Versicherungen
16. April 2014

Orsa führt den Namen „Standardmodell“ ad absurdum

Von einem internen Modell ist längst nur noch bei wenigen großen Versicherungskonzernen die Rede. Doch auch der Rest der Branche wird, „dank“ Orsa, individuelle Zusatzanstrengungen über das Standardmodell hinaus nicht vermeiden können.

Der Solvency-II-Countdown läuft, allerdings zählt die Assekuranz diesen nicht gerade mit Begeisterung bis zum Startzeitpunkt 2016 runter. Die mit dem Mammutprojekt verbundene Komplexität reduzierte die Zahl der Befürworter. Auch das Lager derjenigen, die einen Antrag auf ein internes Modell stellen wollen, schmolz auf wenige große Konzerne ab. Individuelle Zusatzanstrengungen wird aber das Gros der Versicherungswirtschaft auch nicht vermeiden können. „Dank“ Orsa muss nämlich eine Entwicklung von Branchenstandards bezweifelt werden. Auch die Standardmodelle dürften eine sehr individuelle Komponente haben. Das Own Risk and Solvency Assessment soll ab 2014 jährlich durchgeführt und der Bafin berichtet werden.
Hoffnungen auf einen konkreten Projektplan und mehr Details über die Erwartungen der Aufseher bei der Umsetzung der Orsa-Anforderungen wurden erst kürzlich enttäuscht. Wie ING Investment Management schreibt, wurden in der ersten Verlautbarung der Bafin am 28. Februar für die Solvency-II-Vorbereitungsphase die Verantwortung zur Entwicklung von Ideen und Prozessen für das Projekt den Unternehmen zugewiesen. Eine individuelle Note liegt auch darin, dass ab 2015 zusätzlich beurteilt werden soll, ob die neuen Kapitalanforderungen erfüllt werden und inwiefern im Unternehmen die Risiken von den Berechnungsvorschriften der Standardformel abweichen. Dabei verlangen komplexere Risikoprofile auch komplexere Risikomodelle und -prozesse, so dass das Prinzip der Proportionalität auch kaum ein Hintertürchen offen lässt.
Als Fazit zieht ING Investment Management, dass aufgrund der fehlenden Vorgaben zu angemessenen Methoden nicht davon auszugehen sei, dass es Branchenstandards zum Beispiel zu mathematischen Modellen geben wird. „Für die Simulation von Kapitalmarktszenarien und den sich daraus ergebenden Bewertungen von Vermögen und Verpflichtungen ergibt sich für die Entwicklung mathematischer Modelle eine Herkulesaufgabe. Auch standardisierte Softwarelösungen sind nicht ausreichend, um das unternehmensspezifische Risikoprofil richtig abzubilden.“ Damit realisiert sich aber nur, was die Bafin, für die Orsa ein Kernelement des Governance-Systems der Säule II darstellt, beispielsweise schon 2011 angekündigt hat. Damals wurde mitgeteilt, dass der Zusammenhang zwischen Risiken und Kapitalbedarf eine Verknüpfung von Risiko- und Kapitalmanagement erfordert und nicht immer eine ausreichende Abdeckung aller wesentlichen Risiken durch ein internes Modell erfolgt. Auch wurde klargemacht, dass die Orsa-Ausgestaltung zunächst eine Unternehmensentscheidung ist.
Orsa verpflichtet Versicherer dazu, neben der Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen der Säule I kontinuierlich ihr eigenes Risikoprofil und den daraus resultierenden Kapitalbedarf zu analysieren. Dies soll Klarheit über die unternehmensindividuelle Risikosituation, gerade auch vor dem Hintergrund der strategischen Unternehmensführung, schaffen. Eigenkapital und Solvabilitätserfordernis sind damit keine unabhängigen Größen mehr. Gegenüber dem „Branchenkompass 2013“ von Steria Mummert Consulting gaben 78 Prozent der Befragten an, dass diese Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung erhebliche Investitionen in das Risikomanagement birgt. Zum Ressourcenbedarf kommentiert Christian Schätzle von Steria Mummert: „Die Bestimmung des ökonomischen Kapitals sowie die Einbindung in die Unternehmenssteuerung durch Budgets und Limite gleichen von der Methodik her einem kleinen internen Modell.“
portfolio institutionell newsflash 16.04.2014/Patrick Eisele
 

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