Traditionelle Anlagen
30. April 2020

Shell stutzt Dividende zurecht

Erstmalige Dividendenkürzung seit 1945. Munich Re mit erster digitaler Hauptversammlung.

Für einige Investoren dürfte sich dies wohl tatsächlich anfühlen wie der erste unwiderbringliche Zinszahlungsausfall eines AA-Minus-gerateten Bonds: Shell kürzt erstmals seit Zweiten Weltkrieg seine Dividende. Inhaber der als Bond-Proxies gehandelten Aktien des Mineralölkonzerns erhalten nunmehr 0,16 US-Dollar pro Aktie für das erste Quartal, nachdem im Vorjahresquartal noch 0,47 Dollar pro Aktie ausgeschüttet würden. „Die Aktionärsbeteiligung ist ein fundamentaler Bestandteil von Shells Finanzkonzept“, sagte Verwaltungsratschef Chad Holliday. „Mit Blick auf eine möglicherweise länger andauernde Phase der wirtschaftlichen Unsicherheit, schwächerer Rohstoffpreise, einer höheren Volatilität und einer unklaren Entwicklung der Nachfrage, erachtet der Verwaltungsrat eine Beibehaltung der derzeitigen Ausschüttungshöhe als nicht vernünftig.“ Tal Lomnitzer, Senior Investment Manager des Global Natural Resources Team von Janus Henderson Investors blickte ausgehend von Shell auf andere Ölkonzerne: „Es stellt sich nun die Frage, was die ‚richtige‘ Rendite für die umbasierte Dividende ist und wer als nächstes gekürzt wird. Shell notiert mit rund 3,6 Prozent wesentlich niedriger als seine Konkurrenten wie Eni und BP, die beide die aktuelle Dividende verteidigten und mit über 9,5 Prozent beziehungsweise zehn Prozent Dividendenrendite handeln, was darauf hindeutet, dass der Markt irgendwann mit Kürzungen rechnet.“

Digitale Hauptversammlungen

Die Aktionäre der Munich Re beschlossen dagegen im Rahmen der ersten digitalen Hauptversammlung des Konzerns eine Erhöhung der Dividende von 9,25 Euro für das Jahr 2018 auf 9,80 Euro. Zudem wurde der Vorstand ermächtigt, weitere Aktienrückkäufe durchzuführen. Mit Blick auf die verschobenen Dividendenzahlungen vieler anderer Konzerne, die ihre Hauptversammlungen verschoben haben, beruhigt Benjardin Gärtner, Leiter Portfoliomanagement Aktien bei Union Investment die Anleger: „Ein Wegfall der Ausschüttung bedeutet aber nicht, dass der Unternehmenswert deswegen automatisch geringer wird. Denn wenn keine Dividende bezahlt wird, gibt es auch keinen Abschlag auf den Aktienkurs. Ist das Geschäftsmodell intakt, können Anleger über die Kursentwicklung an einer Wertsteigerung des Unternehmens teilnehmen. Der Onlineriese Amazon beispielsweise hat eine beeindruckende Kurssteigerung gezeigt, aber noch nie eine Dividende bezahlt.“ Wird die Dividende jedoch wegen Gewinneinbrüchen gekürzt wie im Falle Shell, dürfte sich dies auch im Wert niederschlagen. Die Aktien von Shell brachen bis zum Nachmittag des 30.04.2020 um über zehn Prozent ein.

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