Schwarzer Schwan
29. November 2019

Sportsfreund Scheich Mansour

Manchesterkapitalismus

So war es bestimmt neulich mal in der Säbenerstraße beim dort ansässigen FC Bayern München: Der scheidende Präsident Uli Hoeneß hält im Fanshop wohlgefällig das neue Rückrunden-Champions-League-Auswärts-Trikot für 129,95 Euro in der Hand, teilt dann ein paar herumlungernden Journalisten ungefragt mit, welcher Spieler „seit Jahren einen Dreck gespielt“ hat, um sich dann in seinem holzgetäfelten Büro von Sportdirektor Hasan Salihamidzic eine Brotzeit servieren zu lassen.

Wohlgenährt plustert sich Hoeneß dann vor dem Spiegel auf: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der reichste Club im ganzen Land?“

Der Spiegel antwortet: „Herr Hoeneß, ihr seid der Reichste hier. Aber die englischen Clubs sind noch tausendmal reicher als ihr!“

„Na, ja“, wird sich Hoeneß dann gedacht haben. „Dafür sind wir Rote immer noch tausendmal reicher als die hellblauen Grattler von 1860.“

Szenenwechsel nach Manchester. Dort spielt Manchester United im Theatre of Dreams. Die Red Devils, jahrzehntelang die Nummer 1 in der Stadt, werden aber nun von einem Alptraum geplagt: der hellblau gewandete Lokalrivale Manchester City ist (neu-)reicher. Die Tage wurde bekannt, dass die Beteiligungsgesellschaft Silver Lake, bislang bekannt für Investments in Alibaba, Skype oder Dell, für eine halbe Milliarde Dollar zehn Prozent an der Holding von Manchester City übernimmt. Damit ist City mit einem Marktwert von 4,8 Milliarden Dollar der teuerste Sportverein der Welt.

Mehrheitseigentümer ist der zuvor nicht durch eine Fußballleidenschaft aufgefallene Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan aus Abu Dhabi. Seine Hoheit soll seit ihrem Einstieg vor zehn Jahren auch nur ein Spiel besucht haben. Einen Scheich als Miteigentümer hat auch 1860. Aus den mit Hasan Ismaik verbundenen Champions-League-Träumen sind die Giesinger aber unsanft in der Regionalliga erwacht.

Blaupause für 1860?

Vielleicht sollte 1860 mit City die Scheichs einfach tauschen? Dann könnten sich die Münchner Löwen vor dem Spiegel aufplustern. Aber ob sie dann noch in denselben schauen können? Eher nicht, wenn man zuvor in die Zeitschrift Der Spiegel geschaut, und die dort veröffentlichten Football Leaks gelesen hat. Aus diesen Daten geht beispielsweise hervor, dass zum neuen Manchesterkapitalismus gehört, Nachwuchsspieler als Venture Capital zu betrachten. Vor allem wird aber das Financial Fair Play der UEFA mit Füßen getreten. Diese Finanzierungsregeln sollen verhindern, dass europäische Klubs nicht mehr ausgeben als sie einnehmen – was bei City laut Football Leaks nicht der Fall war. Also erhöhte City nachträglich flugs die Sponsorengelder für die abgelaufene (!) Saison um 7,5 Millionen Euro. Praktischerweise stammen diese Sponsoren auch aus Abu Dhabi. Weitere noch fehlende Millionen steuerte seine Hoheit, Scheich Mansour, bei, was jedoch keine Einnahme, sondern eine Ausgabe darstellt, und somit das Financial Fairplay verletzt. Zur Verschleierung werden diese Millionen über die Sponsoren durchgeschleust. In den entsprechenden Anfragen des Spiegels und eines Recherchenetzwerks sieht City „den organisierten und eindeutigen Versuch, den Ruf des Vereins zu schädigen“. Von einer Klage Citys auf Widerruf ist nichts bekannt.

„Finanzierungsregeln sind offenbar nur etwas für Leute, die sich erwischen lassen“, kommentiert der Spiegel. Die UEFA durchschaute zwar das Spiel und drohte mit dem Ausschluss von der Champions League. Mit der Gegendrohung, den Verband auf Schadensersatz zu verklagen, konnte City den Fußball-Dachverband aber wieder zurechtstutzen. Die UEFA beließ es dann 2014 bei einer Geldstrafe von 20 Millionen Euro – ein gutes Investment für Manchester City.

Bewundern kann man das von Pep Guardiola angeleitete Star-Team wieder am 11. Dezember im letzten Gruppenspiel der Champions League. Für City ist das Spiel unbedeutend, denn für das Achtelfinale hat man sich längst qualifiziert. Geld schießt eben doch Tore – stinkt manchmal aber doch.

Ein gutes Spiel wünscht Ihnen Ihre Redaktion von portfolio institutionell!

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