Unternehmensanleihen: Es mangelt an Liquidität
Was früher nur einen Nachmittag dauerte, kann heute einen Monat in Anspruch nehmen. Die Liquidität von Unternehmensanleihen ist deutlich zurückgegangen. So manche Anleihe wird dadurch zum Liebhaberstück, wie auch der Talanx-Rentenexperte Christophe Frisch weiß.
Investoren brauchen liquide Märkte, um flexibel auf sich ändernde Marktbedingungen reagieren zu können. Gerade bei Unternehmensanleihen war es damit in letzter Zeit allerdings nicht gut bestellt. So manch Investor musste schon die bittere Erfahrung machen, dass er eine ungeliebte Position im Rentenportfolio nur schwer wieder losgeworden ist. „War es früher für US-Kreditanleihen möglich, an einem Nachmittag eine größere Position zu liquidieren, so braucht man heute einen Monat“, erklärt Christina Böck, Head of Investment Solutions bei Axa Investment Managers in der Schweiz.
Das Problem sind die international schärferen Kapitalregeln für Banken, die als Market-Maker nun nicht mehr die ihnen angebotenen Positionen auf die eigenen Bücher nehmen können. „In der Konsequenz können die Banken einem Kunden ein Papier nur noch abnehmen, wenn sie auf der anderen Seite schon wieder einen neuen Käufer dafür gefunden haben. Und das kann dauern“, sagt Böck. Die statistischen Zahlen der Federal Reserve von New York untermauern ihre Aussage. So halten die Handelshäuser in den USA heute nur noch rund 56 Milliarden Dollar an Unternehmensanleihen, im Jahr 2007 waren es etwa 235 Milliarden Dollar. Während die von Emissionshäusern gehaltenen Positionen deutlich abgenommen haben, hat sich die Kapitalisierung des Marktes in derselben Zeit fast verdoppelt. „Das Neuemissionsgeschäft boomt weltweit, und das Kreditvolumen bei den Unternehmensanleihen nimmt stetig zu“, schreibt Markus Taubert, Leiter des institutionellen Geschäfts bei Blackrock in Deutschland und Österreich, in einem Gastbeitrag für portfolio (August-Heft 2013). Allein in den USA habe sich das Volumen ausstehender Papiere im Investment-Grade-Segment seit 2000 mehr als verdoppelt und stieg auf über 5,5 Billionen Dollar.
Liebhaberstücke im Rentenportfolio
Wenn die Banken also die Papiere nicht mehr abkaufen und auf die eigenen Bücher nehmen und somit der Verkauf deutlich länger dauert als früher, kann das für den Investor zu einem echten Problem werden. Denn in dieser Zeit stehen die Märkte nicht still. Im Gegenteil, wie Böck anmerkt: „Während dieser Frist bewegen sich die Märkte weiter und schneller als bisher.“ Als Konsequenz für das Portfoliomanagement sieht die Axa-Frau folgende Möglichkeit: „Diese schlechteren Liquiditätsbedingungen müssen viel expliziter als in der Vergangenheit eingeplant werden. Das kann heißen, strukturell eine größere Position in Cash zu halten, aber man sollte auch bereit sein, verstärkt mit Derivaten abzusichern, wenn der Verkauf der zugrundeliegenden Papiere nicht sofort gelingen kann.“ Auch Christophe Frisch, Head of Fixed Income bei der Talanx, kam in seinem Vortrag auf den portfolio masters auf die nicht immer vorhandene Liquidität bei Anleihen zu sprechen. Er rät insbesondere bei Nachranganleihen zur Vorsicht. „Wenn Sie einen Fehler machen, kriegen sie die Anleihe nicht verkauft. Dann haben Sie ein Liebhaberstück. Denn die Liquidität kommt nicht zurück“, so Frisch auf den portfolio masters Mitte September. Wenn sich Anleger dennoch für Investments in Nachranganleihen entscheiden, sollten sie nach Frischs Ansicht Papiere von Unternehmen wählen, die in der Vergangenheit ihre Papiere bedient haben.
Für Böck steht fest, dass man sich langfristig Gedanken über die Struktur der Anleihenmärkte an sich Gedanken machen sollte. Handelsplattformen vergleichbar den Aktienmärkten hält sie aufgrund der großen Anzahl verschiedener Anleihen eines einzigen Emittenten aus heutiger Sicht für illusorisch. Etwas positiver ist hier die Sicht des Blackrock-Mannes Taubert. Seines Erachtens tun die Börsen viel, um die Liquidität am Sekundärmarkt zu fördern. Dies zeige auch ein Blick auf die Regelwerke der deutschen Handelsplätze, welche die Ausstattung von Anleihen weitgehend standardisieren. Die Kupons sind in der Regel fest, die Stückelungen laufen durchgehend auf 1.000 Euro, die Anleihen sind regulär erstrangig besichert, und auch die weiteren wesentlichen Merkmale stimmen an den Anleiheplattformen in Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf überein. Weitgehend einheitliche Transparenzvorschriften bei der Emission, wie zum Beispiel das Vorhandensein eines Ratings, machen laut Taubert Anleihen vergleichbar und fördern damit ihre Liquidität. Dies gilt auch für die Folgepflichten, die an allen drei genannten Börsen unter anderem eine Quasi-ad-hoc-Pflicht umfassen, aber auch weitere Transparenzstandards setzen.
„Diese Bemühungen sind ein Schritt in die richtige Richtung“, so Taubert. Doch die Realität zeige, dass sie nicht weit genug gehen. Über die Ausstattungs- und Transparenzregeln der Börsen hinaus besteht ein erhebliches Potenzial an weiterer Standardisierung. Für Taubert steht fest: „Dies zu heben, könnte die Ursachen eingeschränkter Handelbarkeit begrenzen oder gar eliminieren und die Liquidität am Unternehmensanleihenmarkt erheblich verbessern.“ Als Vorbild könnte der Markt für Staatsanleihen dienen, wo es bereits vielfach üblich ist, dass Emissionstermine, -volumina und vor allem Fälligkeiten vereinheitlicht sind. Zudem wäre es hilfreich, die Emissionstätigkeit einzugrenzen und stattdessen stärker als bislang die Möglichkeit zu nutzen, bestehende Emissionen aufzustocken.
portfolio institutionell newsflash 07.10.2013/Kerstin Bendix
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