Strategien
2. September 2015
Notenbanker weist Schuld am Niedrigzinsumfeld von sich
Die Europäische Zentralbank wehrt sich gegen Vorwürfe, sie sei für das derzeitige Niedrigzinsumfeld verantwortlich. Das Gegenteil sei der Fall.
„Das Niedrigzinsumfeld ist nicht unsere Schuld.“ Mit dieser Feststellung wartete der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Vítor Constâncio, jüngst bei einem Kongress an der Universität Mannheim auf. Der gebürtige Portugiese wehrt sich damit gegen Kritiker, die die Europäische Zentralbank für das für Versicherungen und Pensionseinrichtungen so kritische Niedrigzinsumfeld verantwortlich machen. Laut einem Bericht von Investment & Pensions Europe (IPE) räumte Constâncio zwar ein, dass die Suche der Investoren nach auskömmlichen Renditen zu realen Stabilitätsrisiken führe, gleichwohl seien dafür die Regulierungsbehörden zuständig und nicht die Zentralbank. Kritiker, die der EZB die Schuld am Niedrigzinsumfeld unterschieben, seien im Unrecht. Das Gegenteil sei der Fall. Constâncio betonte, die EZB und die anderen Zentralbanken versuchten, Probleme zu lösen, die sie nicht kreiert hätten.
Wie IPE in Erinnerung ruft, übt die Niedrigzinspolitik in der Eurozone, in Großbritannien und den USA starken Druck auf Pensionseinrichtungen aus, beispielsweise weil die Diskontierungsfaktoren für künftige Verbindlichkeiten sinken. Dadurch steigt der Barwert der Pensionsverpflichtungen. Mit Blick auf mittel- und langfristige Marktzinsen gab Constâncio zu bedenken, dass diese weitgehend von Investoren und anderen Marktteilnehmern bestimmt würden. „Seit einigen Dekaden beobachten wir eine Art sekularen Trend in Richtung niedrigerer Zinssätze“, so der Vize-Chef der EZB. Diesen führt Constâncio auf die Stagnation in den entwickelten Volkswirtschaften zurück. Ursache dafür seien eine Verlangsamung des Produktivitätswachstums und eine Zunahme der Sparneigung. „Die kurzfristigen Zinsen der Notenbankpolitik sind aufgrund dieser Entwicklungen niedrig, nicht anders herum.“
Weiter unterstrich Constâncio, die EZB-Politik sei implementiert worden, um die Inflation näher an das selbstgesteckte Zwei-Prozent-Ziel zu bringen, um die Wachstumsraten wieder zu „normalisieren“. Dann seien auch wieder höhere Zinsen drin. Außerdem, so betonte der EZB-Banker, sei er nicht der Meinung, dass das quantitative Easing und die Suche nach Rendite zu Blasen bei Asset-Preisen führen werde.
portfolio institutionell newsflash 02.09.2015/Tobias Bürger
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