Versicherungen
17. März 2025

Warum die Profitabilität der Versicherer steigt

Der Renditesprung am deutschen Rentenmarkt stärkt die Profitabilität der europäischen Versicherer. Doch es drohen höhere Stornorisiken. Und die Immobilienfinanzierung wird teurer.

Die inverse Zinsstrukturkurve am deutschen Rentenmarkt ist passé. Während die Zinskurve in den vergangenen Monaten am kurzen Ende kräftig gesunken ist, gingen das mittlere und insbesondere das lange Ende nach oben. Und das Hunderte Milliarden Euro schwere Schuldenpaket der vermutlich künftigen Bundesregierung hat die Renditen weiter anspringen lassen.

Doch was bedeutet das für die europäischen Versicherungsunternehmen? Höhere Renditen von Staatsanleihen in Verbindung mit erhöhten Verteidigungsausgaben sind für die meisten europäischen Versicherer grundsätzlich positiv, sagt Fitch Ratings.

Die Rentabilität der Unternehmen profitiert nach Einschätzung der Ratingagentur typischerweise davon, dass Prämien mit höheren Renditen investiert werden. Durch die steilere Zinsstrukturkurve könnten einige Lebensversicherungsprodukte für Kunden attraktiver werden und so das Neugeschäftsvolumen ankurbeln.

Begrenzter Refinanzierungsbedarf

Die steigenden Anleiherenditen machen auch die Refinanzierung teurer. Auch darauf weisen sie bei Fitch hin. „Für die meisten europäischen Versicherer dürften die höheren Anleiherenditen vor allem mit steigenden Refinanzierungskosten verbunden sein. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass dies die Profitabilität bewerteter Versicherer deutlich schwächt.“ Der Refinanzierungsbedarf sei aufgrund der breit gestreuten Laufzeitenprofile der Versicherer und durch regulatorische Vorgaben begrenzt.

Allerdings wirken sich höhere Anleiherenditen – und deren erhöhte Volatilität – direkt auf die Solvency-II-Positionen der Versicherer aus. Bei Fitch sehen sie begrenzte Auswirkungen, „da europäische Versicherer dazu neigen, ihre Vermögenswerte weitgehend an ihre Verbindlichkeiten anzupassen oder Hedging-Strategien zu nutzen, um ihre Kapitalsensitivität gegenüber Anleiherenditen zu begrenzen“.

Ebenso erwarten die Ratingspezialisten begrenzte Auswirkungen auf die Bilanzierung. Dazu weisen sie auf die Bilanzierungsvorschriften unter IFRS 17 hin, die seit dem 1. Januar 2023 in Kraft ist. Demnach führen Änderungen der Anleiherenditen „zu weitgehend kompensierenden Effekten auf die Bilanzwerte von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, im Gegensatz zu den oft erheblichen Bilanzierungsinkongruenzen unter dem Vorgängerstandard IFRS 4“.

Stornorisiko für Lebensversicherer steigt

Höhere Anleiherenditen erhöhen auch das Stornorisiko für Lebensversicherer. Kunden könnten geneigt sein, ihre alten Verträge einzulösen und das Geld in neue Verträge mit besseren Renditen zu reinvestieren. Laut Fitch war der Zusammenhang zwischen Anleiherenditen und vorzeitigen Rückzahlungsraten aufgrund der Kundenträgheit in der Vergangenheit schwach. Dennoch könnten höhere Renditen einige Versicherer dazu zwingen, ihr Kapital im Rahmen von Solvency II zu erhöhen, um das Risiko eines „Massenstornos“ abzudecken.

Das wiederum könnte dazu führen, dass schwächere Unternehmen vereinzelt unter Druck geraten, wie die Kapitallücke und die darauffolgenden regulatorischen Eingriffe beim italienischen Lebensversicherer Eurovita im Jahr 2023 zeigten. Das Unternehmen hatte kein Fitch-Rating. „Bewertete Versicherer verfügen jedoch in der Regel über einen diversifizierten Geschäftsmix und eine solide Kapitalausstattung, was ihre Anfälligkeit für derartige Risiken deutlich reduziert“, so die Ratingagentur.

Finanzpaket verteuert Immobilienkredite

Der avisierte Finanzpaket wird auch Immobilieninvestoren und Häuslebauer belasten, wie die FMH-Finanzberatung verdeutlicht. Denn die Rendite der Bundesanleihe beeinflusst die Rendite der Pfandbriefe. Das schlägt sich direkt auf die Höhe der Bauzinsen durch. Daher sei es logisch, „dass die Banken in den nächsten Tagen und Wochen ihre Bauzinsen nach oben anpassen werden“. Angesichts der Schwierigkeiten bei der Bildung einer entscheidungsfähigen neuen Bundesregierung dürfte der Anstieg der Renditen nicht nur eine kurzfristige Marktreaktion sein, sondern ein längerfristiger Effekt, vermutet die FMH-Finanzberatung.

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