Solvency II Review in der Kritik
Trilogverhandlungen der EU zur Solvency-II-Reform beginnen. GDV kritisiert unter anderem Proportionalität als sehr restriktiv ausgelegt.
Nachdem sich das EU-Parlament im Juli zur Solvency-II-Reform abgestimmt und sich zum Solvency II Review positioniert hat, folgen nun die Trilog-Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen über die europäischen Aufsichtsregeln für den Versicherungssektor. Zum Start dieser Trilog-Verhandlungen hat GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen die Bedeutung von Solvency II für den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft hervorgehoben: „Solvency II hat sich seit seiner Einführung bewährt. Zu hohe Anforderungen lassen aber kaum Luft für Investitionen in die so wichtige Transformation.“
Anpassung an jegliches Zinsumfeld
Der Trilog biete die Chance, den Vorschlag der EU-Kommission gezielt zu verbessern, vor allem die Extrapolation und die Volatilitätsanpassung der Zinskurve. „Solvency II muss in jedem Zinsumfeld funktionieren, daher sind Anpassungen zur Berücksichtigung negativer Zinssätze, wie von der Kommission vorgeschlagen, grundsätzlich sinnvoll“, so Asmussen. „Die Verschärfungen an der Extrapolation der risikofreien Zinsen schießen aber deutlich über das Ziel hinaus.“
Kritik an Definition, wer klein ist
Enttäuscht zeigt sich der Verband vom neuen Rahmen für kleinere Versicherer. Dieser sei vor allem für den deutschen Markt wenig praxistauglich. „Der Vorschlag der Kommission, Versicherern mit geringem Risikoprofil Erleichterungen zuzugestehen, ist ein richtiger Impuls”, sagt Asmussen. Allerdings seien die Kriterien, mit denen diese Versicherer bestimmt werden sollen, für größere Märkte viel zu restriktiv. „Wir erwarten, dass nur eine sehr kleine Zahl von deutschen Versicherern von diesen Erleichterungen profitieren wird“, so Asmussen. Leider habe kein Trilog-Partner diesen Punkt aufgegriffen. Der Verband setze sich deshalb dafür ein, dass alle fünf Jahre eine Überprüfung der Richtlinie in Bezug auf die Proportionalität durchgeführt wird.
Bürokratie im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken vermeiden
Hingegen unterstützt und bekräftigt der GDV den Vorschlag, dass Unternehmen mit geringem Risikoprofil erleichterten Nachhaltigkeitsberichtspflichten unterliegen sollen. Die Versicherer befürworten ausdrücklich auch die Vorschläge zur stärkeren Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in Solvency II. Es sollten aber keine Vorgaben gemacht werden, die bereits in anderen europäischen Initiativen verankert sind, wie zum Beispiel Transitionspläne. „Eine Doppelung von ganz ähnlichen Vorgaben in unterschiedlichen Regelwerken führt nur zu Verwirrung, unnötigem Zusatzaufwand und Bürokratie“, sagt Asmussen.
Verhandlungen womöglich bis Juni 2024
Mit dem Start der Trilog-Verhandlungen finalisieren die EU-Kommission, der Europäische Rat und das Europäische Parlament den Review-Prozess der 2016 verabschiedeten Aufsichtsregeln Solvency II. Deren Einführung ging auch mit einem festgelegten Evaluierungszeitraum einher, um die Auswirkungen der Regeln zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Das geschieht nun im Rahmen des laufenden Überprüfungsprozesses. Derzeitig ist laut GDV noch unklar, ob der Trilog-Prozess vor den Europawahlen im Juni 2024 abgeschlossen sein wird.
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Lebensversicherung | Nachhaltigkeitsrisiken | Solvency II | Versicherer
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