Alternative Anlagen
14. September 2016

Summit II: Erwartungsmanagement für Liquid Alternatives

In der institutionellen Kapitalanlage spricht man immer häufiger über „Liquid Alternatives“. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter? Definitionsversuche wurden beim portfolio institutionell Summit Anfang Juli in Hamburg angestellt.

Den Auftakt der Vortragsreihe machte Frank Umlauf vom ­Beratungshaus Tajdo Consulting in Frankfurt am Main. Er war es auch, der die Veranstaltung schwungvoll moderierte. Während seiner ­Präsentation unter der Überschrift „Liquid Alternatives – zwischen falschen Erwartungen und sinnvollen Sub-Strategien“ ging Umlauf auf die Investmentlandschaft ein, in der wir uns heute befinden. ­Dazu beschrieb er zunächst ein exemplarisches Kernportfolio aus 80 Prozent Staats­anleihen und 20 Prozent Aktien. Er kam zu dem Fazit, dass man als Anleger selbst bei länger laufenden Staatsanleihen in den nächsten zehn Jahren im Schnitt pro Jahr nicht mit mehr als 0,5 Prozent Rendite rechnen könne. Wobei die Volatilität mit rund vier Prozent ­äußerst moderat ausfällt. Am Aktienmarkt hingegen liegen die derzeitigen langfristigen Return-Erwartungen gemäß des Shiller-KGV bei geschätzten drei Prozent und einer Volatilität von 18 Prozent.
Auf Portfolioebene resultiere daraus eine erwartete Rendite von ­einem Prozent per annum. Doch wie soll man davon leben können?, fragte ein ­Besucher, ohne ernsthaft eine Antwort zu erwarten. Viel interessanter: Sollten sich die historisch betrachteten Korrelationen zwischen Anleihen und Aktien in der Zukunft verschieben oder gar auflösen, sei mit deutlicheren Portfolioabschwüngen als bisher beobachtet zu rechnen – mit den entsprechenden Auswirkungen im Risikobereich, warnte der Moderator und verwies auf Studien des ­McKinsey Research­ Institute vom Mai dieses Jahres. Dort geht man davon aus, dass die Renditen in den kommenden 20 Jahren im Schnitt um zwei bis vier Prozent tiefer liegen werden als bislang.

Zur Einordnung von „Absolute Return“ und „Liquid Alternatives“ griff Frank Umlauf plakativ auf eine Art Periodensystem zurück, wie man das vom Chemieunterricht her vielleicht noch kennt. Im Zentrum seiner Überlegungen standen die Diversifizierer abseits der Risiko­prämien, die sich aus den Anlageklassen Aktien, Credits und Rohstoffen ergeben. Der Reihe nach gemeint sind damit Bonds, Absolute Return (­Liquid Alternatives) und illiquide Alternativen. Um die Materie noch besser einzuordnen, sei noch diese Anmerkung gemacht: Absolute Return­ ist nach Auffassung Umlaufs keine eigene Asset-Klasse. Denn es basiert nicht auf einer Risikoprämie.(Weitere Impressionen sowie Präsentationen der Veranstaltung finden Sie hier)

Elf Freunde sollt ihr sein
Beim Blick auf ein bereits gut diversifiziertes Portfolio könnte man Liquid Alternatives als eine Art Ersatzspieler beim Fußball begreifen, der auf seinen Einsatz wartet und auf einen Posten als Stammspieler hofft. Aber können Liquid-Alternatives-Strategien den ihnen zugedachten Posten als Innenverteidiger in Ergänzung zu bestehenden Bonds im Portfolio einnehmen?, fragte Umlauf in die Runde. ­Klare Antwort: Bedingt! „Wenn man etwas Komplementäres und ­Unkorrelliertes schaffen möchte, können dafür einige Strategien sehr hilfreich sein.“ Doch Vorsicht, mahnte der Consultant: Die Absolute-Return-Strategien haben im Aggregat ein Profil, das einem Short-Put entspricht.
Das bedeutet, sie sind Volatilität „short“, was sie anfällig in Krisenphasen macht, wenn die Volatilität nach oben schießt. Um beim Fußball zu bleiben: Es kommt auf die Zusammenstellung des Teams an; niemand würde auf die Idee kommen, elf Stürmer gleichzeitig einzusetzen. Bei Absolute Return ist das ähnlich. Unter den vielfältigen Absolute-Return-Ansätzen sind die Strategien „CTA“ und „Macro“ in Stressphasen vergleichsweise gering korreliert mit Aktien und Renten. Gleiches gelte für marktneutrale Strategien. Sie sind sozusagen die Abwehrspezialisten auf dem Feld. Alle anderen Ansätze wiederum wiesen erhöhte Korrelationen insbesondere zum Aktienuniversum auf. Das ist auch der Grund, weshalb Umlauf in seinem Vortrag stärker auf Commodity Trading Advisors (CTAs) respektive systematische Trendfolger und marktneutrale Strategien zu sprechen kam und so die perfekte Überleitung zum zweiten Referenten des Tages ebnete: Antti Ilmanen hat einen ­beruflichen Werdegang, der in der Finanzbranche seinesgleichen sucht. Er ist Portfoliomanager und blickt auf ein Vierteljahrhundert Erfahrung im Finanzsektor zurück. Auch als Wissenschaftler, ­Stratege und Buchautor war Ilmanen bereits tätig. Das Werk „Expected ­Returns“ wurde im Februar 2011 veröffentlicht; nach Angaben geneigter Leser dient es Investoren als „umfangreicher Werkzeugkasten für eine Vielzahl von Investmentmöglichkeiten“.

Das Unternehmen, in dessen Namen Ilmanen referierte, ist AQR Capital Management mit Sitz in Greenwich im US-Bundesstaat ­Connecticut. Ilmanen ist dort einer der Partner und leitet die AQR Portfolio Solutions Group. Der Firmenzweig berät institutionelle ­Investoren und Staatsfonds und entwickelt die Investmentideen dieses Anbieters, der zuletzt rund 153,6 Milliarden Dollar an Assets ­under Management (Stand 31. März 2016) in einer ganzen Reihe von Aktien- und alternativen Strategien und Ansätzen vorweisen konnte. AQR ­positioniert sich selbstbewusst an der Schnittstelle „zwischen der ­Finanztheorie und deren praktischer Anwendung“. (Weitere Impressionen sowie Präsentationen der Veranstaltung finden Sie hier)

Liquide Instrumente gefragt
Auf dem Summit sprach der gebürtige Finne über die Facetten, die sich aus der Nutzung von Managed Futures beziehungsweise aus Trendfolgesignalen ableiten lassen. Man spricht hier auch vom „Momentum von Zeitreihen“. Unter dem Oberbegriff Managed-Futures-Strategien wiederum verbergen sich Ansätze, bei denen Futures und Forwards eingesetzt werden, um von steigenden sowie fallenden Märkten zu profitieren. Investiert wird demnach nicht direkt und auch nicht indirekt über Fonds in Aktien, festverzinsliche Wertpapiere,­ Rohstoffe oder Währungen, sondern man adressiert diese Märkte über besonders liquide Termingeschäfte.
Nach Einschätzung Ilmanens werden entsprechende Handelsaktivitäten auf der Grundlage von Trendfolgesignalen eingegangen; ein nicht unerheblicher Vorteil: In der Vergangenheit war der lineare Zusammenhang zwischen ­Managed Futures und traditionellen Märkten langfristig vergleichsweise niedrig. Konkreter: Managed Futures weisen nach Ilmanens Angaben in aufwärts gerichteten Märkten eine positive Korrelation zu den traditionellen Märkten auf, was durchaus sinnvoll für den Investor ist, da er am Aufschwung partizipiert. In fallenden Märkten sei die Korrelation dagegen eher negativ; auch das ist aus Investorensicht ein interessanter Aspekt. Managed-Futures-Ansätze weisen in der Vergangenheitsbetrachtung (Backtests) ein konvexes Zahlungsprofil im Vergleich mit dem US-Aktienmarkt und auch zu US-Renten auf. ­Insofern sollte man darüber nachdenken, bestehende Aktienanlagen um Trendfolger zu ergänzen.

Im Anschluss daran referierte Dr. Philip Seager, Head of Institutional Systematic Strategies bei Capital Fund Management (CFM), über das Thema „Equity Factor Investing“. CFM verfügt über eine 25-­jährige Historie in der Anwendung akademischer, quantitativer Verfahren – erst im Bereich Research, später in der Implementierung eines erfolgreichen Absolute-Return-Programms. Kapazitätsbeschränkt, unkorrelliert und auf immer neuen Innovationen aufbauend soll dieses Programm­ die Leistungsfähigkeit von CFM in der Generierung von Alpha-Renditen repräsentieren.
In Hamburg erörterte Seager zunächst Fragen zur Diversifikation, von der es heißt, sie sei der einzige Free Lunch im Portfoliomanagement. Für Philip Seager sind beispielsweise­ aktienmarktneutrale Strategien eine Quelle zur Diversifikation. Der Nutzen, der sich aus einer verbesserten Diversifikation mit Hilfe unkorrelierter Anlagen ergibt, dürfte jedem klar sein: Die Eigenschaften eines Portfolios verbessern sich; die Volatilität sinkt, wodurch die Sharpe Ratio optimiert wird. Der Fachmann von CFM verwies auch auf eine Reihe eigener Untersuchungen, die sich mit Renditefaktoren auseinandersetzen. Dazu schnitt Seager den Low-Volatility-­Effekt an sowie das Ausnutzen unterschiedlicher Risiko­prämien. Weiterhin erörterte er Trendfolgeansätze und Überrenditen, die sich aus Investitionen in „Qualitätsaktien“ ergeben können.

Aufgrund der Kapazitätsbeschränkungen sowie der immer kritischeren Anforderungen von Investoren hinsichtlich der Management Fee und Performance-Erwartung entschied sich CFM im Jahr 2012 für die Entwicklung eines neuen Programms. Dieses berge die gleichen Markenzeichen und die gleiche DNA des firmeneigenen quantitativen Ansatzes, sei jedoch weniger komplex, leicht korreliert und bezogen auf den erwarteten Return günstiger gepreist.
Der im Jahr 2014 lancierte Institutional Systematic Diversified (ISD) Fonds verwaltet heute circa 1,2 Milliarden Dollar. Gemeinsam mit dem Partner Rothschild & Co. wird ein täglich handelbarer Ucits-Fonds auf diese Strategie angeboten (R CFM Div. Fonds). In der Strategie werden drei ­Alternative-Beta-Strategien kombiniert: langfristige Trendfolger mit Hilfe von Futures; Risikoprämienstrategien via Carry Trades und ­Volatilitätsprämien sowie eine globale aktienmarktneutrale Strategie mit den Faktoren Quality, Momentum und Value. Jede der Sub-Strategien beinhaltet eine statistisch robuste Sharpe Ratio von größer als 0,4. Aufgrund der geringen Korrelation der Sub-Strategien zueinander kann der Diversifikationseffekt voll ausgeschöpft werden. Dadurch wird die Volatilität entsprechend reduziert. In Summe entsteht ein ­robustes Portfolio mit einer langfristigen Sharpe Ratio von 0,8, das unkorreliert zu traditionellen Anlageklassen ist.

Den vierten Vortrag beim portfolio institutionell Summit hielt Chris Bowie aus dem Hause Twenty Four Asset Management. Dabei handelt es sich um eine Boutique der in Zürich beheimateten Vontobel Asset Management. Der Zweig wurde 2008 gegründet. Derzeit verwaltet Twenty Four Asset Management Vermögenswerte im Umfang von rund 8,1 Milliarden Euro (Stichtag 31. Mai 2016). Die Boutique arbeitet in drei Teams, wobei man sich auf Anlagen im Bereich „Unconstraint“, „ABS“ und „Outcome Driven“ fokussiert. Twenty Four Asset Management verwaltet mit seinen Fixed-Income-Konzepten insgesamt neun Fonds und 14 institutionelle Mandate.
Im Zentrum dieser Präsentation stand ein Credit-Fonds, den Chris Bowie im Bereich Absolute Return ansiedelt und als Liquid Alternative verstanden haben möchte. Die Ausgangsidee sieht so aus: Twenty Four ist ­daran interessiert, stabile, wiederkehrende und insbesondere attrak­tive Renditen mit sehr geringer Volatilität zu erwirtschaften. Was sich einfach daher sagen lässt, ist nach Einschätzung Bowies nur mit verstärktem Einsatz zu erreichen. Schließlich muss die Zielrendite auch nach Abzug der Gebühren für die Investoren ein attraktives, um nicht zu sagen auskömmliches Niveau erreichen. Außerdem sollte das ­Anlageuniversum liquide und die Strategie aufnahmefähig für viele 100 Millionen Euro sein.

Absolute Renditen mit Long-only-Ansatz
Twenty Four Asset Management verfolgt – und das ist sehr ungewöhnlich – mit seinem Absolute Return Credit Fund ein Long-only-Konzept; dabei zeichnet sich nach landläufiger Meinung ein Absolute-Return-Ansatz doch gerade dadurch aus, dass das Fondsmanagement long und short gehen kann. Außerdem verzichte Twenty Four auf „komplizierte derivative Overlays“, wie Bowie formulierte. Auf Fonds­ebene strebe man eine erwartete Volatilität von weniger als drei Prozent an! Zum Vergleich: Frank Umlauf prognostiziert Anleihen zu ­Beginn des Summit eine Volatilität von um die vier Prozent. Die Zielrendite nach Kosten wiederum verortete Chris Bowie beim Drei­monats-Euribor plus 250 Basispunkte, wobei keine Performance Fee verlangt werde. Der Ansatz sei nicht auf kleine Anlagesummen ­begrenzt, vielmehr gehe er mit einer großen Kapazität einher.

Das Kernportfolio enthält aktiv verwaltete Investment-Grade Bonds mit einer Restlaufzeit von maximal fünf Jahren. Hinzu kommen High-Yield-Anleihen und ABS, die man anhand eines High-Conviction-Ansatzes selektiert. Weiter angereichert wird das Portfolio durch taktische Zins- und Credit-Hedges und Investment-Grade-­Anleihen mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren. Das Port­folio weist folgende Eigenschaften auf: Rund 80 Prozent der Anleihen tragen ein gutes Rating von „BBB“. Drei Viertel der Emittenten des Absolute-Return-Fonds stammen aus Großbritannien und den USA. Die regionale Konzentration begründete Bowie mit den Gegebenheiten im Bereich der Credit Spreads. Sie seien im Vergleich mit Euro-Anleihen deutlich besser. Festzuhalten bleibt: Mit der Strategie konnte das Portfolio in der Vergangenheit in der rollierenden Zwölf­monatsbetrachtung immer positive Erträge erwirtschaften, weswegen es in den Augen Bowies einen Absolute-Return-Charakter aufweist.

Von Tobias Bürger

portfolio institutionell, Ausgabe 08/2016

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