Schwein gehabt
Perle vor die Säue
Sigmar Gabriel teilt wieder einmal die Republik. Während einige in seinem Kurzengagement bei Tönnies ein Nachweis für die Wirtschaftskompetenz der SPD sehen (sprich: die Fähigkeit, die eigene Fachkräfte erfolgreich an die Wirtschaft zu vermitteln), bedauern andere den Zeitpunkt des Einstiegs in das Schweine-Business: Warum denn ausgerechnet wenige Wochen bevor der Schlachtbetrieb quasi im Alleingang Drosten neue schlaflose Nächte bereitet? Timing ist eben auch in der Politikberatung alles.
In einem anderen Licht erscheint das Engagement der Wirtschafts-Perle der SPD, wenn man die Affäre im Lichte des philosophischen Höhenflugs des Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhauses betrachtet: „Demokratie ist im Grunde auch nur ein Markt“, so Sebastian Czaja in einem Tweet, der zum Klassiker werden dürfte. Vorbereiter dessen sind die Bemühungen Angela Merkels vom Marktführer CDU, welche die Demokratie „marktkonform“ gestalten wollte. Meilensteine und Vordenker: Kohl, Schäuble und Koch, welche sich in den 1990er Jahren unter anderem den Schweizer Markt für die CDU erschlossen. Während da noch die Versorgung der Partei durch Spenden im Vordergrund stand, wird dem gesellschaftlichen Trend folgend inzwischen konsequent individualisiert. Bis in die Emerging Markets gingen CDU-Abgeordnete Karin Strenz sowie der ehemalige CSU-Abgeordneten und Staatssekretär des Bundesinnenministeriums Eduart Lintner, welche im Gegenzug für kleine Spesen Aserbaidschan (Platz 166 von 180 auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen) ein tadelloses Zeugnis ausstellten. Auch an die Nachwuchsförderung wird gedacht, allerdings mit den für Venture Capital typischen Problemen: „Er ist eben noch jung“, hieß es von Fraktions-Vize Johann Wadephul zur Causa Amthor. Der ehemalige Verkehrsminister und aktuelle CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Ramsauer brauchte schließlich auch 66 Lebensjahre, um mit „selbstständiger Strategieberatung“ eine Mindestsumme von knapp 500.000 Euro in der aktuellen Wahlperiode einzunehmen.
Kein Wunder, dass die politische Konkurrenz versucht nachzuziehen. Investoren standen beim Demokratie-Markt bislang an der Seitenlinie, schließlich handelt es sich im Falle des Anleihenmarkts um einen staatlich stark kontrollierten Markt. Eine Möglichkeit wäre, ein Sigmar-Gabriel-Support-Portfolio zu etablieren, um zumindest indirekt den politischen Rückenwind mitzunehmen. Breiter diversifizieren ließe sich, wenn man mittels Data-Mining versucht, die Karrierepfade anderer SPD-Größen wie Gerhard Schröder, Brigitte Zypries, Jörg Asmussen und Hannelore Kraft zu verfolgen und so in ein Portfolio etwa aus Rosneft, Bombardier, der deutschen Versicherungswirtschaft und der RAG investiert. Wer der Wirtschaftskompetenz der Groko-Spin-Offs misstraut, kann auch einen Big-Short auf Bilfinger Berger mit Ex-CEO Roland Koch feuern, bis die Bafin Leerverkäufe unterbindet (wahrscheinlich erst, wenn Gerüchte um falsche Konten auf den Philippinen auftauchen). Ein ETF auf den breiten Markt dürfte jedoch wie so oft die beste, weil billigste Lösung sein. Denn wenn die SPD als Fürsprecher der Arbeitnehmer wegfällt, macht sich dies auch branchenweit in höheren Unternehmensgewinnen bemerkbar. Im Falle Tönnies wird ein Engagement bei manchen Investoren sowieso an den regulatorischen Alternatives-Quoten scheitern: Schließlich ist das Unternehmen den Private Markets zuzuordnen.
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