Schwellenländer: Vom Dunkel ins Licht
Emerging Markets sind nicht zuletzt wegen der Diversifikation als Anlageklasse interessant. Aber kann man hier überhaupt nachhaltig investieren? Rohstoffproduzenten und Energieunternehmen spielen in einigen Regionen (noch) eine große Rolle und meist sind dies „dreckige“ Industrien. Doch auch hier gibt es große Unterschiede und ein geschicktes Engagement kann auch in Emerging Markets für Fortschritte sorgen.
Alecta investiert in afrikanischen Social Bond
Auch der Schweizer Vermögensverwalter Unigestion schaut sich die ESG-Risiken der Firmen genau an: „In Zukunft werden Umweltrisiken noch mehr Auswirkungen darauf haben, wie Unternehmen ihr Produktionsmodell verändern, unabhängig davon, in welchem Sektor sie tätig sind, ob es sich um die Lebensmittelindustrie, den Verkehr, die Landwirtschaft oder eine andere Branche handelt. Die erfolgreichen Geschäftsmodelle werden sich dahin entwickeln, umweltfreundlicher zu sein. Und ich denke, es ist sehr wichtig, heute das ESG-Risiko einer Aktie zu verstehen. Sie wollen sicherstellen, dass Sie in die Besten investieren, die den ESG-Paradigmenwechsel vollzogen haben, und nicht in die schlechtesten Kandidaten, die potenzielle Reputations-, Regulierungs- und Disruptionsrisiken mitbringen“, sagt Fiona Frick, CEO der Unigestion Group. In Bezug auf die Schwellenländer bevorzugt Frick Asien gegenüber Lateinamerika: „Lateinamerika war immer zyklisch, es produziert viele Rohstoffe. Wir würden es vorziehen, in Ländern zu investieren, deren Schwerpunkte eher bei Verbrauchsgütern liegen als in der Energieerzeugung.“ Auch der schwelende Handelskrieg zwischen den USA und China beeinflusse die Emerging Markets negativ: „Wenn es einen negativen Tweet zum Handelskrieg gibt, reagieren die Emerging Markets viel stärker als der US-Markt. In Bezug auf die Bewertung sind Schwellenländer aktuell nicht so teuer, aber sie reagieren prozyklischer gegenüber Handelskriegen, weil sie viel stärker von Exporten abhängig sind als wir in Europa, China besonders. Man muss hier vorsichtig agieren.“
Beim Umgang mit Emerging Markets lohnt auch ein Blick nach Schweden. Als ein Beispiel für nachhaltiges Investieren gilt der schwedische Pensionsfondanbieter Alecta mit aktuell umgerechnet rund 72 Milliarden Euro an Assets under Management (Stand: März 2019). Man investiert zu 52 Prozent in Fixed Income und hält im Aktienportfolio etwa 105 Unternehmen direkt als Einzelaktien, diese allein machen rund 40 Milliarden aus. „Wir verstehen uns als langfristiger Investor, einige Aktien halten wir über 40 Jahre. Das ist ein Modell, das gut zur Nachhaltigkeit passt“, sagt Carina Silberg, Head of Sustainability bei Alecta.
Bezüglich der Emerging Markets kündigte Alecta nun im Juli an, etwa 100 Millionen Euro in den Social Bond eines ungenannten westafrikanischen Staates zu investieren. Die Anleihe finanziere unter anderem Schulen, Gesundheitswesen, Lebensmittelsicherheit und den Ausbau der Infrastruktur, so Alecta. „Wir sind stolz darauf, in die weltweit erste soziale Anleihe in dieser Region investieren zu können. Die Investition zeigt, wie Alecta zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen und gleichzeitig unseren Kunden eine gute risikoadjustierte Verzinsung ihres Vorsorgekapitals ermöglichen kann. Es ist sehr aufregend, an der Entwicklung eines nachhaltigeren Finanzmarkts beteiligt zu sein “, sagt Peter Lööw, Nachhaltigkeitsmanager bei Alecta Asset Management. Zudem investiere man erst seit ein bis zwei Jahren über zwei Fondslösungen in die Emerging Markets: Den Emerging Market Loans Fund der niederländischen Entwicklungsbank FMO und den Amundi Planet Emerging Green One (EGO), einen Fonds, der es zum Ziel hat, künftig nur in Green Bonds zu investieren. Carina Silberg sagt dazu: „Wir kennen die Schwellenländer nicht so gut, deshalb haben wir die Investitionen bisher mit Partnern getätigt, die über Erfahrung verfügen. Aber Dachfondslösungen mögen wir eigentlich nicht, weil wir denken, dass sie ein wenig zu teuer werden. Denn wir sind eine sehr schlanke Organisation, wir verwalten Inhouse und sind extrem kosteneffizient, unsere Gesamtgebühr beträgt rund zehn Basispunkte.“
Auch das Engagement ist bei Alecta ein wichtiger Bestandteil der Investmentstrategie: So finden sich schwedische Firmennamen wie der Autokonzern Volvo oder die Bekleidungskette H&M im Portfolio, ebenso wie der Schweizer Lebensmittelhersteller Nestlé. Viele operieren auch in den Emerging Markets. „Ich denke, wir haben Fortschritte gesehen, zumindest haben wir die Transparenz und das Bewusstsein für die Herausforderungen in den Schwellenländern erhöht“, so Silberg. „Hierfür ist unser Engagement im Fall von Kinderarbeit auf den Kakaoplantagen für Nestlé ein Beispiel. Und bei H&M engagieren wir uns für eine bessere Entlohnung der Arbeiter in den Textilfabriken.“ H&M hatte dazu eine Kampagne gestartet, um die verschiedenen Stakeholder an einen Tisch zu bringen, um Verbesserungen zu erreichen. „Das wurde auch in Deutschland von NGOs kritisiert, was deren gutes Recht ist. Aber wenn wir das betrachten, denken wir, dass es eine gute Arbeit ist, denn H&M arbeitet mit verschiedenen Parteien zusammen und lädt diese wirklich ein, etwas zu verändern.“
Engagement, Themeninvestments, Direktinvestments, Green Bonds und Social Bonds – mit ein bisschen Phantasie können all dies Instrumente für Investoren sein, um in den Emerging Markets nachhaltiger zu investieren. Anleger können dann von Schwellenländern profitieren – und diese auch von ihnen. Denn um etwas zu verändern, braucht es die Investition. Die Emerging Markets aus Nachhaltigkeitsgründen ganz zu meiden, ist auf Dauer sicher keine Lösung.
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Emerging Markets / Schwellenländer | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren
In Verbindung stehende Artikel:
Schreiben Sie einen Kommentar