Recht, Steuer & IT
23. November 2011

Solvency II gewinnt an Kontur

Erleichterungen auf der Fixed-Income-Seite. Ungereimtheiten auf der Aktienseite. Konkretisierung des Zeitplans.

Der Solvency-II-Nebel beginnt sich zu lichten. Erkennbar werden nun Erleichterungen auf der Fixed-Income-Seite, Ungereimtheiten auf der Aktienseite und eine Konkretisierung des Zeitplans. Die Implementierung von Solvency II soll bis Ende 2012 vollzogen sein, 2013 ein Übergangsjahr sein und am ersten Januar 2014 soll Solvency II „scharfgeschaltet“ werden. Diese Botschaft überbrachte Dr. Olaf Ermert, Fachreferent Versicherungsaufsicht bei der Bafin, gestern auf der Veranstaltung „Neue Forschungsergebnisse zu Solvency II“ des Bayerischen Finanzzentrums, die von der Hypovereinsbank und der Solutio AG unterstützt wurde.
Erfreuliches gab es für Zinsanleger zu hören. Für die Zinskurve, deren Stabilität ein zentrales deutsches Anliegen ist, soll laut Ermert mehr Planungssicherheit gegeben sein. Die Eiopa bastele an einer zentralen Berechnung und Veröffentlichung. Vorgesehen sind außerdem ein früherer Beginn der Extrapolation und kein übermäßiges „Wackeln“ am Langfristzins. Hier sei aber noch viel wichtige Detailarbeit zu leisten. Zudem sollen Investments in länger laufende Unternehmensanleihen weniger stark benachteiligt werden. Bislang musste man davon ausgehen, dass längere Laufzeiten bei Unternehmensanleihen höhere Eigenmittelunterlegungen erfordern.
Auf der gleichen Veranstaltung präsentierte Prof. Stefan Mittnik von der LMU in München Forschungsergebnisse zu den SCR-Kalibrierungen der Aktienrisiken, die am Sinn des Aufsichtsregimes Zweifel säen. Die Mittnik-Kritik setzt am Annualisierungsverfahren an. Da die rollierenden Einjahresrenditen auf Basis von Tagesrenditen berechnet werden, entsteht eine Überlappung beziehungsweise eine Korrelation mit der eigenen Vergangenheit. Diese Autokorrelation sei der Ceiops bewusst. „Im Endeffekt kommt es zu Zufallsergebnissen, die der Realität nicht entsprechen“, so Mittnik, der von einem besorgniserregenden Phänomen sprach. 
Bafin sieht kein Diskussionsbedarf zu Schockhöhen
Die Bafin macht sich aber weniger Sorgen. Man hält die Kritik zwar für berechtigt, fragt sich aber, was eine alternative Berechnung sein soll. Mittnik kritisierte zudem, dass für die der Kategorie „Other Equity“ zugeordnete Asset-Klassen – Private Equity, Emerging-Market-Aktien, Rohstoffe und Hedgefonds – pauschal eine Korrelation von eins angenommen wird. Ermert räumt zwar ein, dass eine starke Diskussion bestehe, ob innerhalb von „Other Equity“ nicht noch weiter zu differenzieren sei. Hiervon will man aber „bis auf weiteres“ absehen, um die Komplexität nicht noch weiter zu vergrößern und diesen differenzierenden Aspekt nicht auch noch zum Beispiel bei Immobilien diskutieren zu müssen. „Zum Start ist ein relativ simples System nötig, da der Schritt von Solvency I zu Solvency II schon sehr groß ist. Ein weiterer Schritt müsste aber danach ein feineres Design sein“, so Ermert. Allerdings müsse diese Design-Diskussion im Kontext des Gesamt-SCR geführt werden. Bezüglich der Schockhöhen von Global (39 Prozent) und Other Equity (49 Prozent) hätten die Bafin-Schützlinge jedoch keinen Diskussionsbedarf mehr.
Ein Sinnbild der Solvency-II-Diskussion war an diesem Abend der Einwurf eines Vertreters einer nicht regulierten Altersvorsorgeeinrichtung, dass die Diskussion doch völlig in die falsche Richtung gehe und das einzig wesentliche derzeit die Schockhöhe von europäischen Staatsanleihen sei. Der Fachreferent stimmte zu, dass man sich zuerst um die relevanten Risiken kümmern muss, gab aber zu bedenken, dass es sich um einen politischen und nicht aufsichtsrechtlichen Prozess handle. Die Veränderungen nach QIS 5 seien auch von der Kommission und nicht von der Eiopa vorgenommen worden.
portfolio institutionell newsflash 23.11.2011/pe
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