Recht, Steuer & IT
11. September 2014

Programmiert auf neue Kundensegmente

Mehr Regulatorik und weniger Zinsen verschaffen der IT eine wachsende Bedeutung. Die Wachstumsperspektiven der Softwareunternehmen bestehen bei Versicherungen und kleineren Asset Managern. Wer sich aus dem IT-Kuchen auch ein Stück abschneidet: Lupus­ Alpha und Universal-Investment.

Manches lässt sich auf höchster Ebene am einfachsten regeln. Und somit kann man sich mit etwas Fantasie gut vorstellen, dass in der Deutschen Bank Anshu Jain einen Anruf aus dem Hause Blackrock entgegengenommen hat, in dem er sich von den Qualitäten des Blackrock-Frontoffice-Systems „Aladdin“ überzeugen ließ. Jain ist zwar nicht oberster IT-Beauftragter der Bank, muss aber als Co-Vorstands­vorsitzender immer ein Ohr für die Großaktionäre haben. Dass Blackrock, größter Asset Manager der Welt, über seine Fonds insgesamt 5,14 Prozent der Deutsche-Bank-Aktien hält, hat dem Deal bestimmt nicht geschadet. Offiziell soll Aladdin die Investment­potenziale der Deutschen Bank weiter integrieren, die Prozesse verbessern und dabei­ Komplexitäten und Kosten reduzieren. Eine Voraussetzung, um diese Potenziale zu heben, ist eine erfolgreiche Verknüpfung von Aladdin mit der im Backoffice genutzten Lösung „Simcorp­ Dimension“.­

Auch bei Pioneer Investments fielen Entscheidungen, die nur indirekt­ etwas mit Funktionalitäten, Release-Wechseln oder Wartungs­kosten zu tun hatten. Für den deutschen Standort war das, wie auch für andere europäische Niederlassungen, die Entscheidung, Latent Zero im Frontoffice einzusetzen. Damit war Pioneer der erste deutsche Kunde von Latent Zero. Die Frage, ob dessen Anbieter Fidessa die Anlage­restriktionen des deutschen Marktes abbilden kann, verlor ­jedoch schon nach etwa zwei Jahren Einsatzzeit wieder an Bedeutung. Ende 2011 wurde für das Frontend eine, diesmal globale, Einheits­lösung beschlossen.­ Neu zum Zug kam Aladdin.

Ein Duopol für KVGen
Ohne höhere Mächte ist die Bereitschaft, die Software im Front­office, über das Wertpapiere und Derivate gehandelt werden, auszutauschen, sehr gering. Das Gleiche gilt für das Backoffice, also die Fondsbuchhaltung. Gewechselt wird meist nur, wenn es nicht mehr anders geht. Dies dürfte auch bei der Nord-LB Asset Management der Fall sein, die als bislang letzte KVG mit deutschem Hintergrund Nutzer von „GP3“ von Sungard war. Handlungsbedarf entstand, nachdem Sungard die Backoffice-Lösung und die Software „Decalog“ im Februar­ verkaufte. Im Juli dieses Jahres vermeldete Profidata den Gewinn eines­ Mandats einer nam­haften KVG. Dass es sich dabei um die Nord-LB Asset Management­ handelt, möchte man in Hannover und im Profidata Headquarter in Zürich offiziell nicht bestätigen. Mitgeteilt wird aus Hannover lediglich, dass „eine Optimierung der Administration derzeit in einem Projekt untersucht“ werde.

Sungard spielte bei Kapitalanlagegesellschaften früher – bis zum verpatzten Relaunch von V3 – eine große Rolle. Heute bestehen noch Installationen bei Caceis, Generali Invest, Meriten und Nomura, BVI-KVGen mit ausländischem Hintergrund. Dass sich der zuvor letzte Wechsel eines Fondsbuchhaltungssystems bei einer deutschen BVI-KVG anno 2011 ereignete, nämlich als Warburg Invest von Multifonds zu Simcorp Dimension wechselte, lässt erahnen, wie zäh der Markt tatsächlich ist. Die zwei Platzhirsche Profidata aus der Schweiz und Simcorp aus Dänemark, die beide sowohl Front-to-Back- als auch Front-, Middle-­­ und Backoffice-Einzellösungen anbieten können, teilen­ das KVGen-­Revier weitestgehend unter sich auf. Nach den Assets­ under Management der in Deutschland geführten Fonds liegt Simcorp mit der Software „Dimension“ bei der Administration von Publikums­fonds vorne, Profidata ist eigenen Angaben zufolge mit Xentis bei der Verwaltung von Spezialfonds führend. Beispiele für große Dimension-Installationen sind Dealis,­ Inka und Société Générale Securities Services. Dauerrivale Profidata zählt mit Universal-­Investment, Helaba Invest und BNY Mellon drei namhafte Master- beziehungsweise Service-KVGen zu ihren Kunden. Zusätzlich wickeln BNY Mellon und Helaba Invest das Depotbankgeschäft mit Xentis ab. Dabei ist Helaba Invest der Anwendungsdienstleister der Mutter, der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, die noch bis 2013 Simcorp Dimension als Depotbanksystem einsetzte.

Diskutiert werden beim Kampf der Systemanbieter gern zwei Fragen:­ das Alter der Software und ob die IT-Landschaft von einem Komplettanbieter oder mehreren Spezialisten kommen sollte. Dimension wurde 1996, Xentis 2003 erstmalig vorgestellt. Die Altersdifferenz­ spielt nach Ansicht von Peter Klein, Mitglied der Geschäftsführung der Profidata Group, im Jahr 2014 nach wie vor eine Rolle. Eine­ moderne­ Architektur biete eher die Flexibilität, um schnell auf neue regulatorische­ Anforderungen, wie Emir, AIFMD und Solvency II, zu reagieren oder neue Geschäftsmodelle umzusetzen. Klein sieht darüber hinaus Vorteile bei der Integrierbarkeit in bestehende System­landschaften, die mit einem höheren Grad an Automatisierung und einer erheblichen Reduktion von Schnittstellen und Altsystemen verbunden sein sollte. Implikationen auf die Dauer von Einführungs­projekten und die Höhe der Betriebskosten stünden ebenfalls im Fokus.­ Zu beachten ist hierbei auch das Budget für Forschung und Entwicklung (F&E) von Softwareanbietern. Bei Simcorp waren es im vergangenen Jahr 22 Prozent der erlösten 225 Millionen Euro. Das börsennotierte Unternehmen präsentiert zudem gerne seine Weiterentwicklungen. Profidata investiert eigenen Angaben zufolge kontinuierlich über 25 Prozent des jährlichen Umsatzes in die Erweiterung der Software. Um diese zu präsentieren, nutzt Profidata ein Kundenmagazin und die jährlich stattfindende Anwendertagung sowie weitere­ Kundenveranstaltungen zu spezifischen Sachthemen.

In der Diskussion über Best-of-Breed- versus die Alles-aus-einer-Hand-Version beziehungsweise die Front-to-Back-Lösung hat das liebe­ Geld die Waage in letztere Richtung gedrückt. So geht für Berater­ Roman G. Trageiser, ehemaliger Sprecher der Geschäftsführung der Dealis, der Trend wieder zur Front-to-Back-Lösung: „Die Schnittstellen­problematik bei Best-of-Breed-Lösungen besteht nach wie vor, und Extra­arbeit für Schnittstellen gilt es insbesondere bei Sparvorgaben zu vermeiden.“ Thomas Pirzer, Mitglied der Geschäftsleitung des Softwareunternehmens Diamos, das neben Fondsbuchhaltungs- und Fondsdepot-Verwaltungssoftware im KVGen-Markt mit verschiedenen Einzellösungen unterwegs ist, hat hier – wenig überraschend – eine andere Sichtweise. Pirzer hat dafür jedoch auch ein gutes Argument:  „Die steigenden regulatorischen Vorgaben erfordern, dass der Meldungs­austausch zwischen den involvierten Parteien – Asset Manager,­ Broker, Verwahrstellen, Aufsicht – viel schneller als früher erfolgen­ muss. Dafür ist ein gutes Schnittstellenmanagement erforderlich, und davon verstehen wir als Modulspezialist viel.“ Pirzer verweist in diesem Zusammenhang zudem auf die Schlagwörter „Multi Connectivity“­ und „Transaction Center“.

Zehn Prozent des Marktes entfallen auf die Backoffice-Software von Multifonds aus Luxemburg. Da diese Assets alle von Union Investment­ gemanagt werden, und die Union der einzige deutsche Multifonds-Kunde ist, wittern andere Anbieter hier noch ein großes Geschäftspotenzial. Bislang aber – und auch künftig – vergebens. „Wir sind nach wie vor zufrieden, das System funktioniert, und was wir brauchen, wird von Multifonds umgesetzt“, erklärt Jürgen Stahl, der bei Union Investment die IT im Investmentprozess verantwortet. Befürchtungen,­ dass Multifonds bei lediglich einem deutschen Kunden­ nicht auf Dauer gewillt sein könnte, sich um die Besonderheiten des deutschen Marktes zu kümmern, teilt Stahl nicht. „Zu den Kunden von Multifonds zählen Global Custodians, die von ihrem Provider jeden größeren legislatorischen Rahmen abgebildet wissen wollen.­ Darum dürfte sich Multifonds auch ohne uns um die deutschen Gegebenheiten kümmern.“

Die Alternativen sind für Stahl zudem­ wenig attraktiv. Xentis sei aus dem Blickwinkel der Union zu sehr auf Deutschland ausgerichtet und Dimension zu umfangreich. Dealis Fund Operations, das Back­office-Joint-Venture von Allianz Global­ Investors und der Deka-Bank, bietet als Outsourcing-Angebot auch keine Wunschlösung, da Union Investment das Backoffice nicht abgeben möchte und Dealis sich auf die Fondsbuchhaltung konzentriert. „Lediglich­ die Fondsbuchhaltung zu vergeben, ist relativ schwer“, so Stahl. Im Frontoffice vertraut Union Investment auf den Spezialisten Charles River. Ein Schnittstellenproblem zu Multifonds besteht laut Stahl nicht. Ebenfalls eine Fondsverwaltungs-Softwareinstallation bei BVI-KVGen­ weist mit der Hansa-­Invest der Software-Anbieter Diamos­ auf. Dies soll auch so bleiben. „Aktuell stellen wir keinerlei Überlegungen an, die Zusammenarbeit zwischen uns und Diamos zu verändern oder gar zu beenden. Wir sind sehr zufrieden mit dem Softwarehaus und den Produkten“, sagt Hansa-Invest-Geschäftsführer Dr. Jörg W. Stotz.

Über wen als neuer Dealis-Kunde spekuliert wurde, da sie seit Jahres­anfang eine Tochtergesellschaft der Deka-Bank ist, ist die LBB-­Invest. Die LBB-Invest entschied sich jedoch für eine Verlängerung ihres Profidata-Kontraktes. Die Dealis-Diskussion dürfte die übrigen Landesbanken-KAGen nicht erreichen, da sowohl die Bayern Invest als auch die Helaba Invest und die LBBW Asset Management über ausreichend hohe Assets under Administration verfügen.

Ein Oligopol für Versicherer
Mehr Geschäftspotenziale als im verteilten KVGen-Markt be­stehen bei Versicherungen. Die stetig zunehmenden regulatorischen Anforderungen und der im Niedrigzinsumfeld steigende Bedarf an komplexeren Anlageprodukten forciert die Suche nach Alternativen zu Excel-Lösungen, aber auch nach Ergänzungen zum allgegen­wärtigen, eigentlich für Industriekonzerne gedachten SAP-Treasury-Modul „Corporate Finance Manager“. „Bei Versicherungen können­ wir argumentieren, dass die Kapitalanlage immer wichtiger wird und dafür spezialisierte Lösungen nötig sind“, sagt Peter Engel von Simcorp. Dies gelte auch für mittelgroße Versicherungen, wenn diese über eine­ eigene KVG und Publikumsfonds verfügen. Ein Argument­ pro Spezial­anbieter wie Latent Zero oder Charles River sei das Niedrig­zinsumfeld aber nicht. Engel erklärt: „Für Versicherungen zählt weniger der Handel als Aspekte wie Risikomanagement, Compliance oder Regulierung.“ Nach Angaben von Simcorp verwalten­ 14 der deutschen Top-25-Versicherer ihre Kapitalanlagen auf Simcorp Dimension.

Profidata schloss im Juni die Einführung von Xentis bei der Delta Lloyd in Wiesbaden ab. Damit verwaltet Xentis nun nach eigenen Angaben­ die Kapitalanlagen von Delta Lloyd aus 400.000 Versicherungsverträgen, wozu auch nachrichtlich mitzuführende, nicht notierte­ Vermögensgegenstände, wie Immobilien und Hypothekendarlehen, gehören. Ferner stellt Profidata die Bedeutung einer reibungs­losen Ex-ante- und Ex-post-Prüfung der Anlagegrenzen gemäß­ Anlageverordnung heraus sowie die nötigen Erstellungen für das Versicherungs­meldewesen. Neben dem Kapitalanlagecontrolling bilanziere Delta Lloyd sämtliche Transaktionen nach HGB und IFRS im Nebenbuch von Xentis, das über eine automatisierte Schnittstelle mit dem Hauptbuch SAP verbunden ist, und erstellt darüber hinaus­ eine Marktwertbilanz. In einem nächsten Schritt wird die Umsetzung von Solvency II mit Xentis angestrebt. Holger Bennewitz, Leiter Kapital­anlagen der Delta Lloyd, verweist noch auf eine besondere­ Heraus­forderung, die für einen besonders starken Termindruck sorgte:­ „Mit der Entscheidung von Delta Lloyd, die ausgelagerte Kapital­anlagenverwaltung wieder einzugliedern, hat sich unsere Organisation­ einer großen Herausforderung gestellt. Der Termin für die Produktivnahme von Xentis war durch den auslaufenden Outsourcing-Vertrag fest vorgegeben. Die Arbeitsabläufe mussten­ bei Delta Lloyd neu definiert und die Mitarbeiter sehr schnell darauf eingestellt werden.“ Letzter Outsourcing-Partner war die Kas-Bank. Trotz der Eile seien die wirtschaftlichen Vorgaben übertroffen worden.­ Weitere­ Versicherungskunden von Profidata sind die Luxemburger Lombard International Assurance und die Schweizer­ Credit Suisse Life & Pensions. Versicherungen, die lieber outsourcen, werden bei KVGen, die Xentis bereits für die Fondsverwaltung einsetzen, über ein system­immanentes Versicherungsmodul bedient. „Vom Kostendruck sind Versicherungen ebenfalls betroffen und benötigen deshalb eine Alternative“, argumentiert Klein. Das Versicherungsmodul ermöglicht KVGen­, neben den Spezialfonds auch die Direktbestände von Ver­sicherungen zu administrieren und somit das Kapitalanlagecontrolling in seiner Gesamtheit zu übernehmen.

Neben Simcorp und SAP spielt bei Versicherungen aber auch Steria­ Mummert ISS eine wichtige Rolle. Das Unternehmen weist ein größeres Kundenportfolio bei mittelgroßen und kleineren Versicherungen auf, aber auch bei Altersvorsorgeeinrichtungen. Zum ISS-Portfolio­ aus Produkten für die Bestandsführung (Winsure), Asset Management (Kavia) und Meldewesen/Solvency II (Solvara) gesellt sich nun auch ein neues Finanzbuchhaltungssystem. „Infina“ (Insurance­ Financial Accounting) wurde gemeinsam mit der Debeka ent­wickelt.

Das Ausgangssystem war Allis Fin. Insbesondere unterstützt Infina eine parallele Führung von HGB, IFRS und eine Marktwert­bilanz im Sinne von Solvency II. Es können aber auch weitere freie Bilanzen­ und GuVs definiert werden. Für die Konzernrechnungs­legung werden laut Unternehmensangaben Kontensalden über mehrere Ebenen bis zur Konzernebene konsolidiert. Nach Angaben von Steria Mummert zählt man in Deutschland und Österreich für Solvara­ über 220 Mandanten und für Kavia über 150 Mandanten. Jüngst kamen­ für die beiden Produkte Mandate von der Versicherung Die Bayerische (vormals BBV). Auf der Referenzliste für Solvara finden sich auch die Mecklenburgische, die Provinzial Nordwest und die DEVK.

Die Asset-Management-Lösung Kavia widmet sich seit 20 Jahren einem effizienten Portfoliomanagement im Front-, Middle- und Backoffice und einer integrierten Kapitalanlagengesamtsicht. Pilotkunde waren 1994 die GVV-Versicherungen. Heute gibt es mit Kavia-ALM noch einen Ableger für Altersvorsorgeeinrichtungen. Nutzer ist beispielsweise das Versorgungswerk der Apothekerkammer West­falen-Lippe. Für die Anwender werde über das Programm die Asset-Liability-­Strategie per Monte-Carlo-Simulation ermittelt. Beide Kavia-Varianten seien zudem auf die Anforderungen der Bafin geeicht.

Die Huckepack-Strategie von Simcorp
Rückblickend auf die Marktentwicklungen bei KVGen und Ver­sicherungen ist ein Anbietermarkt zu erkennen, auf dem die Platz­hirsche ihr Revier verteidigen oder sogar noch ausbauen konnten. Wer jedoch den Markt etwas aufbohren konnte: die Lupus Alpha Business­ Solutions (Labs). Mit der 2009 gegründeten Einheit kann Lupus Alpha,­ ein Anwender von Simcorp Dimension, seine IT-­Expertise auch anderen Asset Managern oder Kapitalverwaltungs­gesellschaften zur Verfügung stellen. „Kostencenter­ IT zum Profitcenter gemacht”, titelte hierzu im vergangenen Jahr die Börsen-Zeitung.­ Matthias Biedenkapp und sein Team nutzen dabei die Erfahrungen aus den Anpassungen der umfang­reichen Dimension-­Software auf die Bedürfnisse einer Lupus Alpha.

 Eine Software in dem Umfang einer Simcorp Dimension erfüllt aufgrund ihrer Größe nicht alle Anforderungen, was den Anstoß gab, eigene Lösungen zu ent­wickeln. Es entstanden ein Datawarehouse als „Single Point of Truth“ – die Basis für Reportings und Analysen –, eine­ als Portal aufgesetzte Reporting-Lösung sowie Lösungen für Steuer- und Ausschüttungs­-Reporting – ein sich laufend änderndes und Excel-Lösungen schnell überforderndes Thema – für andere KVGen,­ wie Helaba Invest, Warburg, Universal-Investment, Société Générale Securities­ Services oder Ampega sowie die Muttergesellschaft. Um keine Irritationen über löchrige Chinese Walls und etwaige­ Prioritäten­ gegenüber der Muttergesellschaft aufkommen zu lassen, beschäftigt Labs Mitarbeiter, die ausschließlich für das Mutterhaus zuständig sind. „Alle anderen Mitarbeiter stehen externen Kunden zur Verfügung, die von unseren Entwicklungen für unsere Muttergesellschaft profitieren“, so Biedenkapp. Angeboten werden die Softwareprodukte­ zur Miete, was den Vorteil geringerer Einführungskosten hat, und zum Verkauf mit entsprechender Wartung.

Mittlerweile hat Labs zwei neue Zielgruppen definiert: Versicherungen sowie kleine Vermögensverwalter und Family Offices. Insbesondere der Versicherungs-Provider Steria Mummert ISS dürfte mit größter Aufmerksamkeit verfolgt haben, wie mit Labs jemand, dessen Zielgruppe man bislang eher bei KVGen verortet hat, ein schönes Mandat bei der Sparkassenversicherung (SV) gewonnen hat. Im Juni wurde bekannt, dass die SV auf Basis­ des Datawarehouse „labs.DWH“, des dazugehörigen ETL-Managers „labs.ETL“ und der Reporting-­Lösung „labs.FundCockpit“, eine neue zentrale Datenbewirtschaftungs- und Reporting-­Plattform aufbaut. Nutzer dieser Plattform sollen Mitarbeiter­ aus den Bereichen Kapitalanlage, Finanzen, Immobilien und Controlling­ sein. Wie weiter mitgeteilt wurde, ist eine­ übergreifende Sicht auf alle Kapitalanlagen der SV in allen Asset-Klassen eines der übergeordneten Projektziele. Manuelle­ Abfragen an unterschiedliche Systeme, die in Excel zusammengeführt werden, werden abgelöst. „Das ausgereifte Datenmodell und die integrierte, moderne Reporting-­Lösung von Labs haben uns überzeugt. Unser Ziel, ein effizienteres Controlling im Bereich Kapitalanlage und Finanzen­ aufzubauen, wird damit unterstützt“, wird Dr. Michael Völter, Vorstand der SV, zitiert. Ein Grund für Völters Wertschätzung von Labs liegt auch darin, dass Lupus Alphas­ Simcorp Dimension kennt,­ dem Primärbuchhaltungssystem der SV. Die Erfüllung der regulatorischen Anforderung aus der Solvency-II-Direktive und des gesamten aufsichtsrechtlichen Meldewesens sollen ebenfalls von der neuen Plattform abgedeckt werden. Die aus den Vorsystemen aggregierten Daten werden laut Presse­mitteilung künftig über eine eigens entwickelte Schnittstelle an die Solvency-II-Lösung Solvara geliefert.

Die zweite Zielgruppe: „Die Anforderungen an Compliance und Reportings steigen auch bei kleinen Vermögensverwaltern und Family­ Offices, die bislang noch sehr oft mit Excel unterwegs sind und regulatorische Änderungen manuell umsetzen müssen“, erklärt Matthias Biedenkapp. „Für diese Nutzer ist Simcorp Dimension schlicht zu groß“, fügt er hinzu. Angeboten werden die Reporting-Tools dieser Zielgruppe per Hosting-Lösung. „Diese Lösung haben wir ein Jahr lang entwickelt“, so Biedenkapp. Diese Strategie entfaltet auch für Simcorp Charme. Dadurch, dass die Lösungen auf Dimension aufgesetzt sind, verdient nämlich Simcorp an jedem Labs-Kunden mit. Die Hosting-Lösungen dürften dabei besonders interessant sein, weil Labs damit die Portfolio-­Management-Funktionalität von Simcorp Dimension­ einer Zielgruppe­ anbietet, die wegen ihrer Größe eher für den Wettbewerber Profidata interessant ist. Dieses Angebot richtet sich gezielt an Asset Manager und Vermögensverwalter mit bis zu vier Milliarden Euro Assets­ under Management. Biedenkapp sieht in diesem Markt allein in Deutschland ein Potenzial von 200 Kunden. Bei einem der beiden Pilotkunden handelt es sich um ein Family Office,­ dass sechs Portfoliomanager beschäftigt, deren unterschiedliche Reportings­ man bislang mühsam auf Excel bündelte.  

Ähnlich wie Labs ist auch der Insourcer Société Générale Securities­ Services (SGSS) unterwegs. Seit 2007 besteht das Angebot per Application­ Service Providing (ASP) auf die Frontoffice-Applikation­ von Simcorp Dimension zuzugreifen, was zurzeit von fünf Asset Managern­ für Assets im Wert von insgesamt 20 Milliarden Euro genutzt­ wird. „Damit können wir vom Frontoffice über die Fondsbuchhaltung, Asset Servicing bis zur Verwahrstelle für Asset Manager alles aus einer Hand anbieten und damit deren komplette Wertschöpfungskette bedienen“, erläutert Christian Wutz, Geschäftsführer der SGSS in Deutschland.

Die Huckepack-Strategie von Profidata
Mit Xentis cloud (Xcloud) ist Profidata auch selbst mit einer gehosteten­ Lösung im Markt für kleinere und mittelgroße Asset Manager­ unterwegs. Das bereits mehrfach von Kunden angenommene­ Angebot ermöglicht laut Profidata den einfachen und preiswerten Zugang­ zu Xentis, ohne eine hausinterne IT-Infrastruktur und die Daten­versorgung betreiben zu müssen. Dabei kann das System vollständig oder modular, zum Beispiel für Portfolioanalyse, Investment Compliance und Order Routing oder nur für die Fondsbuch­haltung, eingesetzt werden. Weiterhin unterstützt Profidata ihre Xentis-­Kunden bei der Erschließung neuer Marktpotenziale. Der Administrationsspezialist Universal-Investment bietet zum Beispiel Asset Managern­ eine selbst entwickelte Frontend-Plattform auf Basis von Xentis an. Teil dieser Sourcing-Lösungen sind Bestandsführung, Kursversorgung, Anlagegrenzprüfung und Reporting-Lösungen. Als Zielgruppe­ für dieses „sehr zukunftsträchtige Angebot“ sieht Barbara Ioakimidis-Weber von Universal-Investment beispielsweise Asset Manager, die statt eines Advisor-Auftritts den Outsourcer-Status bevorzugen, für die damit verbunden Pflichten der Anlagegrenzprüfung aber Partner suchen. „Diesen Asset Managern stellen wir in Form eines webbasierten Tools eine Plattform zur Verfügung, die alle Anlagegrenzprüfungen inklusive Pretrade-Prüfungen enthält“, erläutert Ioakimidis-­Weber. Aktiv vermarktet wird dieses 2007 gestartete Front­end-Angebot seit 2013, mittlerweile sind es acht Asset Manager mit insgesamt sechs Milliarden Euro, die von Universal-Investment die Frontend-Plattform beziehen.

Besteht eine Schnittstelle zu einer anderen KVG, führt Universal-Investment für Fremdfonds eine Schattenbuchhaltung durch. Eine Datenkonfusion wird also durch die Bündelung auf einer Plattform vermieden. Zudem hat Universal-Investment als Frontend-Plattform auch einen kontrollierenden Einblick darüber, ob die gehandelten Wertpapiere dann auch einen Tag später im jeweiligen Backoffice verbucht werden. Als Add-on steht noch ein Middleoffice zur Verfügung, das Universal-Investment als Verwahrstelleninstruktion und Settlement-Abstimmung definiert.

Einer der acht Manager, die das Frontend-Angebot von Universal-Investment nutzt, ist Vescore. Die Münchner Boutique stand vor der Wahl zwischen Software- und Serviceanbieter, weil sie auf Kunden­wünsche nach einer tieferen Fertigungstiefe hin nicht nur Advisor,­ sondern auch den Status eines Finanzportfolio-Verwalters im Outsourcing haben wollte. Bei der Abwägung zwischen Software- und Serviceanbieter hat sich Vescore mit der Universal-Investment für das oben beschriebene Service-Provider-Modell entschieden. „Mit 5,5 Milliarden­ Euro an Assets under Management, von denen der größte Teil über das Frontend von Universal-Investment läuft, und 35 Mit­arbeitern fühlen wir uns bei weitem zu klein für eine Inhouse-­Lösung“, erklärt Dr. Nils Bierkamp von Vescore. Bei dem Größen­argument spielt auch eine Rolle, dass Vescore das Middleoffice aus­lagern kann und somit für die Broker- und Verwahrstellenabstimmung nicht extra Mitarbeiter­ einstellen muss. Bei der Universal-Investment liegt damit auch die Aufgabe, das Frontend nach und nach an die unterschiedlichen Backoffice-Systeme von sieben KVGen mit verschiedenen Verwahrstellen anzuschließen. Förderlich für die Zusammen­arbeit war sicherlich, dass zwischen Vescore und Universal-­Investment für Overlays bereits seit 2010 eine Kooperation besteht. Gemeinsam mit Vescore kann die Master-KVG seit 2010 auch ein risikopuffer­schonendes aktives Overlay anbieten.

Als Derivate- und Allokationsspezialist gibt es für Frontend-­Anbieter sicher einfachere Kunden als Vescore. Bierkamp und sein Kollege Dr. Stefan Wittmann schätzen aber die „schnellen und pragmatischen Lösungen“ von Universal-Investment. In der Praxis bedeutet dies, dass im Bedarfsfall komplexere Geschichten zunächst manuell verarbeitet werden und dann eine Standardisierung nachimplementiert wird. „Dank dieser Aufstellung können wir uns voll und ganz auf unsere Kernkompetenzen konzentrieren“, zieht Wittmann ein Fazit der Kooperation. Entgegen kommt Vescore auch das Mietmodell. „Bei unserer Größe würde auch auf Dauer ein Lizenz­modell mit einmaliger Lizenzzahlung nicht billiger kommen“, so Bierkamp.

Besonders interessant sind die von Universal-Investment und Labs angebotenen Hosting- beziehungsweise webbasierten Lösungen für alle, die noch mit Excel hantieren und der sich laufend ändernden gesetzlichen und vertraglichen Fonds-Compliance kaum noch Herr werden. Attraktiv ist für die Anbieter, dass einmal gewonnene Kunden wenig Interesse haben dürften, diese regulatorischen Probleme einmal wieder inzusourcen. Der Trend dürfte vielmehr hin zur Kon­zentration auf die Kernkompetenzen gehen.

Alte und neue Blickwinkel und Märkte
Neben den erwähnten Kundensegmenten hat Profidata bei einem weiteren, derzeit vieldiskutierten Kundensegment bereits den Markteintritt geschafft. Mit der Xentis-Schwester-Software „e-Amis“ unterstützt Profidata derzeit fünf Family Offices im Asset Management. Dabei sei das Preis-Leistungs-Verhältnis für Family Offices entscheidend. Systemseitig bestehe die Herausforderung in der Darstellung verschachtelter Familienstrukturen, dem Anlageschwerpunkt auf Multi-Asset-Mandaten und der darauf basierenden Performance-Messung. Peter Klein erklärt: „Da die Asset Allocation für verschiedene Familien mit mehreren Generationen unter Berücksichtigung komplexer Portfolio- und Cashstrukturen sowie interner Anlagerestriktionen abzubilden und auf vielen Ebenen zu konsolidieren ist, gestaltet sich die übergreifende Performance-Messung alles andere als trivial.“ Profidata bietet Family Offices und unabhängigen Vermögens­verwaltern eigenen Angaben zufolge mit dem Angebot „e-Amis & Services“­ die Möglichkeit, e-Amis im gemeinsam mit der Firma Consaltis­ unterhaltenen Profidata-Service-Center zu nutzen und weitere Backoffice-­Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Im Visier von Diamos stehen auch noch andere Kunden aus dem Segment der Alternative-Investment-Fondsmanager. So offeriert Diamos­ für Immobilienfondsgesellschaften Verwaltungssoftware auch für das operative Immobiliengeschäft, also die Abbildung der Finanz­ströme aufgrund von Mieteinnahmen oder Ausgaben für das Facility-Management. Eine solche Dienstleistung kann auch Anbietern­ von Flugzeug- oder Schiffsfonds zugutekommen. Zudem bestehen seit 2009 mit der Commerz Real entwickelte Systemlösungen für die Verwaltung von Beteiligungen an geschlossenen Fonds. Abgedeckt werden dabei beispielsweise die Fondsauflegung, die Verwaltung von Anlegerstammdaten sowie deren Anteils- und Beteiligungs­informationen bis hin zum Fondsablauf.

Während die oben genannten Kundensegmente noch weiteres Wachstum versprechen, sind die Wachstumsperspektiven im KVGen-Kerngeschäft für Simcorp und Profidata eher begrenzt. Trotzdem generieren die beiden Softwarehäuser schöne Margen. Simcorp erzielte 2013 eine Ebit-Marge von 24 Prozent, die für F&E-Aktivitäten genutzt werden können, sogar müssen. Denn wer rastet, der rostet nicht nur, sondern verliert – siehe Sungard – Marktanteile. Simcorp hat beispielsweise viele Ressourcen in das Frontoffice investiert und kann so in einem gesättigten Markt noch wachsen. „Wir setzen uns nun zunehmend gegen Spezialanbieter, wie zum Beispiel Charles River oder Bloomberg, durch“, erklärt Engel. So hat sich beispielsweise 2013 die Meag für den globalen Einsatz des Frontoffice von Simcorp entschieden, unter anderem weil es, so Claudio-Peter Prutz, Leiter IT und Organisationsentwicklung bei der Meag, „eine bessere Integration, Straight-Through-Processing und Automatisierung mit den anderen Systemteilen ermöglicht.“ Simcorp sieht daher zunehmend Kunden, die sich gezielt für die Front-Module entscheiden, um so von der Integration­ von Performance- und Risikokennzahlen im Frontoffice zu profitieren. Ähnlich verhält es sich laut Klein bei den Neukunden von Profidata, wie der bereits erwähnten deutschen KVG und der Berner­ Kantonalbank, die sich auch aufgrund der integrierten Front-und Middleoffice-Funktionalitäten für Xentis entschieden haben.

Ein Beispiel für die Frontend-Weiterentwicklung bei Simcorp ist Ibor, das Investment­ Book of Record. Dieses verschafft im Falle einer zerstückelten Anbieterlandschaft eine komplette Übersicht über die Daten zu allen Asset-Klassen und zu verschiedenen Transaktionszeitpunkten. Dann sind je nach Zeitpunkt – simulated, ordered, allocated,­ confirmed, booked, settled – Aggregationen und Analysen über verschiedene­ Systeme möglich. Im Ausland kommt es öfter vor, dass Kunden nicht nur im Front- und im Backend verschiedene Anbieter haben, sondern auch noch innerhalb des Frontends für verschiedene Asset-Klassen. Viel verspricht sich Simcorp auch von der Abteilung „Legal Practices“. Hierbei handelt es sich um eine Acht-Mann-Truppe in Bad Homburg, die ausschließlich regulatorische Entwicklungen beobachten und entsprechende IT-Lösungen anstoßen soll. „Aufgrund dieser Abteilung waren wir beispielsweise in der Lage, frühzeitig­ Lösungspakete für Solvency II und Emir zu entwickeln.“ Als weitere­ Innovationen verweist Engel auf Simcorp Coric, ein Tool insbesondere­ für das Kunden­-Reporting, sowie auf das neue Simcorp Dimension­ Data­warehouse, für das sich nach Simcorp-Angaben bereits­ vier Kunden, unter anderem die Wave Management AG, entschieden haben. Auch Profidata hat seit mehreren Jahren die Abteilung „Business-Analyse und Strategic Research“ etabliert, in der ein Team nicht nur regulatorische, sondern auch vom Markt bestimmte und strategische Anforderungen analysiert. Für die zielgerichtete Umsetzung dieser Anforderungen in Xentis beraumt Profidata regelmäßig Arbeits­gruppen mit interes­sierten Kunden an, die Themen wie die „­Generische Abbildung hochkomplexer Gebührenmodelle“ oder „Emir und ­Collateral Management“ behandeln.

Daneben haben sich noch weitere Aspekte geändert, die für das Rennen zwischen den IT-Lösungsanbietern relevant sind. Eine ­Kommalpha-Studie zum Image von IT-Lösungsanbietern aus Sicht ­institutioneller Marktteilnehmer aus dem Jahr 2012 zieht folgendes Fazit: „Eine gute Leistungsqualität, technische und fachliche ­Kompetenz sowie ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis reichen heute zur Image­bildung von IT-Lösungsanbietern für den professionellen Kapitalmarkt nicht mehr aus. Neue Kriterien wie Flexibilität, Inno­vation, Kommunikation, Kontinuität sowie Unterstützung bei angrenzenden Leistungen sind für das Gesamtimage von zunehmender ­Bedeutung.“ Dies kann Profidata-Geschäftsführer Peter Klein mehr als bestätigen: „Diese Studienergebnisse sind aktueller denn je. Als Softwareanbieter­ sind wir gleichzeitig auch ein Servicehaus. In ­unserem Fall können Finanzunternehmen für die Beantwortung von offenen ­Fragen zur Kapitalanlage und zum Depotbankgeschäft auf die Beratungs­leistungen und die Expertise unserer Tochterunternehmung Itechx zurückgreifen.“

Schlussendlich kommt jenseits aller Technologie- und Preisfragen auch oder sogar ganz besonders beim Thema Software dem Faktor Mensch eine wichtige­ Rolle zu. Berater Roman G. Trageiser: „Ein sehr relevanter Faktor ist, ob der Portfoliomanager ein bestimmtes System bereits kennt und sich somit nicht mit etwaigen Alternativen­ auseinandersetzen muss. Dann kommt noch hinzu, welchen Einfluss der Portfoliomanager auf die Softwareentscheidung hat.“

Von Patrick Eisele

portfolio institutionell, Ausgabe 8/2014

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