Stiftungen
24. April 2017

Notstand im Anlageausschuss von Stiftungen

Durch die Investmentsteuerreform droht Stiftungen, die Anteile an Stiftungsfonds halten, neues Ungemach. Nur wenige Stiftungsfonds werden übrig bleiben, ist die Süddeutsche Aktienbank überzeugt.

Die Deutschen sind ein Volk von Stiftern. 582 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts sind im vergangenen Jahr neu errichtet worden. Dadurch ist die Zahl der Stiftungen in der Bundesrepublik mittlerweile auf 21.806 gestiegen. Allerdings: Viele Einrichtungen fühlen sich in ihrer Substanz angesichts des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes bedroht. Wie eine Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen (BDS) herausfand, erwarten nur noch zwei Drittel der 255 befragten Stiftungen, dass sie 2017 Renditen oberhalb des prognostizierten Inflationsniveaus von 1,5 Prozent erreichen werden. Unter kleinen Stiftungen mit einem Vermögen von unter einer Million Euro sei die Lage noch schwieriger. Hier rechnen lediglich 56 Prozent der befragten Stiftungen damit, dass die Renditen über dem Inflationsniveau liegen werden. Als wäre dies noch nicht genug, droht Stiftungen weiteres Ungemach, wie die Süddeutsche Aktienbank in einer Mitteilung im Vorfeld des diesjährigen Stiftungstags in Osnabrück feststellt.
Dieses Ungemach kommt laut dem Stuttgarter Finanzinstitut in Form des Gesetzes zur Investmentsteuerreform, das am 1. Januar 2018 in Kraft tritt und von dem auch Stiftungen betroffen sein werden, die Anteile an Stiftungsfonds halten. Denn die in diesem Anlagesegment bereits begonnene Konsolidierung werde dadurch nochmal deutlich an Fahrt aufnehmen. Mit der Folge, dass es im schlimmsten Fall zur Schließung und zum Wegfall dieser speziellen Fonds kommen könne. Nach Ansicht der Süddeutschen Aktienbank könnte bei Stiftungen somit der Fall eintreten, „dass diese ihr sehr sorgfältig ausgewähltes Zielinvestment verlieren und zu klären sein wird, ob dann überhaupt noch ein Zielinvestment im Sinne der Anlagerichtlinie existiert.“ Fraglich sei auch, wie man bis zum 31. Dezember 2017 einen Neubeschluss im Beirat, Kuratorium oder Anlageausschuss realisiert um keine „anlagenlose“ Übergangszeit mit Negativzinsen zu riskieren.
Um ihre Befürchtung zu untermauern, greift die Süddeutsche Aktienbank einen wichtigen Aspekt aus dem neuen Gesetz zur Investmentsteuerreform heraus. So sehen die neuen Regeln vor, dass bei Ausschüttungen inländischer Unternehmen, die in Investmentvehikel fließen, eine Abschlagsteuer vor. Davon sind laut Andreas Falger, Vorstandsmitglied bei der Süddeutschen Aktienbank, zwar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Organisationen ausgenommen, doch „genau das wird zu Differenzen führen.“ Aufgrund dieser Ausnahmeregelung könnte man meinen, dass soweit alles gut ist. Doch das trügt. Vielmehr sei gerade bei Stiftungsfonds mit erheblichen Problemen zu rechnen. Vor allem eine „gemischte“ Anlegerschaft, also Privatanleger und gemeinnützige Organisationen in einem Fonds, macht es nach Ansicht der Süddeutschen Aktienbank für die Kapitalanlagegesellschaften kompliziert und führt beziehungsweise führte bereits zu einer harten Trennung von Investorengruppen oder zu Fondschließungen.
Kein direkter Nachteil, aber…
Im Wesentlichen liegt dies an der komplizierten Rückforderungsmodalität, der sich die gemeinnützigen Organisationen unterwerfen müssten, teilte die Süddeutsche Aktienbank mit. Es habe aber auch mit komplexen Kalkulationen innerhalb des Fonds selbst zu tun, wenn zwei auf Fondsebene steuerlich unterschiedlich zu behandelnde Anlegergruppen zu betreuen wären. Das führe dazu, dass künftig „getrennte Töpfe“ gebildet werden müssen. Die steuerliche Sonderbehandlung von beispielsweise Stiftungen kann dann die Fondsgesellschaft nur noch realisieren, wenn sie den Zugang zu spezialisierten Fonds für sonstige Anleger unzugänglich und abhängig von einer nachgewiesenen Steuerbegünstigung macht. Für Stiftungen entsteht durch diese strukturelle Änderung zunächst kein direkter Nachteil, merkte die Süddeutsche Aktienbank weiter an. Wenn aber das gewählte Anlagevehikel zum 31. Dezember 2017 nicht mehr existiert – das Gesetz sieht hier keine Übergangsregelung vor –, entstehe „Notstand“ im Anlageausschuss der Stiftung, sofern es ihn denn überhaupt gibt.
„Aus gut informierten Kreisen erfährt man schon heute, dass von den vielen dutzend Stiftungsinvestmentfonds nur eine kleine Anzahl übrig bleiben werden“, so Falger. Doch dieses Szenario sei nicht nur negativ zu sehen. Ein Vorteil für Stiftungen wäre ein auf sie zugeschnittenes Anlagevehikel mit einer hart selektierten Mitanlegerschaft. „Wenn die Fondsgesellschaften dies als Chance begreifen, haben sie die Möglichkeit, diese spezielle Zielgruppe mit dem Vorhalten von Stiftungsexperten im eigenen Hause auf der Wissensebene zu ergänzen. Daraus könnte ein ‚Quantensprung‘ in der Professionalisierung durch Fokussierung der Vermögensanlage in Stiftungen einhergehen“, heißt es in der Mitteilung der Süddeutschen Aktienbank weiter.
portfolio institutionell newsflash 24.04.2017/Kerstin Bendix

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