Sein bester Mitarbeiter
Widerstände und Unterstellungen
Diesen Auftritt wollte sich Olaf Scholz nicht entgehen lassen: Beim Reporterpreis, der deutschen Antwort auf den Pulitzer-Preis, hielt er die Laudatio für den Hauptpreis. Den künftigen Preisträger lobte er überschwänglich und ganzen Herzens: „Ich habe heute die Ehre, die Laudatio auf einen Journalisten halten zu dürfen, der genau hingeschaut hat – einen Aufklärer in bester Historie der Pressefreiheit“, so Olaf Scholz in seiner Preisrede. „Er hat sich damit auch große Verdienste um den Rechtsstaat, unser Gemeinwesen und, und das will ich hier sehr deutlich sagen, auch um den Finanzstandort Deutschland erworben.“ Es ist: Dan McCrum, der als Einzelkämpfer in Diensten der Financial Times die Machenschaften des Wirecard-Managements aufdeckte, also den Job des Bundesfinanzministeriums und der ihr unterstellten Aufsichtsbehörde Bafin und deren 2.722 Mitarbeiter im Alleingang erledigte. Eigentlich gratulierte der Bundesfinanzminister also seinem besten Mitarbeiter.
Besonders freute Scholz, dass der Sonderpreisträger Dan McCrum (Financial Times) nicht aufgab, obwohl man ihm von dunkler Seite Steine in den Weg legen wollte: „Schicht für Schicht hat er aufgedeckt, dass die Bilanzen nicht stimmten. Er hat das gemacht, was gute Journalistinnen und Journalisten tun. Er hat sich durch die Zahlen gewühlt und dann Fragen gestellt.“ Und das, so Scholz, „gegen viele Widerstände und trotz mancher Unterstellungen“. Denn schließlich, so ist Scholz in der Causa Wirecard wichtig zu betonen: „Zur Geschichte, die erzählt werden muss, gehört aber auch, dass es Ermittlungen gegen Dan McCrum gab. Ich bin froh, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen eingestellt hat und sich jetzt auf die Täter konzentriert.“ Das Gute hat gesiegt! Bloß hätte Scholz hier ja auch noch die Geschichte erzählen können, wer denn warum gegen Dan McCrum ermittelt hat.
Trotzdem: Eine solche Preisverleihungs-Konstellation wünscht man sich öfters! Schließlich sollte nicht nur die Presse von Zeit zu Zeit die Leistungen von Leistungsträgern wie Bafin-Chef-Chef Olaf würdigen. Auch Leute vom Format und Bekanntheit des Finanzministers sollten auch umgekehrt als vollkommen unbeteiligte Influencer ihre Reichweite bereitstellen, um mutige Journalisten für die Kontrolle korrupter Machenschaften zu loben. Wie wäre es also mit einer Dankesrede von Scholz-Kollege Andy Scheuer für fragdenstaat.de? Einem Hoch von Obama auf Edward Snowden? Einer Laudatio von Mister Steueroase Jean-Claude Juncker für LuxLeaks-Whistleblower Antoine Deltour? Einer Fanfare von Uli Hoeneß für Stern Online? Ein Gruß aus dem Jenseits von Richard Nixon für seinen Interviewer David Frost?
Oder für die zahlreichen tapferen Frauen und Männer, die künftig McCrums Weg folgen werden, ohne sich dabei von wild zockenden Bafin-Angestellten und lästigen Klagen der deutschen Finanzaufsicht verunsichern zu lassen: „Möge der Preis für Dan McCrum für viele andere eine Ermutigung sein, genau hinzuschauen und beharrlich dran zu bleiben“, wünschte sich Scholz.
Möge diese frohe Botschaft auch Ihnen eine Ermutigung sein, in den kommenden Wochen genau hinzuschauen und beharrlich dran zu bleiben, wünscht Ihre Redaktion von portfolio institutionell!
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