So macht man in Zypern Karriere
Zyperns oberster und nun ehemaliger Kassenwart ist zu bedauern. Sind doch die Bonuszahlungen an Finanzminister nicht an die Früchte ihrer Arbeit gekoppelt, wie das in der Bankenlandschaft der Fall ist.
Die Verweildauer von Führungspersönlichkeiten ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Während Helmut Kohl noch geschlagene 16 Jahre die Geschicke im Bundeskanzleramt führte, hat Papst Benedikt XVI. immerhin fast acht Jahre auf dem katholischen Spitzenposten gethront. Michalis Sarris, eben noch Finanzminister in Zypern, kam dagegen nur 34 Tage mit der Verantwortung auf dem Posten des obersten Kassenwarts in dem kleinen Mittelmeeranrainerstaat klar.
Unmittelbar vor seinem freiwilligen Amtsende brachte Sarris die für Zypern so wichtigen Verhandlungen mit der internationalen Geldgeber-Troika unter Dach und Fach, die das Land vor einer Pleite bewahren. Ihm wird der Verdienst zuteil, dass der mit einem kolossalen Finanzsektor ausgestattete Zwergenstaat mit der Rückzahlung der jüngsten Hilfskredite keine Eile hat. Vielmehr bleiben Zypern mehr als zwei Jahrzehnte Zeit, um die jüngsten Hilfsmilliarden abzustottern, wobei der Zinssatz bei homöopathischen 2,5 Prozent liegen soll. Bei einer Privatbank hätte er für diesen Schachzug sicher einen saftigen Bonus kassiert; schließlich müssen andere Schuldner mit Ramschstatus weit höhere Zinsen bieten. Nicht vergessen werden sollte auch sein Verdienst, Zypern im vorigen Jahrzehnt (auch damals war Sarris Finanzminister) erfolgreich in die Eurozone gelotst zu haben.
Karriereknick gut überstanden
Dummerweise hat er als Vorstandschef für seinen früheren privaten Arbeitgeber keinen so guten Job gemacht. Andernfalls würde die Laiki-Bank, zwischenzeitlich zweitgrößtes Finanzinstitut Zyperns, die mit ihren Investments in griechische Anleihen so richtig danebengegriffen hat, heute wohl nicht vor der geordneten Insolvenz stehen.
Die BBC interviewte Sarris im vorigen Jahr und förderte dabei laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Bemerkenswertes zutage. Auf die Frage, ob sich sein Geldinstitut auf den Fall vorbereite, dass Griechenland die Eurozone verlassen müsse, antwortete er mit entwaffnender Offenheit: Jede verantwortungsbewusste Person müsse sich auf einen solchen Fall einstellen, „obwohl es nicht viel gibt, was man da tun kann“. An anderer Stelle erläuterte Sarris die Gründe für die Hilflosigkeit: „Fast unser gesamtes Kapital wurde in griechische Staatsanleihen investiert.“
Knapp ein Jahr ist es nun her, da musste das Bankhaus gegenüber seinen Aktionären „sorry“ beziehungsweise „συγγνώμη“ sagen, nachdem man das Engagement in Griechenland drastisch abschreiben und einen Verlust von 2,5 Milliarden Euro ausweisen musste. Nun sagt Laiki schon wieder „sorry“, gefolgt von einem rumpelnden „goodbye“, diesmal zu seinen Kunden, die ihrerseits große Teile ihrer Einlagen abschreiben müssen und den unzähligen Mitarbeitern, die ihren Job verlieren.
Als Grund für das Ende des jüngsten Intermezzos erklärt Sarris übrigens, er wolle die Untersuchungen der neu eingesetzten Ermittler, die die Hintergründe der Bankenkrise unter die Lupe nehmen, nicht behindern. Dass die Verhandlungen mit der Troika noch vor wenigen Tagen schleppend verlaufen sind, gleichzeitig allerdings offenbar viele Betuchte kurzfristig Gelegenheit dazu hatten, noch schnell ihre Geldspeicher ins Ausland zu verlegen, moniert er dagegen nicht. Daran zeigt sich, dass er sein Handwerk als kundenfreundlicher Bankenvertreter versteht. Ob Sarris dafür vielleicht doch einen Bonus bekommen hat, wird derzeit geprüft. Ein sachdienlicher Hinweis der portfolio-Redaktion: Aphrodite, die der Mythologie nach in Zypern aus dem Schaum des Meeres entstieg, ist nicht nur die Göttin der Liebe und Schönheit, sondern auch der Begierde!
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio institutionell ein schönes Wochenende
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