Schwarzer Schwan
28. November 2014

Scheiden tut weh

Optionstheorien im Rosenkrieg: Über aktives oder passives Management entscheiden auch Gerichte.

Harold Hamm aus Oklahoma hat in seinem Leben fast alles richtig gemacht. Das 13. und jüngste Kind eines Pächters einer Schaf-Farm brachte es im Öl- und Gas-Business zu einem Vermögen von 17 Milliarden Dollar, sein Unternehmen Continental Resources wird an der NYSE mit etwa 20 Milliarden Dollar bewertet. Doch eines hat Harold Hamm vergessen: einen Ehevertrag. Ein Lapsus, der seine nun frisch geschiedene Ehefrau Sue Ann, eine Rechtsanwältin (!!), neben Harolds ehelichen Untreue veranlasst haben dürfte, die Scheidung einzureichen.
Bei Scheidungen nach britischem Recht sind bereits erstaunliche Winkelzüge der sich Scheidenden zu beobachten, um den Versorgungsausgleich zu optimieren. So ist die Möchtegern-Exfrau zum Beispiel eines gut verdienenden Investmentbankers taktisch gut beraten, die Scheidung in Jahren einzulegen, in der der Ex-Göttergatte besonders gut verdient hat. Andersherum macht es für den Banker Sinn, den Ehe-Put zu ziehen, wenn es beruflich gerade weniger gut läuft. Eine andere Strategie ist, die Gemahlin solange von der Scheidung abzuhalten, bis man vom Arbeitgeber von London nach Frankfurt versetzt wird, und dann von dort aus den Spieß umzudrehen und selbst die Scheidung einzureichen – aber nach deutschem Recht!
Zu welcher Selbstverleugnung oder Schizophrenie des lieben Geldes willen Menschen nach US-Recht fähig sind, zeigte sich nun im Rosenkrieg von Harold und Sue Ann. Nach amerikanischem Recht standen ihr nämlich Ansprüche auf Anteile seines Vermögens nur zu, wenn dieses während der 25-jährigen Ehe durch ihre oder seine Leistung aufgebaut wurde. Zum Ergötzen des Publikums spielten Harolds Anwälte darum die Beta-Karte aus. Demnach sei der Erfolg von Continental Resources vor allem auf externe Faktoren, wie den technischen Fortschritt oder den gestiegenen Ölpreis, zurückzuführen. Harolds Leistung lag praktisch lediglich darin, 25 Jahre lang Glück gehabt zu haben. Im Umkehrschluss können sich Asset Manager Vorstandsbesuche bei Continental Ressources also sparen. Ann Sue war dagegen vom aktiven Management überzeugt und legte dem Gericht dar, über welche außerordentlichen Führungsqualitäten Harold verfügt. Im persönlichen Gespräch hat Harold womöglich solche Lobpreisungen in einem Vierteljahrhundert nicht vernommen. In anderen Scheidungsfällen wird dagegen eher schmutzige Wäsche gewaschen.
Das hohe Gericht sprach Sue Ann diesen Monat eine knappe Milliarde Dollar zu und machte sie damit zu einer der reichsten Frauen der Welt. Harold kam damit jedoch vergleichsweise günstig davon, da Sue Ann quasi das halbe Unternehmen gefordert hatte, an dem Firmenboss Harold 68 Prozent hält. Ihre Anwälte, so das Manager Magazin, „bewerteten nun Frau Hamms Optionen". Sie muss abwägen: Zieht sie für ihre persönliche Absicherung ihren Put in the money von einer Milliarde Dollar oder spekuliert sie auf einen Put out of the money mit einem Strike-Preis über die Hälfte von Heralds Firmenanteil. Harold dürfte das Urteil jedoch wie Monty-Python-Komiker John Cleese werten. Der sagte einst: „Meine Scheidung ist sehr, sehr teuer – aber jeden Penny wert.“
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende. 
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