Pensionsfondsrichtlinie: Es geht voran
Nach langem Ringen hat die Europäische Kommission den Entwurf zur IORP-II-Richtlinie vorgelegt. Für deutsche Einrichtungen droht erheblicher Mehraufwand. Rechtssicherheit ist verbessert.
Endlich ist er da: Nach einem langwierigen Entwicklungsprozess hat die Europäische Kommission Ende vergangener Woche den Entwurf zur neuen Richtlinie für Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung vorgelegt. Erwartungsgemäß sind darin keine quantitativen Anforderungen – einem der größten Kritikpunkte im Vorfeld – enthalten. Im Kern betrifft der Entwurf drei Themenbereiche: Governance, Offenlegung und grenzüberschreitende Tätigkeit.
Nach Einschätzung von Alfred Gohdes, Chefaktuar bAV bei Towers Watson, ergeben sich für deutsche Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) aus dem Entwurf auch grundsätzlich einige neuen Governance-Anforderungen, wie zum Beispiel die Trennung zwischen Funktionsträgern der Pensionseinrichtung und des Trägerunternehmens. „Grundsätzlich ist gegen klare Regeln für die Governance nichts einzuwenden – jedoch sollten die Vorschriften angemessen und proportional sein. Wenn Regeln verschärft werden, sollte dies grundsätzlich auch zu einem sichtbaren Mehrwert führen“, so Gohdes. Kritisch sieht er auch die noch nicht spezifizierten Standards für eine eigene Risikobewertung (Risk Evaluation for Pensions). Das berge für die Pensionseinrichtungen unkalkulierbare Risiken. „Je nachdem wie diese Standards von Eiopa im Weiteren ausgestaltet werden, können daraus erhebliche zusätzliche Anforderungen und Kosten resultieren“, so Gohdes.
Fragwürdig erscheint dem Towers-Watson-Mann auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis der vorgesehenen Informationspflichten gegenüber den Begünstigten. So beschreibe die Richtlinie relativ detailliert, welche Informationen den Begünstigten wie zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Mitteilungen müssen jährlich für alle Anwärter erstellt werden, also auch für mit unverfallbarer Anwartschaft Ausgeschiedene. In den Mitteilungen müssen Hochrechnungen der Leistungen enthalten sein. Diese sind nach planspezifischen Annahmen nicht nur zum normalen Pensionierungsdatum, sondern auch für zwei Jahre vor und nach diesem Datum anzugeben. „Die Regelungen für die Kommunikation an die Betriebsrentenanwärter und -empfänger mögen zu den beispielsweise in Großbritannien weit verbreiteten Beitragszusagen passen. Für die in Deutschland üblichen Betriebsrentenzusagen sind diese Anforderungen jedoch unverhältnismäßig hoch. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis der vorgesehenen Informationspflichten gegenüber den Begünstigten erscheint damit aus deutscher Sicht fragwürdig“, führt der Towers-Watson-Chefaktuar aus.
Es gab aber auch Positives, das Gohdes hervorhebt: „In der IORP-II-Richtlinie werden Regeln für grenzüberschreitende Pensionsfonds festgelegt und dadurch die Rechtssicherheit erheblich verbessert. Das ist eine gute Nachricht, selbst wenn die Anforderung der ‚jederzeitigen‘ Ausfinanzierung geblieben ist“, so eine erste Einschätzung von Alfred Gohdes.
Eigenkapitaldebatte ist noch nicht vom Tisch
Auch die Versicherungsbranche hat sich bereits zu dem Entwurf der Richtlinie zu Wort gemeldet. Der Verband für europäische Versicherungen und Rückversicherungen „Insurance Europe“ übt Kritik an dem Fehlen der quantitativen Anforderungen. Dies schaffe ein „unlevel regulatory playing field“ zwischen Versicherern und Pensionsfonds, die im selben Markt agieren und ähnliche Services anbieten. Insurance Europe fordert für einen „fairen Wettbewerb“ zwischen den Anbietern „same risk, same rules“. Joanne Segars, Vorsitzende des europäischen bAV-Verbandes Pensions Europe, begrüßt dagegen, dass der Vorschlag keine neuen Eigenmittelanforderungen für EbAV enthält. Es gebe deutliche Unterschiede zwischen Einrichtungen der bAV und Versicherern: „EbAV sind Sozialeinrichtungen, die auf den Finanzmärkten operieren, geschützt und reguliert durch nationales Sozial- und Arbeitsrecht. Das ist der Ansatz, der bei der Neuauflage der Pensionsfonds-Richtlinie leitend sein sollte.“
Obwohl sich die bAV-Branche vehement gegen diese Forderungen wehrt – zuletzt sogar erfolgreich –, müssen die Einrichtungen fürchten, dass auch für sie früher oder später Anforderungen zur Eigenkapitalausstattung kommen. So soll die europäische Aufsichtsbehörde Eiopa bereits an entsprechenden Regeln arbeiten. Bis 2015 sollen der Kommission Vorschläge unterbreitet werden.
Der bestehende Entwurf zur Pensionsfondsrichtlinie muss noch vom Europäischen Parlament und Ministerrat verabschiedet werden, das werde voraussichtlich 18 bis 24 Monate dauern, schätzt Towers Watson. Den Mitgliedsstaaten wird bis Ende 2016 Zeit gelassen, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Vier Jahre nach der Implementierung sollen laut Gohdes die Auswirkungen untersucht werden – besonders im Blickpunkt soll dabei die Finanzierung stehen. „Insgesamt werden die neuen Anforderungen kleine und mittlere EbAV vor deutlich größere Herausforderungen stellen als die großen Pensionsfonds oder Pensionskassen. Letztere sollten bereits die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MA Risk) vollständig umgesetzt haben und dürften daher in Punkto Risikomanagement gut aufgestellt sein“, so Gohdes.
portfolio institutionell newsflash 31.03.2014/Kerstin Bendix
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