Pensionsfonds
1. August 2024

Versicherer und EbAV kritisieren Nachhaltigkeits-Berichtspflichten

Die CSRD sollte seit Anfang Juli in deutsches Recht gegossen sein. Einige Pensionseinrichtungen und kleinere Versicherer sehen sich durch das geplante Gesetz im Nachteil. Durch den Review der Offenlegungsverordnung (SFDR) wird sich an der CSRD wohl nichts Wesentliches ändern, jedoch erscheint ein
Vorschlag der EU-Aufsichten zum SFDR-Review ­nach Meinung von Experten vielversprechend.

Zum Redaktionsschluss unserer Juli-Ausgabe gab es noch keinen Kabinettsbeschluss zur CSRD. Dieser wurde am 24. Juli 2024 vom Bundeskabinett verabschiedet. Was der Beschluss genau enthält, darüber klärt das Bundesjustizministerium auf. Den genauen Wortlaut des Gesetzentwurfs vom 24.7. finden Interessierte hier. Der folgende Text basiert auf dem Informationsstand Mitte Juli 2024 und dem dann diskutierten Referentenentwurf vom 22. März 2024. Der Text enthält aber interessante Aspekte zur CSRD und der SFDR (Offenlegungsverordnung), die wir Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthalten wollen. 

Sie sind viel diskutiert und oftmals kritisiert – die neuen Vorgaben aus der EU für die Nachhaltigkeits-Berichtspflichten. Die entsprechende Richtlinie, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die die bestehenden Nachhaltigkeits-Berichtspflichten für Großunternehmen ersetzt und den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen erweitert, sollte am 6. Juli 2024 in nationales Recht umgesetzt worden sein. Nun ist dieser Zeitpunkt verstrichen und der Bundestag in der Sommerpause. An dem vorliegenden Referentenentwurf üben Verbände der Versicherer wie auch die der Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge (EbAV) ausgiebig Kritik. Den einen fehlt es im Entwurf an der gebotenen Proportionalität, andere sehen eine Ungleichbehandlung, auch mit anderen Altersvorsorgeeinrichtungen in der EU.

Bezogen auf EbAV hatte die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (Aba) auf ihrer Jahrestagung Mitte Mai in Berlin berichtet, dass die geplante Umsetzung der CSRD, in Form des Referentenentwurfs (vom 22. März 2024), einigen Einrichtungen voraussichtlich zusätzliche Berichtspflichten bringt. In der Mitteilung der Aba geht es um die Anwendung der CSRD auf EbAV in der Rechtsform der AG. Damals hatte Dirk Jargstorff in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Aba-Vorstands und Leiter der Aba-Fachvereinigung Pensionsfonds erklärt, der Referenten­entwurf des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) nehme die ­Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG) und die Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit (PFVaG) weitgehend von den nicht-finanziellen Berichtspflichten aus. Dies sei richtig, da VVaG und PFVaG nach den Vorgaben der Richtlinie nicht ­erfasst würden, so die Aba. Der Entwurf sehe aber vor, dass EbAV in der Rechtsform der AG – sofern sie die für Versicherungsunternehmen vorgesehenen Größenkriterien erfüllen – die CSRD-Anforderungen erfüllen müssen. „Diese deutsche ­Abweichung von der ­europäischen Vorgabe ist weder sinnvoll noch notwendig“,  betonte Dirk Jargstorff. Auch nütze diese nicht-finanzielle Berichterstattung weder institutionellen noch privaten ­Anlegern, da diese nicht in diese Alters­versorgungseinrichtungen investieren könnten. Jargstorff betonte bei seiner Kritik den zusätzlichen Aufwand und die Kosten. „Gleichzeitig ­würde die Verpflichtung zur CSRD-Berichtspflicht bei den Altersversorgungseinrichtungen, die durch keine Konzernberichter­stattung entlastet werden, zu sehr großem ­zusätzlichen Aufwand und Kosten in beträchtlicher Höhe führen, die letztlich von den Versorgungsberechtigten und Leistungs­empfängern durch niedrigere Betriebsrenten zu tragen wären.“ Er forderte daher: „Hier ­sollte nochmals Hand angelegt werden. ­Bürokratieabbau in Deutschland ist dringend notwendig. Lassen Sie uns aber bitte auch die Schaffung von Anforderungen ohne Mehrwert und damit unnötiger Büro­kratie für Altersversorgungseinrichtungen vermeiden.“

Auf Nachfrage von portfolio institutionell erläutert Dirk Jargstorff als CEO der Bosch Pensionsfonds AG, Robert Bosch GmbH, Mitte Juli den Sachverhalt genauer: „Grundsätzlich können alle Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge in Deutschland, die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft aufgestellt sind, betroffen sein, abhängig von der Größe der jeweiligen Einrichtung. Denn die ­CSRD hat keinen eigenen Regelungs­charakter,­ sondern setzt auf die bestehende EU-Bilanz-Richtlinie 2013/34/EU auf und normiert neben der finanziellen Be­richt­erstattung nun auch die nicht finanzielle Berichterstattung. Die ­Bilanz-Richtlinie sieht die Pflicht zur Berichterstattung für die Rechtsform der AG und der GmbH in Deutschland vor.“ Das betreffe unter anderen auch die Bosch ­Pensionsfonds AG.

Pensionsfonds der Niederlande nicht betroffen

Sinnvoll sei, so Jargstorff, „dass nach dem Referentenentwurf die deutschen Einrichtungen, die in der Rechtsform der Versicherungs­vereine auf Gegenseitigkeit aufgestellt sind, (von den­ Nach­haltigkeits-Berichtspflichten nach der CSRD, Anm. der Redaktion) befreit sind, solange sie nicht als große Kapitalgesellschaften angesehen werden und nicht mehr als 500 Mitarbeitende haben.“ Auch berichtet Dirk Jargstorff, gefragt nach einer möglichen Ungleich­behandlung im Vergleich mit anderen Pensionseinrichtungen, auch innerhalb der EU, dass hier beispielsweise zu Altersvorsorgeeinrichtungen aus den Niederlanden erhebliche Unterschiede ­bestehen: „Unsere ­niederländischen Nachbarn hingegen sind  beispielsweise mit ­ihren großen Einrichtungen für Pensionen nicht betroffen, da ­diese als Stiftungen organisiert sind.“

Der deutsche Gesetzgeber sollte hier die Vorgaben der CSRD 1:1 umsetzen und insbesondere auf die Eigenheiten der EbAV Rücksicht nehmen, erklärt Jargstorff. Er schätzt, dass: „Sollten die ­geplanten Änderungen wie im Referentenentwurf vom 22. März 2024 zur CSRD und die darin ent­haltenen Änderungen im HGB eintreten, müsste zum Beispiel die Bosch Pensionsfonds AG ihren Jahresabschluss um eine Nachhaltigkeitsberichterstattung ergänzen. Dies würde zu hohen zusätzlichen Kosten und administrativem Aufwand führen“, so Jargstorff.

Kleine Versicherer wie ein Dax-Konzern

Wie eine Sprecherin des GDV auf Nachfrage zur CSRD schreibt, verursacht das Gesetz jährliche Bürokratiekosten von 1,4 Milliarden Euro und gehört damit zu den teuersten Vorhaben der Bundes­regierung. „Um den Bürokratieaufwand zu reduzieren, sollte die Bundesregierung auf europäischer Ebene einen gründlichen Bürokratie-Check einfordern.“ Der GDV schlägt vor, die Berichtspflichten auf das Wesentliche zu beschränken, die Notwendigkeit ­sektorspezifischer Standards zu überprüfen und kleine Versicherungs­unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten von der Nachhaltigkeitsberichterstattung auszunehmen. Denn dem Verband zufolge gelten auch vergleichsweise kleine ­Versicherungsunternehmen unter CSRD aufgrund der Definition als große Unternehmen und sind somit voll berichtspflichtig. So müsse beispielsweise ein kleiner Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit mit weniger als 50 Mitarbeitern im gleichen Umfang und Detailgrad berichten wie ein international tätiger Dax-Konzern. „Das ist nicht proportional“, stellt die Sprecherin des GDV fest. Weiter schreibt uns der Verband von einer kleinen Nachbesserung auf europäischer Ebene, die jedoch keine große Verbesserung bringe: Versicherer, die unter Solvency II als ‚Small and non-complex undertakings‘ (SNCU) eingestuft sind, sollen vereinfachte Berichtsstandards nutzen dürfen. Eine große Entlastung wird dadurch ­jedoch nicht erwartet, „da die Kriterien für die SNCU-Einstufung sehr restriktiv sind“, so die Sprecherin. Der GDV schlägt vor, die Definition der Größenklassen in der Bilanzrichtlinie zu überarbeiten, um die Besonderheiten des Versicherungsgeschäfts zu berücksichtigen, und kleine, nicht-kapitalmarktorientierte Versicherungsunternehmen von der CSRD-Berichterstattung zu befreien.

Die EU-Berichts-Standards (European Sustainability Reporting Standards, kurz: ESRS) zur CSRD gelten als delegierte Rechtsverordnung unmittelbar und sind bereits Anfang 2024 in Kraft ­getreten. Verabschiedet werden ­dürfte das Gesetz für Deutschland erst im Oktober oder November. Es gebe aber auch Befürchtungen, dass der Gesetzgebungsprozess in diesem Jahr nicht mehr abgeschlossen werden könnte. Da die ersten ­Unternehmen Anfang 2025 eigentlich bereits mit der Berichterstattung über das Jahr 2024 beginnen müssten, könne sich, eine ­„krude Lage“ ergeben, die mit einigen Rechtsunsicherheiten verbunden sei. Dr. Lorenz Müller, ehemaliger Staatssekretär und Direktor beim Deutschen Bundestag und aktuell Of Counsel der Berliner Kanzler Lindenpartners, geht aber ­davon aus, dass das deutsche Gesetz dazu „ziemlich sicher im Herbst verabschiedet“ wird. Dann halte sich die verzögerungs­bedingte Rechtsunsicherheit in Grenzen. Großen Spielraum habe der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung nicht: „Es ist daher im Wesentlichen eine 1:1-Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht vorgesehen“, so Müller. Dies bestätigt auch die Sprecherin des GDV: „Der deutsche Gesetzgeber hat beim CSRD-Umsetzungsgesetz kaum Spielraum, da es sich um verbindliches europäisches Recht handelt“, so die Sprecherin. Sie erwartet ebenfalls eine Verabschiedung im Herbst: „Da es sich beim Umsetzungsgesetz um ein Einspruchsgesetz handelt, ist der Bundesrat nicht zustimmungspflichtig.“

Die durch die EU-Kommission geplante Überarbeitung und ­Simplifizierung der Offenlegungsverordnung (SFDR) habe nicht die Zielrichtung, nachträglich Änderungen an der CSRD vorzunehmen und so die Unter­nehmen von ihren Nachhaltigkeits-Berichts­pflichten zu entlasten, stellt Dr. Lars Röh, Rechtsanwalt für Kapitalmarktrecht und Partner der Kanzlei Lindenpartners, klar. „Der ­Reformansatz zur SFDR wird also eher reflexartig Nachhaltigkeits-Berichtspflichten der ­Unternehmen anpassen im Sinne eines ­’Streamlining‘, aber nicht grundlegend entschärfen. Die jüngsten Vorschläge der drei zuständigen europäischen Aufsichtsbehörden (Eba, Eiopa und Esma – ­zusammen Esas) zum SFDR-Review hält Anwalt Röh jedoch für „sehr bedenkenswert“.

SFDR: Transition-Kategorie könnte kommen

Die Esas schlagen vor, dass zwei neue ­Kategorien, „nachhaltig“ und „Transition“, eingeführt werden ­sollen. Diese könnten, so Lars Röh, die bisher geltende Aufteilung in ­Artikel 8 und Artikel 9 ersetzen. „Artikel-9-Fonds müssen zu 90 Prozent nachhaltige Investitionen nach der Taxonomie-Verordnung oder der SFDR enthalten und ­Artikel-8-Fonds sind ein Sammelbecken geworden für alles, was ESG im Namen führt. Dabei wird das Thema Transition so gut wie gar nicht abgebildet, was meiner Ansicht nach ein Mismatch ist.“ Am Markt halte inzwischen niemand mehr die aktuelle SFDR für ein sinnvolles gesetzgeberisches Konzept. „Artikel 8 und 9 sind in dieser Zusammensetzung im Grunde gescheitert“, konstatiert Rechtsanwalt Röh. „Die Kombination aus einer anspruchsvolleren Nachhaltigkeits-Kategorie, und einer Transition-Kategorie für jene ­Produkte, die ’noch nicht grün sind, aber auf dem Weg dahin‘, wäre aus ­meiner Sicht ein zielführenderes Konzept, als wir es bis jetzt haben – es würde allerdings wieder Anpassungsbedarf bei den Finanzmarktteilnehmern erzeugen.“ Röh von Lindenpartners schätzt, dass die ­Vorschläge der Esas bei der EU-Kommission auf Gehör stoßen werden.

Die juristische Gemengelage rund um die Umsetzung der CSRD und ihre Anwendbarkeit erscheint komplex. Die Umsetzung der Richt­line in deutsches Recht wird wahrscheinlich im Herbst erfolgen. Das Gute: Die Branchenverbände gewinnen so wertvolle Zeit, um zugunsten der betroffenen EbAV und kleineren Versicherer­ noch Änderungsvorschläge einzubringen. Was die SFDR ­angeht, so darf man sehr gespannt sein, was der Review und die Esas-Vorschläge, die unter anderem die neue Transition-Kategorie eingeführt sehen wollen, Anlegern künftig bringen werden.

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