Small Caps hadern mit ihren ESG-Ratings
Laut Berenberg-Studie basieren Rating-Verbesserungen primär auf mehr Offenlegung. Schwieriger Dialog mit ESG-Datenanbieter.
Dass das Thema „ESG-Reporting“ Investoren bewegt, ist bekannt. Es treibt aber auch die Unternehmen, und zwar speziell kleinere, um. So offenbarte eine Studie des Berenberg Wealth und Asset Managements, dass KMUs mit den Bewertungen der ESG-Ratingagenturen unzufrieden sind. An der Studie nahmen knapp 100 kleinere und mittelgroße Unternehmen teil.
Die Unzufriedenheit betrifft die Einstufungen und den Aufwand für die Nachhaltigkeits-Ratings. So weisen Unternehmen mit einer geringeren Marktkapitalisierung nach wie vor durchschnittlich niedrigere Ratings auf. Zudem sind knapp 80 Prozent der Umfrageteilnehmer der Ansicht, dass ihr Unternehmen durch ESG-Ratings nicht richtig bewertet wird.
Immerhin erkennt jedoch über die Hälfte der Umfrageteilnehmer eine Verbesserung ihrer Ratings im Vergleich zu vor drei Jahren. Bedenklich stimmt dabei jedoch, dass dies nicht unbedingt an ökologischeren Produktionsprozessen oder an einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit liegen muss. Die Unternehmen führen nämlich mehrheitlich die Verbesserung ihrer ESG-Ratings auf ihre eigene umfassendere Offenlegung zurück. Weitere genannte Gründe sind laut etwa der Hälfte der Umfrageteilnehmer eine tatsächliche Veränderung in der eigenen Nachhaltigkeitsleistung und die Aufstockung der Ressourcen im Unternehmen, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen.
Small Caps geben ESG-Bewerter schlechte Noten
Eine weitere Studienerkenntnis ist, dass die mangelnde Aufgeschlossenheit der ESG-Datenanbieter für die Unternehmen ein Problem darstellt. „Die Kontaktaufnahme mit den verschiedenen Rating-Agenturen gestaltet sich zäh. Im direkten Austausch erleben wir kaum Dialogbereitschaft“, berichtet Ilka Freund, Senior Investor Relations Manager bei der Bechtle AG, auf einer Berenberg-Veranstaltung zur Präsentation der Studie. Kein Beitrag zur Reduzierung des Aufwands für diesen Austausch ist, dass die Studie auch aufzeigte, dass die ESG-Ratings der verschiedenen Anbieter wenig korreliert sind. „Mit Blick auf den hohen Aufwand für die Benotung durch die verschiedenen ESG-Rating-Agenturen wäre eine einheitliche Rating-Struktur aus unterschiedlichen Perspektiven zielführend“, erklärt Ilka Freund. Bechtle ist ein im M-Dax notierter IT-Dienstleister, der 2023 einen Umsatz von 6,42 Milliarden Euro erzielte und etwa 15.000 Mitarbeiter beschäftigte. Eine andere Verbesserungsmöglichkeit bezieht sich auf die Proportionalität. Aus Sicht der Studienteilnehmer sollten die besonderen Merkmale kleinerer Unternehmen besser in den Rating-Rahmen integriert werden. Als besonders relevant unter den ESG-Rating-Agenturen erachten die Umfrageteilnehmer MSCI ESG Research, Sustainalytics, CDP (Carbon Disclosure Project) und ISS ESG.
Trotz der Unzufriedenheit mit den Nachhaltigkeitsbenotungen dürften die Anstrengungen der Small Caps nicht nachlassen. Grund sind die Investoren und auch die Kreditgeber. Gemäß der Studie sind ESG-Ratings ein wichtiger Faktor, um Investoren zu binden oder zu gewinnen. Allerdings scheint auch der ESG-Austausch mit den Geldgebern verbesserungsbedürftig. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ESG-Faktoren zwar von den Investoren angesprochen werden, meist aber nur in einigen Meetings im Fokus stehen (48 Prozent)“, erklärt Dr. Rupini Deepa Rajagopalan. Die Leiterin des ESG-Office bei Berenberg Wealth und Asset Management fügt hinzu: „Für 61 Prozent der Umfrageteilnehmer sind die mit den Investoren besprochenen ESG-Aspekte weder sehr noch überhaupt nicht wichtig. Nur 32 Prozent messen ihnen eine hohe Relevanz im Arbeitsalltag und Geschäftsbetrieb bei. Es scheint daher, dass nicht nur die Beziehung zwischen Unternehmen und Rating-Anbietern, sondern auch zwischen Unternehmen und Investoren in Bezug auf ESG-Aspekte weiterentwickelt werden kann.“
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: ESG-Rating
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