Versicherungsbranche: Zwischen Abwarten und Vormarschieren
Unter den großen Versicherungskonzernen in Europa herrscht ein geteiltes Bild. Einige haben bereits auf Solvency II umgestellt und berichten nach den neuen Vorschriften. Andere warten lieber ab.
Der Zeitpunkt und die Details sind noch unklar. Nur eines steht schon fest: Solvency II wird die europäische Versicherungsbranche massiv verändern. In einer neuen Analyse hat SNL Financial untersucht, wie weit die Vorbereitungen auf das neue Regelwerk bei den Großen der Zunft schon fortgeschritten sind.
Laut dieser wollen eine ganze Reihe der großen Versicherungen warten, bis Solvency II tatsächlich in Kraft ist. Bis dahin arbeiten sie weiterhin nur mit Solvency I oder der Richtlinie für Versicherungsgruppen. Zu diesen Häusern gehören unter anderem die Talanx AG und Bâloise Holding AG. Weitere Beispiele sind: Aegon, Delta Lloyd, ING, Phoenix, Prudential, Standard Life und Swiss Life.
Einige andere Versicherungskonzerne haben unterdessen schon angefangen, nach den neuen Vorschriften zu berichten. Neben der Allianz und Munich Re gehören auch Axa, Aviva und Generali zu diesen Kandidaten. Obwohl diese Konzerne zu den Vorreitern gehören, heißt dies nicht, dass nicht auch dort noch eine große Unsicherheit und oftmals sogar Fassungslosigkeit herrscht. So soll zum Beispiel Dieter Wemmer, CFO bei Allianz, gegenüber den Analysten von SNL kürzlich gesagt haben: „Ich weiß nicht, was Solvency II ist. Und unglücklicherweise wissen auch Eiopa und die anderen Jungs nicht, was Solvency II ist. Aber wir würden es sehr begrüßen, wenn dieser offene Punkt geschlossen würde, damit unsere Branche weitergehen kann.“
Einige offene Fragen bezüglich der Garantieversprechen der Versicherungen gegenüber ihren Kunden hatte Eiopa unlängst in einer europaweiten Studie, Long-Term Guarantee Assessment (LTGA), untersucht. Aufbauend auf deren Ergebnissen soll später ein Teil der neuen Kapitalvorgaben für die Versicherer aufbauen. Die Ergebnisse liegen nun vor. Lesen Siehier mehr dazu.
Wie aus der Analyse von SNL Financial weiter hervorgeht, werden die Zahlen unter Solvency II zwar transparenter und vergleichbarer. Trotzdem wird es auch unter Solvency II noch immer ein Ringen um die Vergleichbarkeit geben. Denn einige Versicherungen sind konservativer als andere. So hat zum Beispiel Munich Re einen vorsichtigen Blick auf die Value-at-Risk-Berechnung. Wird die Risikogewichtung unter Solvency II auf eine Kalibrierung von 99,5 Prozent verändert, verschiebt sich bei dem Rückversicherer die Solvency Ratio von 128,9 auf 225,0 Prozent. Auch bei der Zurich und Hannover Rück wird der VaR konservativer kalibriert, und zwar mit 99,95 beziehungsweise 99,97 Prozent. Genau wie bei Munich Re würde laut SNL also auch bei der Zurich und Hannover Rück unter dem Standardkalibrierung von 99,5 Prozent die Solvency-II-Ratio stark steigen. Im Gegensatz dazu arbeiten alle anderen Versicherungen, die bereits nach Solvency II berichten, mit der Standardkalibrierung von 99,5 Prozent. Bei der Allianz ergibt sich eine Solvency-II-Ratio von 199 Prozent, bei Axa sind es 206 Prozent und bei Generali 159 Prozent.
Schließlich werfen die Analysten von SNL auch einen Blick auf die Solvency Ratio der Versicherungskonzerne, die noch warten und noch ausschließlich nach Solvency I reporten. Dabei zeigt sich ein geteiltes Bild. Stark kapitalisiert erscheinen hier insbesondere Prudential (300 Prozent), Bâloise (276 Prozent) und Direct Line (279 Prozent). Am unteren Ende befinden sich Phoenix mit einer Solvency Ratio von nur 133 Prozent und Resolution (135 Prozent).
portfolio institutionell newsflash 17.06.2013/kbe
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