Offshore im politischen Gegenwind
Politik sieht Projekt von Luxcara kritisch. Chinesische Zulieferer, die russische Gefahr und amerikanische Vorbehalte bremsen Offshore-Pläne.
Ein Argument für Investments in Erneuerbare Energien war für Anleger bislang immer, dass PV- und Windparks aufgrund der Klimaziele politisch „gewollt“ sind. Zumindest Offshore-Anlagen erfahren nun mitunter auch politischen Gegenwind. So fordern derzeit Politiker von CDU, SPD und Grünen, die Lieferung chinesischer Windturbinen für das Offshore-Projekt Waterkant in der deutschen Nordsee zu untersagen. Hinter dem Projekt steht der Asset Manager Luxcara aus Hamburg. Luxcara möchte 16 Windkraftanlagen des chinesischen Herstellers Ming Yang aufstellen.
Anlass für die Vorbehalte der Politik sind eine Analyse der Bundeswehr-Denkfabrik German Institute for Defence and Strategic Studies (Gids). Als Risiken nennt die Studie gemäß dem Handelsblatt politische Einflussnahme, Spionage durch Sensorik, Zugang zu Sicherheitsprotokollen kritischer Infrastruktur und Störung der Energieversorgung. Die Gids-Experten raten daher, die Nutzung chinesischer Windkraftanlagen „zu verhindern“.
CDU-Politiker Roderich Kiesewetter sieht das Projekt ebenfalls kritisch. Kiesewetter bezeichnet im Handelsblatt Luxcaras Windparkpläne für „grob fahrlässig und sicherheitsgefährdend“. China könne Daten zur Lagebildgewinnung nutzen, um militärisch relevante Infrastruktur und Bewegungen auszuspionieren. Kiesewetter fordert darum, das Projekt aus Sicherheitsgründen zu unterbinden und chinesische Anbieter künftig auszuschließen.
Luxcara betont De-Risking
Luxcara teilt die politischen Sicherheitsbedenken nicht und verweist auf die eigenen De-Risking-Maßnahmen. Gegenüber portfolio institutionell betont Luxcara, dass sämtliche Faktoren – insbesondere technische, wirtschaftliche und sicherheitsrelevante Aspekte – umfassend und sorgfältig geprüft auch mithilfe namhafter externer Parteien geprüft wurden. „Nach intensiver Prüfung ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte gegen einen Vertragsabschluss mit Ming Yang“, teilt der Asset Manager mit. Dies sei auch in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und nachgelagerten Behörden kommuniziert und rechtlich nicht beanstandet worden.
Auch während der Montage und im Betrieb des Windparks gebe es Schutzmaßnahmen. Die für die Cybersicherheit kritischen Komponenten des Windparkprojekts Waterkant, wie zum Beispiel das Steuerungselement in der Windturbine oder die windparkinternen Unterseekabel, werden laut Luxcara ausschließlich von europäischen Herstellern geliefert. „Wir werden die Montage der Windräder, inklusive der Steuerungstechnik, gemeinsam mit anerkannten und unabhängigen technischen Experten während der Produktion und im Nachgang kontinuierlich begleiten und insbesondere auf die Einhaltung der höchsten IT- und Datensicherheits-Anforderungen überprüfen“, versichert Luxcara.
Um unerwünschte Datenzugriffe zu verhindern, sei das Projekt außerdem so konzipiert worden, dass die Datenverbindungen einzig von einem beauftragten deutschen Betreiber mit in Deutschland ansässiger Leitwarte und Mitarbeitern kontrolliert werden können. Der Windturbinenhersteller werde im laufenden Betrieb der Anlagen keinen unmittelbaren Zugriff auf die Steuerung der Anlagen haben. Zugleich werden die Windkraftanlagen vollständig und ausnahmslos von beauftragen qualifizierten Fachfirmen aus Deutschland und benachbarten EU-Ländern über die geplante Lebensdauer gewartet.
Kein Austausch mit politischer Ebene
Interessant bezüglich Planungssicherheit für die in der Energieinfrastruktur tätigen Akteure ist zudem, dass Luxcara nach eigenen Angaben weder vom Gids noch vom Bundesministerium der Verteidigung kontaktiert wurde. Außerdem sei in der bisherigen politischen Diskussion nicht differenziert worden, welche Komponenten genau als kritisch zu betrachten sind. „Europäische Windkraftanlagenhersteller beziehen seit langem einen großen Teil ihrer Hardware-Komponenten von chinesischen Herstellern, die sie in ihren Anlagen verwenden und weiterhin verwenden werden. Zusätzlich werden auch in anderen EU-Staaten Windkraftanlagen chinesischer Hersteller geplant oder sind bereits im Einsatz“, erklärt Luxcara.
Wie die Solarbranche ist auch der Markt für Windturbinen mittlerweile chinesisch dominiert. Allerdings gibt es mit Siemens Energy, Vestas und GE auch europäische und amerikanische Alternativen.
Problem-Projekte an den Küsten Schwedens und der USA
Der geopolitische Wandel trifft die Offshore-Industrie nicht nur in deutschen Gewässern. In der Ostsee stießen Projektentwickler im November auf ein Hindernis, mit dem sie so nicht gerechnet haben dürften. Wegen möglicher Folgen für die Verteidigungsfähigkeit des Landes will nämlich Schweden die Planungen für zahlreiche Windparks in der Ostsee auf Eis legen. Die schwedische Regierung habe von mehr als 14 Projekten nur eines genehmigt. Wie der NDR berichtete, hätten die Anlagen laut Verteidigungsminister Pål Jonson „inakzeptable Auswirkungen auf die Verteidigungsinteressen“. Demnach befürchtet das neue Nato-Mitglied, dass die Windturbinen Radaranlagen stören könnten, die zum Orten von Schiffen, Flugzeugen und Drohnen benötigt werden. Auch U-Boote könnten wegen der Windkraftanlagen schwer entdeckt werden, so Jonson. Außerdem würde sich die Vorwarn-Zeit für einen Raketenangriff von zwei Minuten auf nur eine Minute halbieren.
Der dänische Energiekonzern Ørsted litt zuletzt bei Windprojekten vor der US-Küste nicht nur unter Lieferproblemen und gestiegenen Zinsen, sondern auch unter dem Politikwechsel in Washington. Dort legte Präsident Donald Trump – allerdings vorgeblich aus ästhetischen Gründen – ein Veto ein: „We’re not going to do the wind thing. Big, ugly windmills. They ruin your neighborhood.“ Die Folgen für Ørsted: milliardenschwere Wertberichtigungen, ein gefallener Aktienkurs und ein Wechsel im CEO-Sessel.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Erneuerbare Energien / Renewables
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