Versicherungen
30. Januar 2013
Überschussbeteiligung rutscht weiter ab
Die Kunden der Lebensversicherer bekommen in diesem Jahr so wenig Zinsgewinne gutgeschrieben wie nie zuvor. Dies geht aus einer Studie der Assekurata hervor. Die vieldiskutierte Beteiligung abtrünniger Versicherungskunden an den derzeit üppigen Bewertungsreserven verharrt im Vermittlungsausschuss.
Die jüngste Analyse zur Gewinnbeteiligung der deutschen Lebensversicherer steht unter der Überschrift „Die Überschussbeteiligung in Bedrängnis – Auswirkungen politischer Zinsen auf das Vorsorgesparen“. Bereits zum elften Mal in Folge hat die Assekuranz-Rating-Agentur Assekurata diese umfassende Erhebung aller Überschusskomponenten erarbeitet, an der zuletzt 69 Anbieter mit einem Marktanteil von rund 94 Prozent teilgenommen haben. Insofern kann die Studie als repräsentativ für den hiesigen Markt betrachtet werden. Stichtag war der 31. Oktober 2012.
„Die Lebensversicherer und ihre Kunden leiden unter der Kapitalmarktsituation, die durch politische Zinsen geprägt ist“, stellte Dr. Reiner Will, Geschäftsführer der Assekurata Assekuranz-Rating-Agentur vor Journalisten in Köln fest. Deutliche Indikatoren für eine Trendumkehr seien nicht erkennbar. „Die Kunden müssen daher weiterhin mit niedrigen Gewinnbeteiligungen beziehungsweise sogar noch weiter sinkenden Renditen rechnen“, so Will mit Blick auf die inzwischen erforderliche Bildung sogenannter Zinszusatzreserven, für die wiederum Mittel benötigt werden.
Laufende Verzinsung sackt zusammen
Wie der Studie zu entnehmen ist, sinkt die laufende Verzinsung von Lebens- und Rentenversicherungen – für die Branche ein wichtiger Referenzwert – auch in diesem Jahr weiter deutlich. Von den betrachteten Unternehmen haben nicht weniger als 58 ihre laufende Verzinsung, die sich aus dem individuell festgeschriebenen Garantiezins plus jährlichen Zinsgutschriften zusammensetzt, für 2013 gegenüber dem Vorjahr gesenkt. Kein Unternehmen hat sie angehoben. In der privaten Rentenversicherung, der im Neugeschäft bedeutendsten Versicherungsart, wird im Durchschnitt eine laufende Verzinsung von nur noch 3,61 Prozent gewährt. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 3,91 Prozent.
Über alle Tarifarten und die sogenannten Tarifgenerationen hinweg sank die laufende Verzinsung, die nach erfolgter Gutschrift für die Zukunft garantiert ist und Zinseszinsen abwirft, im Marktdurchschnitt um 24 Basispunkte auf 3,68 Prozent. Bei diesem Zahlenwert handelt es sich um das arithmetische Mittel der in diesem Jahr teilnehmenden Gesellschaften. Das gewichtete Mittel ging dagegen um 25 Basispunkte auf 3,65 Prozent zurück.
Was die Gesamtverzinsung bei angenommenen Bewertungsreserven in Höhe von null betrifft, bei der neben der laufenden Verzinsung noch eine Reihe von endfällig zu leistenden Posten berücksichtigt wird, kam es zu einem branchenweiten Rückgang um 32 Basispunkte. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Rückgang mehr als verdoppelt. Für einen Mustervertrag einer privaten Rentenversicherung, wie ihn Assekurata zu Vergleichszwecken heranzieht, sank die Gesamtverzinsung demnach auf 4,24 Prozent.
Der vergleichsweise hohe Rückgang bei den deklarierten Überschüssen kann allerdings durch einen Anstieg der endfällig bestimmten Zuteilung an den Bewertungsreserven kompensiert werden. Hier tritt laut Assekurata die Fehlsteuerung bei der Beteiligung der Versicherten von Bewertungsreserven auf festverzinsliche Wertpapiere deutlich zutage: Als Folge der Niedrigzinsen geht die laufende Verzinsung aller Bestandskunden zurück und zugleich werden ablaufende Verträge begünstigt. Eine gesetzliche Änderung dieses Sachverhalts befindet sich derzeit auf Bundesebene im Vermittlungsausschuss.
Im Voraus deklarierte Schlusszahlung
Wie Assekurata herausgefunden hat, setzt sich der seit 2010 zu verzeichnende Trend einer stärkeren Betonung der endfälligen Gewinnbeteiligungskomponenten auch in diesem Jahr fort. So erhöht sich für einen Mustervertrag einer privaten Rentenversicherung der Anteil des Schlussüberschusses an der Gesamtverzinsung bei angenommenen Bewertungsreserven von null von 14,35 auf 15,05 Prozent. Insgesamt haben die Bewertungsreserven im Markt infolge der Niedrigzinsphase gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen, heißt es bei Assekurata.
Interessant ist auch die Erkenntnis, dass knapp zwei Drittel der Verpflichtungen deutscher Lebensversicherer mit einem garantierten Zins von mindestens drei Prozent bedient werden müssen. Neuverträge mit dem Rechnungszins von nur noch 1,75 Prozent machen derzeit einen Anteil an den Gesamtverpflichtungen von weniger als zwei Prozent aus. Die durchschnittliche Garantiezinsanforderung der Bestände liegt aktuell bei 3,15 Prozent, wobei der Rückgang zum Vorjahr mit acht Basispunkten nach Darstellung der Kölner Assekurata erneut relativ deutlich ausfällt. Und: Der Bestandteil der Tarifgeneration mit einem Rechnungszins von 3,50 Prozent überwiegt geringfügig denjenigen der Generation mit vier Prozent.
Zinszusatzreserve bestücken
Infolge des anhaltend niedrigen Zinsniveaus mussten Lebensversicherer auch 2012 eine zusätzliche Nachreservierung bestimmter Verträge zulasten des Rohüberschusses vornehmen, die in ihrem Umfang deutlich über dem des Vorjahres liegt. Bei der Zinszusatzreserve handelt es sich um eine zusätzliche Rückstellung mit der gewährleistet werden soll, dass die Leistungsversprechen gegenüber den Kunden frühzeitig gesichert werden. Erneuter Nachreservierungsbedarf entstand konkret, weil der für die Ermittlung der Deckungsrückstellung zu berücksichtigende Referenzzinssatz zuletzt auf 3,65 Prozent (im Vorjahr 3,92 Prozent) abgerutscht ist. Demnach sind bei der Nachreservierung alle Altverträge mit einem Garantiezins von vier Prozent betroffen.
Im Marktdurchschnitt liegt die allein im vergangenen Jahr gebildete Zinszusatzreserve im Verhältnis zur konventionellen Deckungsrückstellung bei 0,74 Prozent (0,22 Prozent im Jahr zuvor). Als absoluter Wert entspricht dies branchenweit einem Nachreservierungsvolumen von nicht weniger als fünf Milliarden Euro. 2012 mussten Lebensversicherer für die besagten Altverträge mit einem Garantiezins von vier Prozent noch 1,5 Milliarden Euro nachreservieren. Laut Assekurata plausibilisiert der gestiegene Aufwand für die Nachreservierung den deutlichen Rückgang in der laufenden Verzinsung.
In ihrer Studie weist die Rating-Gesellschaft darauf hin, dass die Finanzierung der Zinszusatzreserve die Unternehmen vor Herausforderungen stellt. Schließlich geht der erforderliche Aufwand zulasten der Erfolgsrechnung. Für die Zukunft sei weiterer Nachreservierungsbedarf absehbar, der sich ergebnismindernd auswirkt. Sollte sich der Zinsrückgang fortsetzen, wären als Nächstes nämlich auch Nachreservierungen für jene Altverträge fällig, deren Garantiezins bei 3,5 Prozent liegt.
Hintergrund: Der garantierte Rechnungszins wird von den Versicherungsunternehmen pro Vertrag mit dem Zehnjahresmittel der Renditen zehnjähriger Euro-Staatsanleihen höchster Bonität verglichen. Liegt dieser Vergleichszins unter dem Rechnungszins, ist für die Berechnung der Deckungsrückstellung für die nächsten 15 Jahre der niedrigere Zins anzusetzen. Um eine Einschätzung darüber zu treffen, wie sich die Zinszusatzreserve weiter entwickelt, hat Assekurata mittels einer Referenzzinssimulation den Zeitreihenwert aus dem Jahr 2012 in die Zukunft fortgeschrieben. Unter dieser Annahme würde der Referenzzins im Jahr 2013 mit 3,45 Prozent erstmalig die 3,50-Prozent-Marke unterschreiten.
Hintergrund: Der garantierte Rechnungszins wird von den Versicherungsunternehmen pro Vertrag mit dem Zehnjahresmittel der Renditen zehnjähriger Euro-Staatsanleihen höchster Bonität verglichen. Liegt dieser Vergleichszins unter dem Rechnungszins, ist für die Berechnung der Deckungsrückstellung für die nächsten 15 Jahre der niedrigere Zins anzusetzen. Um eine Einschätzung darüber zu treffen, wie sich die Zinszusatzreserve weiter entwickelt, hat Assekurata mittels einer Referenzzinssimulation den Zeitreihenwert aus dem Jahr 2012 in die Zukunft fortgeschrieben. Unter dieser Annahme würde der Referenzzins im Jahr 2013 mit 3,45 Prozent erstmalig die 3,50-Prozent-Marke unterschreiten.
portfolio institutionell newsflash 28.01.2013/tbü
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