Schwarzer Schwan
10. Januar 2013
Peer hat´s schwer
Heuschreckenalarm in der SPD. Nur kurz nach seiner Ernennung ist Roman Maria Koidl von seiner Position als Online-Berater von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zurückgetreten.
Als Grund wird kolportiert, dass Koidl früher Berater der Investmentfirmen Cerberus und Värde Partners Europe gewesen sein soll. Und das geht in einem sozialdemokratischen Haus natürlich nicht. Das Heuschreckendiktum des SPD-Urgesteins Franz Müntefering erinnert damit an die Volonté Générale der französischen Revolution. Das aufklärerische Ideal Münteferings schlägt sich in einem sich am Gemeinwohl orientierenden Gemeinwillen nieder, der immer Recht hat. Und je härter die Tugendhaften den Gemeinwillen durchsetzen, desto besser für das Volk. Doch der SPD-Tugendterror könnte bald den eigenen Kanzlerkandidaten fressen.
Die Geister, die Müntefering rief, wird Steinbrück nämlich nicht mehr los. In seiner wichtigsten Rede am 5. Oktober 2008 – einem Co-Referat mit der Bundeskanzlerin – garantierte Steinbrück zwar die deutschen Spareinlagen. Was allerdings beim Publikum hängen blieb von all seinen vielen anderen Auftritten, ist, dass er laut eines von ihm beauftragten Wirtschaftsprüfers von November 2009 bis Juni 2011 etwa 1,25 Millionen Euro an Vortragshonoraren erhalten hat – nicht schlecht für einen Redner, aber nicht gut für einen SPD-Kanzlerkandidaten. So wird Peitschen-Peer zum Problem-Peer. Auch weil er laut der Internetplattform Abgeordnetenwatch zwischen 2009 und 2010 nicht einmal eine Rede im Bundestag hielt, also viel häufiger außerparlamentarisch als innerparlamentarisch referiert hat. Dies erinnert an Steinbrücks Amtsführung bei der West-LB: Gemäß der Bild-Zeitung erschien der damalige Finanzminister kein einziges Mal persönlich zu Sitzungen, die Darlehen ab 25 Millionen Euro genehmigten. Da hilft es ihm auch wenig, dass er seine Honorare mit 48,5 Prozent versteuert und nicht nach bewährter griechischer Manier in bar kassiert und sogleich in die Schweiz transferiert hat.
Ein möglicher Befreiungsschlag: Nein, nicht wieder den Eidgenossen mit der Kavallerie zu drohen. Sondern: die Mindestrednerrente. Diese könnte man einmal so üppig gestalten, dass eine Vermögensteuer erhoben werden könnte. Außerdem könnte man für alle Redner, deren finanzielle Verhältnisse nicht so geordnet sind wie die des Herrn Steinbrück, das SPD-Rentenkonzept mit Sprecherhonorar-Regelungen verknüpfen. Ein Lex-Steinbrück sozusagen. Ein Solidarhonorar sollte nach 30 Rednerjahren einen Mindestanspruch von 850 Euro im Monat garantieren. Eine solche Regelung sollte zum Beispiel für Büttenredner interessant sein, die man so für Steinbrück gewinnen könnte. Und Sprecherhonorare von ostdeutschen Politikern könnten bis 2020 stufenweise auf West-Büttenredner-Honorar angeglichen werden. Für alle, die trotzdem nicht auf diesen Betrag kommen, sollte im Sozialrecht eine zweite Stufe der Grundsicherung eingeführt werden. Doch auch Steinbrück, der auf seiner persönlichen Liste der Steuerparadiese gleichrangig Luxemburg, Liechtenstein, die Schweiz, Österreich und Ouagadougou führt, beweist gleichermaßen Humor und Kampfgeist: „Meine Bewerbung um die Kanzlerkandidatur zeigt, dass mir dieses politische Engagement wichtiger ist als Geld“, sagt Steinbrück. „Denn sonst würde ich mehr verdienen, wie ja jetzt jedermann weiß.“
Die Redaktion von portfolio institutionell wünscht Ihnen ein schönes Wochenende.
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portfolio institutionell
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