in einem fairen, liquiden Bondmarkt betragen der Rentenstudie von 2010/11 zufolge im Durchschnitt 6,5 Basispunkte und lagen damit rund vier Basispunkte über dem Wert aus der Vorgängerstudie von 2003/04. Der Anstieg ist unter anderem dem breiteren Anlageuniversum und der Unsicherheit bezüglich der Schuldnerbonitäten geschuldet. Im Vergleich mit der Aktienseite sind die Transaktionskosten trotzdem noch relativ gering.
_Unterm Strich dasselbe Einsparpotenzial
Wer den Schluss zieht, dass sich Kostenanalysen für Renten nicht lohnen, irrt. Denn inner¬halb dieses Segments gibt es eine große Spannbreite. Während die Transaktionskosten für Staatsanleihen mit weniger als vier Basispunkten äußerst gering sind, liegen die Spannen von besicherten Anleihen mit über 17 Basispunkten zumindest in der Nähe des Market Impacts (siehe Tabelle Seite 36). Außerdem: Transaktionskostenanalysen bei Renten können sich allein dadurch rechnen, wenn die Kapitalanlagen zum Großteil aus Bonds bestehen. „Im Rentenbereich spare ich weniger an Basispunkten. Multipliziert mit dem höheren Volumen, kommt man am Ende aber auf ein ähnliches Ergebnis wie im Aktienbereich“, so Henrich. Henrichs Kollege Marc Becker gibt allerdings zu bedenken: „Im Aktienbereich hat man grundsätzlich mehr Stellschrauben, weil die Orderausführung über einen Zeitraum läuft. Im Rentenhandel habe ich hingegen einen fixen Zeitpunkt, an dem ich zu einem vorab bekannten Preis mit einem Broker handle.“ Auch der Umschlag ist bei Aktien viel höher. „Wenn ich mir den Turnover anschaue und mit dem Einsparpotenzial multipliziere, kann es für Investoren sehr interessante Ergebnisse geben.“
_Ab 100 Millionen Euro lohnt es sich
Für die Dienste von XTP zahlen Investoren eine fixe Gebühr, die nach Volumen gestaffelt ist. „Wenn ein Investor 200 Transaktionen im Monat macht und ein anderer 6.000, dann zahlt er nicht das 30-Fache, sondern eher das Fünffache“, sagt Henrich. Als Richtgröße gilt: Ein Investor mit fünf Fonds zahlt 3.000 Euro pro Fonds. Allerdings sind laufende Transaktionskostenanalysen durch XTP nicht für jeden institutionellen Investor sinnvoll. Zumeist sind die Einsparungen durch Transaktionskostenanalysen zwar weitaus größer als das fällige Beratungshonorar. Ist der zu analysierende Fonds jedoch zu klein, kann das Honorar für die XTP-Analysen die potenziellen Einsparungen übertreffen und sich für den Investor somit letztendlich nicht lohnen. „Transaktionskostenanalysen rechnen sich grob geschätzt ab einem investierten Volumen von 100 Millionen Euro“, stellt Henrich fest. „Gerade Institutionelle haben einen unmittelbaren Nutzen von den Transaktionskostenanalysen. Denn jede Ersparnis bedeutet eine bessere Performance, die ihnen selbst gehört.“
 
Dass sich Analysen der Transaktionskosten aber auch für kleinere institutionelle Investoren lohnen können, zeigt das Beispiel des Evangelischen Johannesstiftes. Die in Berlin ansässige Stiftung hat 2009 ihre Kapitalanlage umstrukturiert und die liquiden Mittel von rund 60 Millionen Euro in einem Spezialdachfonds gepoolt. „In der Umstrukturierungsphase hin zu einem einheitlichen Mandat habe ich mich intensiv mit Transaktionskosten befasst. Ich habe untersucht, wer von unseren externen Managern welche Kosten produziert und wie er diese uns gegenüber kommuniziert“, erklärt Jens Güldner, der seit 2008 als Leiter Treasury für die Kapitalanlage zuständig ist. Für die Analyse der Transaktionskosten hat das Stift allerdings nicht mit einem externen Berater wie XTP zusammengearbeitet, sondern diese in Eigenregie geprüft. „Die interne Preisstellung lässt sich schwer nachvollziehen“, räumt Güldner ein. „Wir haben uns in vielen Fällen einfach Händler-Tickets angeschaut und auf diese Weise die Kursstellung vom Market Maker bis zur Endabrechnung kontrolliert“, berichtet er. Über die Ergebnisse seiner Analysen war der Kapitalanlageleiter des Stiftes ziemlich enttäuscht. „Wir haben bei den Transaktionskosten ein Vielfaches von dem bezahlt, was für einen institutionellen Kunden üblich wäre. Die Banken haben von den Transaktionskosten sehr gut gelebt“, so Güldner. Es stellte sich heraus, dass die Kosten nur optisch gering waren, unterm Strich lagen sie weit über dem ursprünglich Vereinbarten. „Bei dem einen Manager haben wir eine extreme Diskrepanz festgestellt. Die Verwaltungskosten lagen letztendlich zwischen 0,95 und 1,05 Prozent, obwohl nur 0,15 Prozent vereinbart waren“, erklärt Güldner. „Zudem hat man uns die Kosten nicht kommuniziert. Man hat uns Nettoabrechnungen vorgelegt. Das ist aber nur eine Verschleierung von Gebühren. Die Grenzen der Fairness wurden überschritten“, fügt er hinzu. Die Zusammenarbeit mit diesen Häusern ist inzwischen beendet. Der Spezialdachfonds, in dem seit Anfang 2010 die liquiden Mittel der Stiftung gebündelt sind, wird heute von Allianz Global Investors gemanagt. „Für den Fonds haben wir einen Fixbetrag pro Umsatz, eine Ticket Fee von 25,25 Euro pro Transaktion zuzüglich gegebenenfalls anfallender fremder Spesen mit der Depotbank des Fonds vereinbart. Auf Wunsch bekomme ich jederzeit alle Informationen, die ich möchte“, so Güldner. Insgesamt konnten die externen Vermögensverwaltungskosten halbiert werden. Heute werden die Transaktionskosten zwar nur noch stichprobenartig kontrolliert. Stichproben dürften die Manager aber davon abhalten, sich über Transaktionen schadlos zu halten. Bei der SIGNAL IDUNA sind fortlaufende Transaktionskostenanalysen dagegen Standard.
Bei den meisten deutschen Investoren wird das Thema Transaktionskosten recht stiefmütterlich behandelt. Während in den USA für Pensionskassen laufende Transaktionskostenanalysen ähnlich wie Performance-Messungen zum Standard gehören, ist die SIGNAL IDUNA damit in Deutschland eher eine Ausnahmeerscheinung. Das könnte sich aber bald ändern. „Seit Anfang dieses Jahres sind die Transaktionskosten zunehmend in den Fokus der Investoren gerückt. Teilweise sind Kunden, mit denen wir vor drei Jahren gesprochen haben, auf uns zugekommen, weil sie nun dieses Thema auf der Agenda hätten“, sagt Henrich. Wer einmal damit angefangen hat, Transaktionskostenanalysen durchzuführen, bleibe auch dabei. „Wir hatten noch keinen Kunden, der nach einem halben Jahr gesagt hat, das bringt mir nichts, und abgesprungen ist“, so Henrich.
_Der regulatorische Überfall kommt noch
Auftrieb bekommt das Transaktionskostenthema unter anderem vom Regulator: So definiert die Investment-Verhaltens- und Organisationsverordnung (InvVerOV), die seit dem 1. Juli 2011 gilt, Wohlverhaltensregeln für Kapitalanlagegesellschaften. Auch Mifid 2 thematisiert Best Execution. „Zwar wird nicht im Detail bestimmt, was Best Execution ist oder wie diese zu messen ist. Es werden aber zumindest die Grundlagen für solche Messungen gesetzt. Wenn man Transaktionskostenmanagement als Best-Execution-Management versteht, kann es gut möglich sein, dass der große regulatorische Überfall auf die Investoren erst noch kommt“, führt Becker aus. Die SIGNAL IDUNA ist für diesen Überfall bereits gut gewappnet. Obwohl es nicht nötig gewesen ist, hat der Versicherungskonzern 2009 eine Best-Execution-Policy verabschiedet. „In der Policy haben wir genau definiert, wie wir Best Execution verstehen. Dort steht auch drin, dass wir sehr viel Wert auf Transaktionskostenanalysen und externe Begleitung legen“, führt Bernhard Goliasch aus.

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