Immobilien
10. Oktober 2013

Stubenhocker statt Weltenbummler

Die Globalisierung ist allgegenwärtig – nur in den Portfolios von Pensionsfonds nicht unbedingt. Von Nordamerika bis Europa bleiben diese am liebsten zu Hause, zumindest wenn es um ihre
Immobilieninvestments geht. Es lebe der Patriotismus!

Deutsche Investoren werden häuslich. Dringend gesucht sind Wohnungen in westdeutschen Großstädten. Dies hatte im Juni eine Umfrage von portfolio institutionell unter 72 institutionellen An­legern gezeigt. Die Heimatverbundenheit beschränkt sich dabei nicht allein auf Wohnungen, sondern gilt auch für Einzelhandel und Büro. Wer nun glaubt, dass dieser Home Bias typisch deutsch ist, irrt gewaltig. Auch andernorts wird bevorzugt in der Heimat investiert. Das kann gerade bei den als äußerst patriotisch bekannten US-Amerikanern eigentlich auch nicht verwundern. Ein Beispiel gefällig? Der Pensions­fonds für Staatsbedienstete in Kalifornien, Calpers, streut sein Anlagevermögen von rund 257 Milliarden Dollar grundsätzlich breit über den Erdball. So sind fast zehn Milliarden Dollar in Schwellen­länder investiert – am Rande bemerkt, diese verteilen sich auf über 300 Emerging-Market-Investmentfirmen. Im Immobilienportfolio (acht Prozent der Assets) ist man unterdessen weniger weltoffen. Den Hauptteil bildet mit 75 Prozent die sogenannte Basis, die ausschließlich aus Core-Objekten in „high quality US Primary Market locations“ besteht. Der Rest sind taktische Investments, wobei auch diese vielfach in heimatlichen Gefilden gesucht werden. Nur zehn Prozent des Immobilienportfolios sind international ausgerichtet. Die Performance der Calpers-Immobilien kann sich übrigens sehen lassen. Im vergangenen Geschäftsjahr, das am 30. Juni endete, lieferte­ es rund 11,2 Prozent. Henry Jones, Chair des Investment­komitees, gibt sich jedoch­ bescheiden: „Calpers is a long-term investor and we try to not focus too much on one year of performance.”

Auch der Schwesterfonds Calstrs liebt seine Heimat. Das Immobilien­portfolio, das immerhin 13,8 Prozent der Asset Allocation ausmacht, ist fast ausnahmslos in den USA investiert. Mit einem Sprung von der West- an die Ostküste ändert sich am Patriotismus der Amerikaner nichts. So hat beispielsweise auch der 70 Milliarden Dollar­ schwere New Jersey Pension Fund für Polizisten, Feuerwehrmänner und Justizangestellte des Bundesstaates New Jersey einen Home Bias in seinem Immobilienportfolio (5,1 Prozent der Assets).­ Das könnte sich allerdings bald ändern, wenn Tim Walsh, Direktor­ der New Jersey Division of Investment, seinen Worten Taten folgen lässt. „Es gibt bessere Opportunitäten außerhalb der USA, in Richtung China, Indien und Südostasien“, sagte Walsh Anfang Juli gegenüber einem US-Medium. Sein Blick richtet sich nach Übersee, weil er insbesondere die Märkte in Manhattan, Boston und Washington­ für überbewertet hält.

Patriotismus im Land der Mounties

Schweifen wir nun ins nördliche Nachbarland der USA. Auch dort leben echte Patrioten, und zwar in Ontario. Im portfolio Welt­spiegel der vergangenen Ausgabe hatten wir berichtet, dass der Ontario Teacher’s Pension Plan auf der Suche nach stetigen Renditen und Cashflows äußerst kreative und mutige Wege einschlägt. Erinnert sei an die Direkt­investments in drei australische Telekommunikations­unternehmen. Weniger weit von zu Hause weg wagen sich die Lehrer von Ontario mit ihren Immobilien. Getreu dem Motto „zu Hause ist es am schönsten“ besteht das Real-Estate-­Portfolio zu 82 Prozent aus kanadischen Büro- und Einzelhandelsobjekten. Aber nicht nur Ontarios­ Lehrer ticken­ so, auch der staatliche Altersversorger Canada Pension Plan bleibt am liebsten zu Haus. Erst Ende Juni hat der 183 Milliarden Dollar­ schwere­ Pensionsfonds einen Bürokomplex in der Queen Street East in Toronto gekauft, in dem er im Übrigen selbst sitzt. Rund 40 Prozent der Bürofläche ist an „other premier­ long-term tenants“ vermietet. Ebenfalls im Juni diversifizierte­ der Pension­splan sein heimisches Einzelhandelsportfolio in Form eines Joint Ventures­ mit Oxford Properties. Bei dem Deal ging es um ein Shoppingcenter in Quebec City und eine Mall in Newmarket, Ontario.

Von Inselkoller keine Spur

Nun mag man einwenden, dass nordamerikanische Pensionsfonds logischerweise einen Home Bias haben. Schließlich sind ihre Heimatmärkte riesig und bieten entsprechendes Potenzial. Aber nichts da! So einfach ist die Sache nicht. Auch institutionelle Investoren kleinerer Länder bleiben am liebsten zu Haus. Überqueren wir den Atlantischen Ozean und gehen nach Großbritannien. Die halbe Insel stand Kopf, als George Alexander Louis am 22. Juli zur Welt kam. God save the Queen, und natürlich das Royal Baby. Für uns Deutsche, die seit 1918 keine Monarchie mehr kennen, mag der royale Hype­ seltsam anmuten. Aber Engländer lieben ihre Königsfamilie, und diese liebt heimische Immobilien. Der royale Property-Manager „The Crown ­Estate“ ist nur auf der Insel aktiv. Regionale Diversifikation? Weit ­gefehlt. Aber auch britische Pensionsfonds bleiben lieber auf der ­Insel. Der elf Milliarden Pfund schwere Greater Manchester Pension Fund hat über 455 Millionen Pfund ausnahmslos in britische Objekte­ – vorzugsweise Retail – investiert. Dieselbe Strategie fährt der Universities Superannuation Scheme (34 Milliarden Pfund). „The ­majority of the assets are located in the UK“, lässt Chairman Sir Martin­ Harris im Jahresbericht wissen. Das Immobilienportfolio hat mit 2,5 Milliarden Pfund übrigens eine beachtliche Größe. Doch: Size doesn’t matter! Das beweist der vergleichsweise kleine Pensionsfonds von London Borough of Croydon (600 Millionen Britische Pfund). Natürlich­ gehören auch bei ihm britische Immobilien zum Portfolio. Diese finden sich in einem speziellen UK-Fonds, der von Schroders gemanagt wird. Anders sieht es hingegen im zweiten Immobilienfonds aus, den Henderson betreut. „Henderson have surrendered the UK portion of their property mandate“, steht im Jahresbericht von Croydon Pension geschrieben. Der zweite Immobilienfonds besteht somit nur noch aus europäischen Immobilien ex Großbritannien.

    
Auf dem europäischen Festland unterscheidet sich die Welt kaum vom Inselleben. So zeigen auch die Schweizer eine große Liebe zur Heimat. Ein Beispiel: Die Sammeleinrichtung für insgesamt 21 Versorgungseinrichtungen, Publica, hat Assets in Höhe von 35 Milliarden Schweizer Franken und eine Immobilienquote von fünf Prozent. Ausnahmslos alle Immobilieninvestitionen wurden direkt und in der Schweiz getätigt. Auch die anderen Pensionskassen des Alpenlandes bestechen nicht gerade durch eine Affinität zu ausländischen Immobilien. Laut einer Studie von Swisscanto machen inländische Immobilien­ bei öffentlich-rechtlichen Einrichtungen im Schnitt 16 Prozent der Asset Allocation aus, ausländische Immobilien schlagen mit einem­ Prozent zu Buche. Dasselbe Bild ergibt sich im Übrigen für privatrechtliche Pensionskassen: 15,1 Prozent Inlands- und 1,5 Prozent Auslandsimmobilien.­

Im hohen Norden Europas besitzen Investoren ebenfalls National­stolz. Zum Beispiel die norwegische Kommunal Landespensjonskasse (KLP), die mit 11,1 Prozent einen recht großen Anteil ihrer Assets in Immobilien anlegt. Nun könnte man meinen, dass ein Land mit lediglich fünf Millionen Einwohnern nicht unbedingt viel Potenzial­ auf dem Immobilienmarkt zu bieten hat. Doch weit gefehlt. Die KLP hat immerhin 76 Prozent ihres Immobilienportfolios in Norwegen gefunden. Insgesamt wagt sich die Kasse ohnehin nicht weit von zu Hause weg. Die restlichen Immobilien liegen in Schweden und Dänemark.

Dänischer Pensionsfonds hat genug von den Inseln

Apropos Dänemark: Hier wohnen nur unwesentlich mehr Menschen als in Norwegen, der Immobilienmarkt ist also ebenfalls eher begrenzt. Trotzdem bleibt Dänemarks größte private Rentenanstalt, Danica Pension, mit umgerechnet 35 Milliarden Euro under Management und einer Immobilienquote von zehn Prozent ebenfalls ihren Inseln treu. „Das sind alles direkte Immobilien in Dänemark“, erklärte­ Peter Kohler Lindegaard im Interview mit portfolio vor knapp einem Jahr. Bei aller Heimatliebe, hier schlummert ein ordentliches Klumpenrisiko. Nur logisch, dass Lindegaard bereits damals in Aussicht stellte: „Wir wollen das Immobilienportfolio in den kommenden Jahren internationalisieren.“ Offensichtlich sind diesen Worten bislang aber kaum Taten gefolgt, wie ein Bericht in einem Online-Medium aus dem Frühjahr zeigt. Zumindest bekräftigte Lindegaard­ nochmals den Plan, mittels Fonds einen Zeh in Überseeimmobilien stecken zu wollen. Eine deutlich aggressivere und wenig patriotische Immobilien­strategie verfolgt unterdessen Unipension. Im Juli dieses Jahres entschied Erik Petersen, Chief Investment Officer des dänischen Pensions­fonds, den Home Bias in seinem Immobilienportfolio zu eliminieren.­ Sämtliche Objekte in Dänemark sollen verkauft und in internationale Real-Estate-Fonds umgeschichtet werden. Schwerpunkt soll die USA und Westeuropa sein. „In all our investments we have a core-satellite diversification strategy, but in real estate we only had ­Danish exposure so we wanted to diversify here as well“, erklärte Petersen­ gegenüber dem Online-Medium. Eine lobenswerte Strategie, sich so rigoros dem Klumpenrisiko entgegenzustellen. Allerdings: Ein bisschen Heimatliebe kann nicht schaden – immerhin haben die Heimat­märkte einen entscheidenden Vorteil: Man kennt sie! Immobilien­ erfordern nämlich nach wie vor lokales Know-how.

portfolio institutionell, Ausgabe 8/2013

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