Stiftungen
15. Oktober 2012

Studie: Finanzmanagement gewinnt bei Stiftungen an Bedeutung

Die Finanzkrise hat zu einem Professionalisierungsdruck für die Vermögensanlage von deutschen Stiftungen geführt. Eine aktuelle Studie, die sich mit dem Anlageverhalten der kapitalstärksten Einrichtungen befasst, kommt zu bemerkenswerten Ergebnissen.

Die obere Liga des deutschen Stiftungssektors arbeitet in der Vermögensanlage professionell und mit soliden Führungs- und Entscheidungsstrukturen. So lautet eine der wesentlichen Erkenntnisse der Studie mit dem Titel „Anlageverhalten der kapitalstärksten Stiftungen: Hoch professionell und konservativ“, die das Centrum für soziale Investitionen und Innovationen (CSI) der Universität Heidelberg in Kooperation mit dem Bundesverband Deutscher Stiftungen soeben vorgelegt hat. Im Rahmen der Untersuchung wurde das Anlageverhalten der 200 kapitalstärksten deutschen Stiftungen untersucht. 
Ein Ziel der Analyse bestand darin, die Reaktionen auf die Finanzkrise im Anlageverhalten und in den Organisationsstrukturen zu ermitteln. Daneben haben die Studienautoren hinterfragt, welche Stiftungsgremien überhaupt an den Entscheidungen des Finanzmanagements beteiligt sind und wie die Steuerungs- und Kontrollmechanismen funktionieren, die den Erfolg der jeweiligen Strategie sicherstellen und die Performance von Produkten überwachen. Darüber hinaus galt es herauszufinden, ob Stiftungen eher konservativ anlegen oder sich auf innovative Produkte einlassen.
Wie der Studie zu entnehmen ist, hat mehr als die Hälfte der befragten Stiftungen keine maßgeblichen Veränderungen bei ihrem Anlageverhalten vorgenommen. Sie „vertrauen weiterhin bewährten Strategien und Verfahrensweisen“, wie das Autorenteam um Dr. Volker Then, geschäftsführender Direktor des CSI, konstatiert. 
Gleichwohl investieren die Einrichtungen im sogenannten Dritten Sektor, wie der Stiftungsbereich auch genannt wird, derzeit weniger risikoreich. So gaben 55 Prozent der Stiftungen an, ihr Anlageverhalten im Zuge der Krise angepasst zu haben. Allerdings zeigt die Studie auch, dass unter den 200 kapitalstärksten Stiftungen der Bundesrepublik über 50 Prozent nicht aus eigenen Kräften dazu in der Lage sind, ihr Finanzmanagement so stark zu professionalisieren, dass sie eine eigene Abteilung für die Vermögensverwaltung aufbauen können.
Verbesserungsmaßnahmen im Detail
Bei einem Großteil der untersuchten Stiftungen sind demnach keine hauptamtlichen Spezialisten für die Vermögensverwaltung beschäftigt. Insofern verwundert es nicht, dass fast drei Viertel der Befragten mitteilt, mit externen Beratern zusammenzuarbeiten. 56 Prozent der Stiftungen, die externe Unterstützung nutzen, beziehen die externen Berater sowohl in Bezug auf die Definition der Anlagestrategie als auch in taktische Entscheidungen ein.
Für die Zusammenarbeit mit externen Experten und im Hinblick auf die Formulierung der Anlagestrategie selbst offenbart die Studie Verbesserungschancen vor allem hinsichtlich der Nutzung von Steuerungs- und Kontrollmechanismen. Nach Angaben der Studienautoren besteht im deutschen Stiftungssektor „offenbar ein großes ungenutztes Potenzial, die Verwirklichung des Stiftungszwecks durch Entscheidungen der Vermögensanlage zu unterstützen“. Mit anderen Worten wird dem Thema „Mission Investing“, also der Berücksichtigung sozialer, ökologischer oder ethischer Kriterien im Sinne des Stiftungszwecks, noch zu wenig Platz eingeräumt.
„Mit der Studie schärfen wir das Wissen über den deutschen Stiftungssektor und stellen fest, dass die großen deutschen Stiftungen ihre Vermögensverwaltung mit allen professionellen Mitteln auf Ertragskraft für das Gemeinwohl ausrichten“, betont Then. Der geschäftsführende Direktor des CSI geht allerdings davon aus, dass die Abhängigkeit von externem Rat mit wachsender Komplexität globalisierter Finanzmärkte eher noch zunimmt. Daher komme es in der Stiftungs-Governance vor allem auf Kontrollmechanismen externer Beratung an.
Was die Voraussetzungen und Perspektiven im deutschen Stiftungssektor betrifft, kommt man beim CSI zu unmissverständlichen Erkenntnissen: Während etwa das US-Stiftungsrecht für die Vermögensanlage eine Wachstumsstrategie nahelege, führe das deutsche Recht Stiftungen eher zu einer konservativen, der Werterhaltung verpflichteten Vermögensanlage. Außerdem sei eine Vielzahl der deutschen Stiftungen in ihren Anlagemöglichkeiten Restriktionen unterworfen, zum Beispiel, weil der Stifter bestimmte Kriterien vorgegeben hat. Daher können nicht alle Stiftungen so frei investieren, wie es anderen institutionellen Anlegern möglich ist. Lediglich 36 Prozent der Stiftungen können ohne Anlageeinschränkungen agieren. Wichtigstes Ziel sei der Kapitalerhalt, so die Studienautoren. 
50 Prozent der 200 untersuchten Stiftungen verfügen über weniger als 40 Millionen Euro an Kapital. Das Minimum der Jahresausgaben liegt bei rund 300.000 Euro. Die Studienautoren schließen daraus, dass die kleineren Einrichtungen kaum die Möglichkeit haben, in ein eigenes aktives Vermögensmanagement zu investieren. Eine statistisch gesehen „mittlere“ Stiftung verfüge laut einer Stichprobe über anlagefähiges Kapital in Höhe von 33 Millionen Euro. Die jährlichen Mittel beliefen sich dagegen auf 1,9 Millionen Euro.
portfolio institutionell newsflash 17.10.2012/tbü
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