Pensionswelt im Zwiespalt
Reichlich Mittelzuflüsse und ein neuer Rekord bei den Assets under Management: Die Hedgefonds-Branche könnte mit diesem Jahr bisher eigentlich zufrieden sein, wäre nicht kürzlich ein Nackenschlag von Calpers auf sie darnieder gegangen. Der größte US-Pensionsfonds entsagt Hedgefonds. Ein anderer Pensionsfonds aus Kalifornien stünde bereit, die dadurch entstehende Lücke zu schließen. Die Pensionswelt ist sich uneins über den Nutzen von Hedgefonds.
Ihrem schlechten Ruf zum Trotz haben Hedgefonds weltweit zuletzt kräftig Mittel eingesammelt und bis dahin unbekannte Höhen erklommen. Die weltweite Allokation in dieser Asset-Klasse ist laut aktuellen Zahlen von Hedge Fund Research (HFR) mit 2,8 Billionen Dollar auf Rekordniveau. Allein in der ersten Jahreshälfte 2014 sammelten Hedgefonds netto 57 Milliarden Dollar ein – das ist fast so viel wie im Gesamtjahr 2013. Dabei kamen offenbar nicht nur die wohlbekannten Adressen zum Zuge. Wie Bloomberg im Oktober dieses Jahres berichtete, sind in Europa mehrere Startups aus dem Boden gesprossen, die sich jeweils mehr als 100 Millionen Dollar gesichert haben. Die Gründerväter dieser Hedgefonds sind jedoch keine unbekannten Gesichter in der Branche. Laut Bloomberg handelt es sich um frühere Manager von Millennium Management, Ziff Brothers Investments, Carlyle und TPG-Axon. Als Anleger ist man bei den Neulingen offenbar gut aufgehoben. Das legen zumindest die aktuellen Zahlen von HFR nahe, die Mitte September veröffentlicht wurden. So haben Hedgefonds-Manager, die einen Track Record von weniger als zwei Jahren aufweisen, im vergangenen Jahr mit durchschnittlichen 11,3 Prozent die beste Entwicklung hingelegt. Die Branche insgesamt kam zum Ende des zweiten Quartals 2014 auf ein Plus von 9,1 Prozent.
Bei all diesen positiven Nachrichten hat die Hedgefondsgemeinde allerdings im September dieses Jahres auch eine Hiobsbotschaft erreicht, die weit mehr als Mittelabflüsse in Milliardenhöhe bedeuten könnte. Der kalifornische Pensionsfonds Calpers, der als Vorreiter und Vorzeigeinvestor gilt, hat die Nase voll von Hedgefonds. Die 300 Milliarden Dollar schwere Pensionseinrichtung aus Sacramento hat ihre mehr als 24 Hedgefonds und sechs Dach-Hedgefonds, in denen bislang vier Milliarden Dollar investiert sind, auf die Abschussliste gesetzt. Grund hierfür ist nicht etwa die Performance, wie Ted Eliopoulos, der sich seit Mitte September Chief Investment Officer – zuvor war er es nur interimsweise – nennen darf, erläuterte: „Wir überprüfen laufend, ob wir unsere risikoadjustierten Renditen effizient und kosteneffektiv erreichen. Für einige sind Hedgefonds sicherlich ein praktikabler Weg. Wenn Hedgefonds jedoch mit Blick auf ihre Komplexität, Kosten und der Schwierigkeit, eine für Calpers sinnvolle Größe zu allokieren, bewertet werden, lohnt sich diese Asset-Klasse nicht.“ Wie viel teurer das im April 2002 gestartet Hedgefonds-Programm im Vergleich zum Aktienportfolio ist, verrät ein Blick in den Jahresbericht: Im vergangenen Jahr zahlte Calpers für sein Absolute-Return-Programm, das zwei Prozent des Gesamtportfolios ausmacht, Management und Performance Fees von insgesamt 115,7 Millionen Dollar. Die Gebühren des Aktienportfolios, das immerhin gut 50 Prozent der Gesamtallokation ausmacht, lagen bei vergleichsweise schmalen 87,7 Millionen Dollar.
Machtprobe zwischen CIO und Board
Keine 100 Meilen südwestlich von Sacramento in San Francisco sieht die Welt für Hedgefonds deutlich rosiger aus – zumindest eigentlich. Der Pensionsfonds für Angestellte der Stadt und des Countys von San Francisco (SFCCERS) hat im Frühsommer dieses Jahres entschieden, erstmals in Hedgefonds zu investieren. Angedacht ist keine homöopathische Dosis, mit der erst einmal nur ein kleiner Zeh ins Wasser gesteckt wird. Nein! Der CIO des 20 Milliarden Dollar schweren Pensionsfonds, William Coaker, will nicht kleckern, sondern klotzen. Geplant sind Investments von rund drei Milliarden Dollar, sprich eine Allokation von 15 Prozent.
Bislang ist Coaker diesem ambitionierten Ziel jedoch noch kein Stück näher gekommen. Die Quote liegt nach wie vor bei null Prozent. Der Grund: Board Member Herb Meiberger sträubt sich vehement gegen die Hedgefonds-Allokation und hat sich im Kampf gegen Coaker prominente Unterstützung geholt. Wie das Internetportal „Pensions & Investments“ berichtete, unterstützt Warren Buffett Meiberger und drängt den Pensionsfonds, lieber auf Indexfonds statt Hedgefonds zu setzen. Wer am Ende als Sieger vom Platz gehen wird, ist momentan offen. Meiberger hat zumindest Teilerfolge erzielt. Im Juni dieses Jahres vertagte das Board erstmals seine Entscheidung und forderte von Coaker mehr Informationen über das Hedgefonds-Programm. In der Sitzung Mitte September legte der CIO einen detaillierten Report vor, der den Board-Mitgliedern jedoch nicht ausreichte. Erneut kam das Gremium zu keiner Entscheidung, sondern vertagte sich um weitere 90 Tage. Coaker solle noch mehr Informationen liefern. Ausgang der Hedgefonds-Debatte: ungewiss!
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Pensionsfonds sind für Hedgefonds die wichtigste Anlegergruppe. Wie die Daten des Marktforschers Preqin zeigen, machen öffentliche und private Pensionsfonds mit rund 24 Prozent den größten Anteil an Investoren aus. Die meisten Gelder stammen von öffentlichen Einrichtungen, allen voran aus den USA. Laut dem „Preqin-Spotlight“ über Hedgefonds vom September dieses Jahres sind derzeit 269 öffentliche US-Pensionsfonds – einschließlich Calpers – in Hedgefonds investiert. Im Schnitt liegt die Quote derzeit bei 8,6 Prozent. Wie sich dieses Bild in den kommenden Monaten entwickelt und ob der Ausstieg von Calpers eine Strahlkraft auf andere institutionelle Investoren entfaltet, wird spannend zu beobachten sein.
Verzicht auf Hedgefonds ist eine verpasste Gelegenheit
Am anderen Ende der Welt – in Down Under – ist die Sympathie für Hedgefonds weit weniger ausgeprägt als in den USA. Die meisten großen Pensionsfonds sind nicht in dieser Asset-Klasse unterwegs. Die beiden Ausnahmen sind der 101 Milliarden Dollar schwere Future Fund, der seine Zielallokation von 16 Prozent bereits umgesetzt hat, und der 27 Milliarden Dollar große Sunsuper, dessen Hedgefonds-Programm insgesamt 1,6 Milliarden Euro umfasst. „Viele große Super Funds haben eine sehr bescheidene oder gar keine Allokation, und das ist für mich eine verpasste Gelegenheit“, so die Überzeugung von Bruce Tomlinson, Portfolio Manager des 16 Manager umfassenden Hedgefonds-Programms von Sunsuper, die er kürzlich in einem Interview mit dem Internetportal „top1000funds.com“ kundtat. Diese Überzeugung hat natürlich ihren Ursprung, und zwar in den guten Erfahrungen mit der Asset-Klasse, selbst in der Finanzkrise. Seit 2007 habe das Hedgefonds-Programm immer die Renditen globaler Aktien geschlagen. „Unser Programm fungierte nicht nur als Hedge, was genau das ist, was es sein sollte, sondern hatte auch nicht die großen Drawdowns, wie sie andere hatten“, so Tomlinson. In den Jahren 2008/09 waren weniger als vier Prozent der Fonds, in die Sunsuper investiert war, eingefroren oder geschlossen.
Angesichts dieser ersten Erfolge wurde das Hedgefonds-Programm in den vergangenen Jahren sukzessive ausgebaut. Im zweiten Quartal dieses Jahres hat Tomlinson zwei neue Manager (Multi-Strategy und Equity long/short) mandatiert und bei einem dritten, bereits bestehenden Mandat Kapital aufgestockt, wie aus dem aktuellen Finanzreport hervorgeht. Das Programm zählt somit inzwischen 16 Manager, darunter Bridgewater, Manikay, Brevan Howard, Nephila und Blue Crest. Die bevorzugten Strategien sind Global Macro, Credit/Relative Value und Multi-Strategy/Event Driven, die 35, 33 beziehungsweise 28 Prozent der Hedgefonds-Exposures ausmachen. „Wir wollen eine Rendite von zehn Prozent, keine 15 Prozent. Wir greifen nicht nach Renditen, die zu viel Leverage und Direktionalität bedeuten. Das ist etwas, das wir definitiv nicht wollen. Wir fokussieren uns strikt auf einen marktneutralen Ansatz“, erklärte Tomlinson gegenüber top1000funds.com. Natürlich hat auch er die Gebührenseite im Blick. Sämtliche Vereinbarungen basieren auf dem in der Branche üblichen Standard von 2+20. „Wir versuchen unsere eigene Anteilsklasse oder Vorzugsbedingungen auszuhandeln, wenn das möglich ist. In vielen Fällen funktioniert das aber nicht, weil die Manager unser Kapital nicht brauchen. Gewissermaßen können die besten Manager den Preis bestimmen“, so Tomlinson.
Längere Lock-up-Frist, geringere Fees
Die Hände in den Schoss zu legen, ist seine Sache jedoch nicht. Und so hat er einen Weg gefunden, auf dem sich mit den Hedgefonds-Managern über Fees verhandeln lässt, und zwar indem er längere Investment-Commitments abschließt. „Mit einer Hedgefondsquote von sieben Prozent und einem positiven Cashflow brauchen wir nicht in jedem einzelnen Investment quartalsweise Liquidität. Deshalb sind wir glücklicher, wenn wir eine längere Lock-up-Frist und dafür geringere Fees in einem Teil unseres Portfolios haben. Das hat den zusätzlichen Vorteil, dass es uns ein größeres Set an Gelegenheiten eröffnet“, erklärte Tomlinson im Interview mit top1000funds Ende August dieses Jahres.
Um keine falschen Vorstellungen aufkommen zu lassen, wies Tomlinson in dem Interview auf die harte Arbeit hin, die hinter dem Hedgefonds-Programm steckt. Das sei kein Halbtagsjob. „Entweder man packt es richtig an und geht den steinigen Weg oder man lässt es“, erklärte der Sunsuper-Mann. Für letzteres hat sich offensichtlich die dänische Pensionseinrichtung ATP entschieden. Im vergangenen Jahr hat sie die vor rund neun Jahren eingeführte Separierung in ein Alpha- und eine Beta-Portfolio aufgegeben und diese beiden wiedervereinigt. Einer der Gründe für diesen Schritt waren die Kosten. Das Alpha-Portfolio zu betreiben, sei zu teuer, und die Renditen seien absolut gesehen zu niedrig gewesen.
Von Kerstin Bendix
portfolio institutionell, Ausgabe 10/2014
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