Versicherungen
23. Januar 2012

Versicherer sind noch längst nicht für Solvency II gewappnet

Laut einer Umfrage von BNP Paribas werden vor allem die Anforderungen zu den Berichtspflichten noch nicht erfüllt. Die Mehrheit strebt ein (semi)-internes Modell an.

Europas Versicherungen haben noch viel Arbeit vor sich, wenn sie am 1. Januar 2014 für Solvency II startklar sein wollen. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage von BNP Paribas Securities Services und Inte-Delta hervor, für die im Sommer vergangenen Jahres 20 Versicherungen aus fünf europäischen Ländern, darunter Deutschland, befragt wurden. „Von den Versicherungen, mit denen wir gesprochen haben, ist noch keine in der Lage, alle drei Säulen zu erfüllen“, erklärte Ingo Biermann, Head of Sales & Relationship Management bei BNP Paribas Securities Services. Eine pauschale Aussage über den genauen Stand der Dinge lasse sich jedoch nicht treffen. Zu unterschiedlich seien die Entwicklungsstufen, auf denen sich die einzelnen Gesellschaften befinden.      
Wie aus der Studie zu entnehmen ist, hinken die Versicherungen insbesondere mit den Vorbereitungen auf Säule III zu den Berichtspflichten hinterher. So haben 30 Prozent der Befragten in Sachen Reporting noch nichts unternommen, weitere 30 Prozent befinden sich zumindest in der ersten Planungs- und Datenanalyse-Phase. „Voll produktionsfähig ist aber noch keine der befragten Versicherungen“, führte Biermann aus. Ein Grund für die Zurückhaltung bei den Vorbereitungen auf Säule III sei, dass man in diesem Bereich noch mit Änderungen rechne. Hinzu kommt, dass das Reporting der abschließende Prozess im gesamten Solvency-II-Prozess ist.
Größte  Herausforderung: Datenmanagement
Der Studie zufolge halten die meisten Versicherungen die Anforderung zu den Berichtspflichten für klar verständlich und einfach lieferbar, da diese überwiegend aus den Daten und Analysen der Säule I und II zu extrahieren sind. Doch auch mit ihren Vorbereitungen auf Säule I sind die meisten Versicherungen noch nicht fertig, wenngleich sich 95 Prozent der befragten Institute im Hinblick auf die neuen Kapitalanforderungen bereits gut vorbereitet fühlen. „Versicherungen haben ihren Schwerpunkt bisher auf Säule I gelegt, trotzdem ist auch hier noch einiges zu tun, zum Beispiel müssen die Daten von der Passiv- und Aktivseite zusammengeführt werden“, erläuterte Biermann. „Die Herausforderung liegt im Datenmanagement und der Datenpflege, vor allem in der zeitnahen Ermittlung, Konsolidierung und Harmonisierung der Daten, die die Basis für Säule III sind“, führte er weiter aus.
Das Datenmanagement dürfte sich insbesondere an den Stellen schwierig gestalten, an denen man auf die Datenlieferung externer Dritter angewiesen ist. „Die Versicherungsgesellschaften haben viele Daten inhouse, aber gerade bei Daten zu Fonds besteht eine hohe Abhängigkeit von Asset Managern“, so der BNP-Paribas-Mann. Dieser Abhängigkeit sind sich die Versicherungen sehr wohl bewusst. Mehr als die Hälfte der Befragten gab in der Umfrage an, bei in hohem Maße von externen Anbietern abhängig zu sein. Mit 80 Prozent nennt die große Mehrheit vor allem Fondsmanager als externe Datenquelle, wobei 45 Prozent genau dies äußerst kritisch sehen. „Man ist sich der Abhängigkeit von Asset Managern bewusst. Allerdings wird  unterschätzt, wie aufwendig und komplex das Datenmanagement wirklich ist“, so Biermann.
In Säule II sehen sich Versicherer gut aufgestellt
Laut der BNP-Paribas-Umfrage verstehen Versicherungen die Säule II als eine Weiterentwicklung ihres existierenden Risikomanagementsystems, nur mit einer höheren Frequenz und Granularität. Laut Biermann sehen sich die Versicherungen hier bereits gut aufgestellt. Allerdings: Mit 75 Prozent ist die Mehrheit der Befragten derzeit nicht in der Lage, ein umfassendes ORSA (Own Risk and Solvency Assessment), wie es Solvency II fordert, zu liefern. Zwar haben 60 Prozent der Befragten bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen, bei 15 Prozent ist indes noch nichts passiert. Lediglich 25 Prozent sind bereits dabei, ihre erste Version zu ORSA zu verfeinern und in ihre Geschäftsstrategie zu integrieren.
Aus der Studie geht weiter hervor, dass die große Mehrheit der befragten Versicherungen die Genehmigung eines internen oder semi-internen Modells anstrebt. Als wichtigster und häufigster Grund hierfür wird von 95 Prozent die Kapitaleffizienz genannt. Interne Modelle würden die individuelle Geschäftsstrategie und das Risikoprofil des Einzelnen besser reflektieren.
Mit einem internen Modell werden in erster Linie größere Gesellschaften arbeiten. Kleine Versicherungen werden hingegen zumeist auf das Standardmodell zurückgreifen. Aus Gesprächen mit deutschen Versicherungen, die unabhängig von der Studie geführt wurden, berichtet Biermann: „Perspektivisch wollen vor allem große und mittelgroße Versicherungen ein internes Modell nutzen. Einige werden aber zunächst mit dem Standardmodell arbeiten und erst später gegebenenfalls ein internes Modell entwickeln.“ Laut einer Untersuchung des Assekuranzdienstleisters PPI, in der im Frühjahr 2011 über 100 Mitarbeiter der ersten und zweiten Führungsebene in Versicherungsunternehmen aus Risikomanagement, Controlling und Revision befragt wurden, will ein Drittel der Versicherungen ein internes Modell nutzen.
Europas Versicherungen haben noch einige Hausaufgaben zu erledigen, wenn sie am 1. Januar 2014 für Solvency II startklar sein wollen. Das hat die Umfrage von BNP Paribas und Inte-Delta deutlich gezeigt. Dennoch ist Biermann recht optimistisch, dass es den Versicherungen gelingen wird, die derzeit bestehenden Lücken in den drei Säulen bis zum Start zwei Jahren zu schließen. „Niemand sieht Solvency II fahrlässig. Man weiß um die Komplexität“, so Biermann.
portfolio international update 18.01.2012/kbe/gcu
Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Recht, Steuer & IT
18. Januar 2012

Versicherer sind noch längst nicht für Solvency II gewappnet

Laut einer Umfrage von BNP Paribas werden vor allem die Anforderungen zu den Berichtspflichten noch nicht erfüllt. Die Mehrheit strebt ein (semi)-internes Modell an.

Europas Versicherungen haben noch viel Arbeit vor sich, wenn sie am 1. Januar 2014 für Solvency II startklar sein wollen. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage von BNP Paribas Securities Services und Inte-Delta hervor, für die im Sommer vergangenen Jahres 20 Versicherungen aus fünf europäischen Ländern, darunter Deutschland, befragt wurden. „Von den Versicherungen, mit denen wir gesprochen haben, ist noch keine in der Lage, alle drei Säulen zu erfüllen“, erklärte Ingo Biermann, Head of Sales & Relationship Management bei BNP Paribas Securities Services. Eine pauschale Aussage über den genauen Stand der Dinge lasse sich jedoch nicht treffen. Zu unterschiedlich seien die Entwicklungsstufen, auf denen sich die einzelnen Gesellschaften befinden.      
Wie aus der Studie zu entnehmen ist, hinken die Versicherungen insbesondere mit den Vorbereitungen auf Säule III zu den Berichtspflichten hinterher. So haben 30 Prozent der Befragten in Sachen Reporting noch nichts unternommen, weitere 30 Prozent befinden sich zumindest in der ersten Planungs- und Datenanalyse-Phase. „Voll produktionsfähig ist aber noch keine der befragten Versicherungen“, führte Biermann aus. Ein Grund für die Zurückhaltung bei den Vorbereitungen auf Säule III sei, dass man in diesem Bereich noch mit Änderungen rechne. Hinzu kommt, dass das Reporting der abschließende Prozess im gesamten Solvency-II-Prozess ist.  
Größte  Herausforderung: Datenmanagement 
Der Studie zufolge halten die meisten Versicherungen die Anforderung zu den Berichtspflichten für klar verständlich und einfach lieferbar, da diese überwiegend aus den Daten und Analysen der Säule I und II zu extrahieren sind. Doch auch mit ihren Vorbereitungen auf Säule I sind die meisten Versicherungen noch nicht fertig, wenngleich sich 95 Prozent der befragten Institute im Hinblick auf die neuen Kapitalanforderungen bereits gut vorbereitet fühlen. „Versicherungen haben ihren Schwerpunkt bisher auf Säule I gelegt, trotzdem ist auch hier noch einiges zu tun, zum Beispiel müssen die Daten von der Passiv- und Aktivseite zusammengeführt werden“, erläuterte Biermann. „Die Herausforderung liegt im Datenmanagement und der Datenpflege, vor allem in der zeitnahen Ermittlung, Konsolidierung und Harmonisierung der Daten, die die Basis für Säule III sind“, führte er weiter aus. 
Das Datenmanagement dürfte sich insbesondere an den Stellen schwierig gestalten, an denen man auf die Datenlieferung externer Dritter angewiesen ist. „Die Versicherungsgesellschaften haben viele Daten inhouse, aber gerade bei Daten zu Fonds besteht eine hohe Abhängigkeit von Asset Managern“, so der BNP-Paribas-Mann. Dieser Abhängigkeit sind sich die Versicherungen sehr wohl bewusst. Mehr als die Hälfte der Befragten gab in der Umfrage an, bei in hohem Maße von externen Anbietern abhängig zu sein. Mit 80 Prozent nennt die große Mehrheit vor allem Fondsmanager als externe Datenquelle, wobei 45 Prozent genau dies äußerst kritisch sehen. „Man ist sich der Abhängigkeit von Asset Managern bewusst. Allerdings wird  unterschätzt, wie aufwendig und komplex das Datenmanagement wirklich ist“, so Biermann.   
In Säule II sehen sich Versicherer gut aufgestellt
Laut der BNP-Paribas-Umfrage verstehen Versicherungen die Säule II als eine Weiterentwicklung ihres existierenden Risikomanagementsystems, nur mit einer höheren Frequenz und Granularität. Laut Biermann sehen sich die Versicherungen hier bereits gut aufgestellt. Allerdings: Mit 75 Prozent ist die Mehrheit der Befragten derzeit nicht in der Lage, ein umfassendes ORSA (Own Risk and Solvency Assessment), wie es Solvency II fordert, zu liefern. Zwar haben 60 Prozent der Befragten bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen, bei 15 Prozent ist indes noch nichts passiert. Lediglich 25 Prozent sind bereits dabei, ihre erste Version zu ORSA zu verfeinern und in ihre Geschäftsstrategie zu integrieren.
Aus der Studie geht weiter hervor, dass die große Mehrheit der befragten Versicherungen die Genehmigung eines internen oder semi-internen Modells anstrebt. Als wichtigster und häufigster Grund hierfür wird von 95 Prozent die Kapitaleffizienz genannt. Interne Modelle würden die individuelle Geschäftsstrategie und das Risikoprofil des Einzelnen besser reflektieren. 
Mit einem internen Modell werden in erster Linie größere Gesellschaften arbeiten. Kleine Versicherungen werden hingegen zumeist auf das Standardmodell zurückgreifen. Aus Gesprächen mit deutschen Versicherungen, die unabhängig von der Studie geführt wurden, berichtet Biermann: „Perspektivisch wollen vor allem große und mittelgroße Versicherungen ein internes Modell nutzen. Einige werden aber zunächst mit dem Standardmodell arbeiten und erst später gegebenenfalls ein internes Modell entwickeln.“ Laut einer Untersuchung des Assekuranzdienstleisters PPI, in der im Frühjahr 2011 über 100 Mitarbeiter der ersten und zweiten Führungsebene in Versicherungsunternehmen aus Risikomanagement, Controlling und Revision befragt wurden, will ein Drittel der Versicherungen ein internes Modell nutzen. 
Europas Versicherungen haben noch einige Hausaufgaben zu erledigen, wenn sie am 1. Januar 2014 für Solvency II startklar sein wollen. Das hat die Umfrage von BNP Paribas und Inte-Delta deutlich gezeigt. Dennoch ist Biermann recht optimistisch, dass es den Versicherungen gelingen wird, die derzeit bestehenden Lücken in den drei Säulen bis zum Start zwei Jahren zu schließen. „Niemand sieht Solvency II fahrlässig. Man weiß um die Komplexität“, so Biermann. 
portfolio institutionell newsflash 18.01.2012/kbe
Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert