Perpetuitas et Pecunia
Nachhaltigkeit, lateinisch perpetuitas, ist vielschichtig. Investoren suchen Orientierung im ESG-Dschungel, der sich nun auch auf Impact Investments erstreckt. Ein Kompass können für institutionelle Anleger sowie Unternehmen kirchliche Anleger und deren Engagements sein. Deren Stärke wiederum basiert neben der Glaubwürdigkeit und der Hartnäckigkeit der Investoren auch auf dem dahinterstehenden Kapital. Gute Gründe mit Ö3 ein entsprechendes Veranstaltungsformat aus der Taufe zu heben.
Ö3 steht für ökumenisch, ökologisch, ökonomisch und hinter Ö3 stehen die Weltkirche im Bistum Mainz, die Sustainable Investing Trust Steuerberatungsgesellschaft und portfolio institutionell.
„Als Kirchen stehen wir gerade allgemein vor großen Herausforderungen“, so Dr. Eva Baillie zum Veranstaltungsauftakt. Noch größer und dramatischer sind für die Referentin der Weltkirche jedoch die Herausforderungen, die sich aus den Auswirkungen des Tuns der Menschheit auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse der Erde ergeben. „Dass wir handeln müssen, wird nicht mehr bestritten. Aber wo setzen wir an, um einen Wandel – die große Transformation – anzustoßen. Gerade im Austausch mit Partnern und Gästen aus dem globalen Süden hören wir aus den unterschiedlichsten Perspektiven von den Herausforderungen durch die Folgen des Klimawandels.“
Dieses Motiv für den Ö3-Event betonte auch Reinhard Liebing von Sustainable Investing Trust: „Gerade in der jetzigen Zeit führt ein Mehr an Transparenz und Offenlegung zu einem einfacheren Blick auf die verborgenen Potenziale, die eine ökumenische Zusammenarbeit bietet. Die Herausforderungen sind zu groß und es liegen auch zu viele Chancen in der Transformation, die es gilt, gemeinsam zu heben.“
Die erste Veranstaltung, gestaltet von sehr namhaften Referenten, fand in sehr interessierten kirchlichen Kreisen in Räumlichkeiten des Bistum Mainz Ende September statt. Insbesondere Vertreter der kirchlichen Kapitalanlage trugen zum Gelingen der ersten Ö3-Veranstaltung bei. Zunächst diskutierten die Panelisten ihr Nachhaltigkeitsverständnis. Dieses zielt in Kirchenkreisen insbesondere auf die Aspekte „Soziale Gerechtigkeit“ und die „Bewahrung der Schöpfung“ ab, erklärte Dr. Jörg Mayer, Vorstandsvorsitzender des Arbeitskreis Kirchlicher Investoren, AKI, und Leiter der Finanzabteilung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig.
Zur Operationalisierung nachhaltiger Anlagen empfahl Mayer den mittlerweile in der fünften Auflage erschienenen Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlage in der evangelischen Kirche. Im Leitfaden werden Impact Investments eine stetig steigende Relevanz attestiert. Für Jörg Mayer sind Impact Investments eine spezifische Form innerhalb der nachhaltigen Anlagewelt.
Finanzieller Return und nachhaltiger Impact
Die Evangelische Zusatzversorgungskasse in Darmstadt, EZVK, die sich am EKD-Leitfaden orientiert, versteht unter „Impacts“ Anlagen, „die neben einer finanziellen Rendite auch eine messbare, positive soziale oder ökologische Wirkung erzielen sollen“. Im Portfolio der EZVK finden sich Impact Investments – für Vorstand Dr. Volker Heinke „die Königsdisziplin der Nachhaltigkeit“ – innerhalb der alternativen Anlagen in Form von Erneuerbaren Energien, Wohnungsneubau sowie im Gesundheitswesen. Mit Hitzerekorden, Artensterben, Dürren, Fluten, verseuchten Meeren oder dem globalen Wassermangel gibt es allein im ökologischen Bereich viele Motive für Impact Investing. Hinzu kommt das soziale Feld.
Impact Investing ist komplex. Dies zeigt sich schon in den Diskussionen darüber, ob es um wirkungskompatible oder wirkungseffektive Investitionen gehen soll. Bei ersterem soll „nur“ das investierte Unternehmen die gewünschten Wirkungen erzielen, bei letzterem soll der Anleger durch seine Investition die Wirkung mitverursachen helfen. Wenig hilfreich ist zudem, dass es auch regulatorisch keine einheitliche Definition gibt. In der Praxis behilft man sich – auch um Impact-Washing-Vorwürfe zu vermeiden – darum oft mit Zuordnungen zu den 17 Sustainable Development Goals der UN. Inwiefern diese dann auch messbar sind, ist wiederum ein anderes, nicht abschließend diskutiertes Thema.
Disput zu Wohnimmobilien
Um Impacts für die Sustainable Development Goals 11, Nachhaltige Städte und Gemeinden, und 13, Maßnahmen zum Klimaschutz, zu geben, bieten Immobilien eine Umsetzungsmöglichkeit. Allerdings offenbarte sich auf der Ö3-Konferenz ein Dilemma bei Wohnimmobilien. Verständlicherweise lag den Kirchenvertretern im Auditorium die Förderung von günstigem Wohnraum am Herzen.
Mit Blick auf nötige energetische Sanierungen und Inflation ist für Investoren allerdings nun hochpreisiges Wohnen attraktiver. Auch weil Mieterhöhungen eher als bei sozialem Wohnen möglich und dabei weniger Reputationsschäden zu befürchten sind. „Sozialwohnungen sind für Wirtschaftsunternehmen schwierig“, bestätigte Prof. Dr. Gerhard Kruip, der an der Johannes Gutenberg Universität Christliche Anthropologie und Sozialethik lehrt.
Kruip konstatierte übrigens in seinem Impulsreferat, dass es grundsätzlich moralisch legitim ist, sein Geld gewinnbringend anzulegen. Aber: „Geldanlagen sind ethisch nicht neutral. Für das, was mit dem Geld gemacht wird, haben Anleger eine Mitverantwortung.“ Unter anderem anzustreben sei ein Dialog mit Anderen und ein Baustein des ethisch-nachhaltigen Investierens seien Engagements. „Eine Frage, die sich dabei stellt: Hat man genügend Verhandlungsmacht?“, so Gerhard Kruip, der dabei auf die Chancen der Ökumene verwies: „Eine Zusammenarbeit stärkt Einflussmöglichkeiten.“
Zur theologischen Fundierung seines Referats verwies Kruip auf entsprechende Dokumente der katholischen Kirche. Vorgestellt wurde beispielsweise das Dokument „Oeconomicae et Pecuniariae Quaestionis“ vom Vatikan im Jahr 2018, also zehn Jahre nach der Insolvenz von Lehman Brothers. Innerhalb dieses Zeitraums, nämlich 2018, wurden die 17 SDGs der Agenda 2030 beschlossen. Diese sind längst etablierter Bestandteil im Nachhaltigkeitskanon.
Zeit, sich auf dieser Errungenschaft auszuruhen, gibt es jedoch nicht, mahnte Ulrike Lohr, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene: „Jetzt ist Halbzeit und zu diesem Zeitpunkt fällt die SDG-Bilanz bitter aus. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“ Um das Tempo zu beschleunigen, braucht es für Lohr genaue Impact-Definitionen.
Intensiv beschäftigt hat sich Ulrike Lohr mit dem Europäischen Lieferkettengesetz. Dieses verpflichtet europäische Unternehmen auf die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten und hat nicht zuletzt auf die Emerging Markets Auswirkungen. Auch der Finanzsektor sei gut beraten, das Lieferkettengesetz zu achten. „Es ist wichtig, dass in den globalen Süden Geld fließt“, sagte Dr. Florian Grohs, Managing Director bei Symbiotics und Aufsichtsrat der Bürgerenergiegenossenschaft Urstrom, der sich schon viel mit Impact Investing in den Schwellenländern befasst hat.
Als Impact-Definition empfiehlt Grohs die Auslegung des Global Impact Investing Network, GIIN. Auch die Definition des GIIN beinhaltet eine finanzielle Rendite, setzt diese jedoch an die zweite Stelle: „Impact investments are investments made with the intention to generate positive, measurable social and environmental impact alongside a financial return.“
Globaler Süden und die Nachhaltigkeit
Die EZVK ist eher gering im globalen Süden investiert. Volker Heinke sieht zwar die Wachstumspotenziale der Emerging Markets. „Aber neben dem Risikomanagement erschwert auch der EKD-Leitfaden Investments in den Emerging Markets, da die dortigen Länder die Leitfadenkriterien wie zum Beispiel Freiheit, Demokratie, keine Todesstrafe, keine Korruption und so weiter nicht erfüllen.“ Aus Sicht von GIIN kann man übrigens auch in den entwickelten Ländern mit Wirkung investieren.
Die drängendsten Herausforderungen der Welt, für deren Bewältigung Impact Investments Kapital zur Verfügung stellen können, sieht das Netzwerk in Bereichen wie der nachhaltigen Landwirtschaft, Erneuerbaren Energien, Naturschutz, Microfinance und erschwingliche und zugängliche Basisdienstleistungen wie Wohnen, Gesundheit und Bildung anzugehen. Diese Felder finden sich auch im Impact-Portfolio der EZVK.
Dagegen hat die in Köln ansässige Kirchliche Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands, KZVK, rund 13 Prozent ihrer Assets in den Emerging Markets investiert. Wie Dorothee Greßnich-Meyer, Abteilungsleiterin Kapitalanlage-Governance bei der KZVK, berichtete, habe man eine spezielle Impact-Nische für soziale Investitionen neben der eigentlichen Kapitalanlage – in der Nachhaltigkeit gleichrangig mit ökonomischen Zielen sei – geschaffen.
In dieser Nische investiere man seit 2019 in Microfinance und mittlerweile auch in Private Equity, wo man Geld für sehr kleine Unternehmen bereitstelle, um die Schaffung von Arbeitsplätzen zu unterstützen. Vor kurzem kam ein Landwirtschaftsfonds mit sozialem Impact hinzu. Dieser zielt auf faire Preise und damit auf faire Löhne ab. „Wir wollen eine Rendite haben. Wir wollen aber auch in benachteiligten Regionen benachteiligten Menschen eine Hilfe zur Selbsthilfe geben“, erläuterte Dorothee Greßnich-Meyer.
Kürzlich erfolgte noch ein weiterer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit: Ebenfalls Ende September hat die Kölner bAV-Einrichtung, die etwa 25 Milliarden Euro zu investieren hat, nämlich die „Principles for Responsible Investment“ (PRI) unterzeichnet. Dr. Oliver Lang, Finanzvorstand der KZVK, erklärte zu dem Beitritt: „Als globaler Investor, der innerhalb eines christlichen Wertegerüsts agiert, ist es für uns ein konsequenter Schritt, uns einer internationalen Initiative anzuschließen, um die ethisch-nachhaltige Kapitalanlage in der KZVK transparent zu machen und weiterzuentwickeln.“ Mitglied einer internationalen Initiative zu sein, macht natürlich nicht zuletzt für Investments im globalen Süden und auch für Impacts Sinn. Denn gemeinsam, beispielsweise auch über ökumenische Initiativen, unterwegs zu sein, ist wirkungsstärker.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: CO₂-Fußabdruck | Emerging Markets / Schwellenländer | Kirche | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren
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