Sugar Daddy
Permanente Provisorien
Nichts hält ewig, aber nichts hält länger als ein Provisorium. Ein permanentes Provisorium ist der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB. Am Notfall, der anno 2012 eingetreten ist, hat sich aus Sicht der Zentralbank eben nichts geändert. Dass für das Bundesverfassungsgericht der Kauf von Staatsanleihen teils verfassungswidrig ist, tangiert die EZB peripher: „The ECB takes note of today’s judgment by the German Federal Constitutional Court regarding the Public Sector Purchase Programme (PSPP).“
Vom Power Shopping wird sich die EZB kaum abbringen lassen. Längst etabliert sind das Covered Bond Purchase Programme (CBPP), das Asset Backed Securities Purchase Programme (ABSPP), das Public Sector Purchase Programme (PSPP) oder das Corporate Sector Purchase Programme (CSPP). Jüngst kam das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) hinzu – temporär versteht sich. War da vielleicht auf der Pressekonferenz ein Augenzwinkern bei EZB-Präsidentin Christine Lagarde wahrnehmbar?
Berlin kommt mit EPEPP
Da fehlt nur noch eines: ein Equity Pandemic Emergency Purchase Programme (EPEPP)! Diese Lücke hat vor kurzem die Bundesregierung geschlossen. Berlin hat den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) aktiviert und verspricht damit massive Bundeshilfen zum Schutz von Unternehmen und Arbeitsplätzen. Der WSF besteht aus einem Garantierahmen von 400 Milliarden Euro, Krediten zur Refinanzierung von KfW-Krediten von 100 Milliarden Euro und zur Kapitalstärkung von Unternehmen aus Rekapitalisierungsmaßnahmen von ebenfalls 100 Milliarden Euro.
Um diese Maßnahmen finanzieren zu können, so das Bundesfinanzministerium, wird der Bund je nach Bedarf zusätzliche Mittel am Kapitalmarkt aufnehmen. „Der Bund nutzt dafür seinen etablierten und verlässlichen Marktzugang über die Deutsche Finanzagentur.“ Um die Finanzierung muss man sich also keine Sorgen machen. So wie Strom aus der Steckdose kommt, kommt das Geld von der Finanzagentur.
Der Steuerzahler dürfte das WSF-Projekt mit Blick auf das mäßig erfolgreiche VEB Commerzbank eher skeptisch betrachten, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier dagegen über neue Gestaltungsspielräume frohlocken. Er sorgte schon im vergangenen Jahr mit Überlegungen zu strategischen Unternehmensbeteiligungen des Bundes für Aufmerksamkeit. Womöglich will sich der Bundeswirtschaftsminister mit Staatsbeteiligungen auch nur, wie der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil bei Volkswagen, einen Praktikumsplatz im Aufsichtsrat eines Unternehmens sichern. So erhalten dann auch Politiker interessante Einblicke in die Wirtschaft.
Start-up-Sugar-Daddy
Frohlocken darf aber auch die deutsche Start-up-Szene. Deren Lobbyarbeit macht sich bezahlt, es soll Staatsgeld für bedrohte Start-ups in Höhe von zwei Milliarden Euro regnen. Am Ende, so schreibt das Manager Magazin, könnte der Rettungsschirm gar so lukrativ für Risikoinvestoren aus fallen, dass es manchem in der Szene fast peinlich ist. Altmaier sehen die Einflüsterer des Start-up-Verbands laut dem Magazin bereits wie eine Wand hinter sich.
Staatliche Unternehmensbeteiligungen wären ja auch nur provisorisch: „Der Fonds ermöglicht – neben dem bereits beschlossenen KfW-Kreditprogramm – großvolumige Hilfen. Dazu gehören staatliche Bürgschaften genauso wie die Möglichkeit, dass der Staat sich vorübergehend an Unternehmen beteiligt“, so Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Wahrscheinlich so vorübergehend wie beispielsweise bei Bahn, Post oder Telekom. Aber die Einrichtung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds ist zunächst bis Ende 2021 befristet. Zunächst?
No Exit
Wenig Illusionen, dass die EZB ihren Kurs ändert, hat Bernhard Matthes von BKC Asset Management: „Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass die Notenbanken eine nur sehr begrenzte Bereitschaft und Fähigkeit zur Normalisierung der Geldpolitik haben: Die Notstandspolitik wird weit über den Notstand hinaus beibehalten und wird zum schädlichen Dauerzustand.“ Das gleiche dürfte aber auch für Vater Staat gelten.
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