Statement
23. Mai 2019

Nachhaltigkeit zahlt sich langfristig aus

Nachhaltigkeit ist nicht gleich Nachhaltigkeit – dies betrifft einmal das ­individuelle Verständnis von Sustainability auf Kundenseite aber auch, wie das Interview mit ­Olena Velychko von Nordea Asset Management zeigt, die Herangehensweise des Ver­mögensverwalters bezüglich der einzelnen Sektoren.

Wie gewichten Sie die Faktoren E, S und G innerhalb Ihres ESG-Ansatzes? Welche dieser Faktoren helfen Ihnen besonders, Abwärtsrisiken zu vermeiden beziehungsweise Aufwärtspotenzial zu schaffen?
Die relative Bedeutung der Faktoren ­Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social and Governance – ESG) ist je nach Sektor und geografischer ­Situation eines Unternehmens verschieden. Bei ­Banken beispielsweise, vor allem bei jenen, die in den nordischen Ländern und Europa tätig sind, liegt der Schwerpunkt derzeit auf der Eindämmung von durch Geldwäsche bedingten Risiken. Wir verfolgen ihre Reaktionen auf Verdachtsfälle und Untersuchungen und überprüfen ihre Bereitschaft, künftig strengere Vorschriften einzuhalten (Fünfte EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Geld­wäsche). Banken, die Geldwäscherisiken zuvor schlecht verwaltet haben, sind erheblich gefährdet.
In Bezug auf das Aufwärtspotenzial inter­essieren wir uns für die langfristigen ­Herausforderungen in puncto Nachhaltigkeit, da davon ausgegangen wird, dass diese die Nachfrage nach Lösungen bestimmen werden. Fettleibigkeit zum Beispiel ist in ­vielen Ländern zunehmend verbreitet. ­Damit einhergehend steigen auch die Kosten für die Gesundheitsversorgung (Nachhaltigkeitsziele Nummer 2 „Kein Hunger“ und 3 „Gesundheit und Wohlergehen“).
Die Hinweise häufen sich, dass dieser ­Umstand in hohem Maße durch eine ­ungesunde Ernährung reich an Zucker, ­gesättigten Fettsäuren, Salz und so weiter ­begünstigt wird. Da die Verbraucher sich ­dieser Tatsache immer stärker bewusst ­werden, sehen sie sich allmählich nach ­gesünderen Alternativen um. ­Unternehmen, die Produkte in Bioqualität oder aus ein­fachen Zutaten oder pflanzenbasierte Alter­nativen zu Fleisch und Milchprodukten ­anbieten, haben mehr Umsatzwachstum.
Das Geschäftsmodell und die Tatsache, dass die Umsätze positiven Beiträgen zur Nachhaltigkeit zu verdanken sind, sind ­fester Bestandteil unserer ESG-Analyse und zudem besonders wichtig für die Auswahl von Unternehmen für unsere nachhaltigkeitsorientierten Stars-Strategien. Darüber hinaus bewerten wir die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens, zum Beispiel seine Forschungs- und Entwicklungsausgaben für nachhaltige Lösungen.

Research weist zunehmend auf ein positives Verhältnis zwischen Nachhaltigkeit und Performance hin. In welchen Fällen beeinträchtigt Nachhaltigkeit die Performance beziehungsweise erhöht sie das Risiko?
Einige Nachhaltigkeitsrisiken zeigen sich erst auf lange Sicht, während die Kosten für ihre Verwaltung womöglich schon kurz- bis mittelfristig fällig werden. Damit werden Unternehmen, die proaktiv in Nachhaltigkeit investieren aus finanzieller Sicht kurzfristig weniger attraktiv.
Wir sind der Ansicht, dass wir einen Mehrwert für unsere Kunden erzielen ­können, ­indem wir die Faktoren Umwelt, ­Soziales und Governance in unseren Analysen und Anlageentscheidungen aktiv berücksich­tigen. Des Weiteren sind wir der Meinung, dass eine solide Unternehmensführung ­entscheidend dazu beiträgt, dass sich ein Unternehmen langfristig positiv ent­wickelt. Nachhaltigkeit kann die Performance beeinträchtigen, wenn sie so definiert wird, dass sie bestimmte Sektoren aufgrund von ­Werten ausschließt, statt ESG-Themen in die Anlageentscheidung einzubinden. Wir streben nach einer Portfolioverwaltung, bei der Risiko- und Renditefaktoren systematisch langfristig bewertet werden.

Stellt Engagement, also der Dialog mit Unternehmen, die beste Nachhaltigkeitsstrategie zur Wertsteigerung dar?
Wir wenden solche auf Austausch und ­Engagement basierenden Strategien an, wenn wir wertschöpfende Chancen durch die Verbesserung der Unternehmens­führung, des Risikomanagements, der Performance oder der Offenlegung in Verbindung mit ESG ­erkennen. Sie zeigen insbesondere dann ­Wirkung, wenn wir Unternehmen ­davon überzeugen, ihre langfristigen ­Risiken ­proaktiv zu steuern, zum Beispiel bei ­neuen Vorschriften in ­ihrem Sektor – wie die ­DSGVO – oder erhöhten geografischen ­Risiken, wenn etwa ­Bekleidungsunternehmen ihre Produktion nach Myanmar oder ­Äthiopien verlagern. Unternehmen, die die zunehmenden Risiken proaktiv steuern, indem sie auf die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen achten, sind vor potenziellen Negativ-Ereignissen besser geschützt. Dadurch reduzieren sich auch die Auswirkungen auf die Reputation sowie die Höhe der Geldbußen.

Mit dem Pariser Klimaabkommen und dem Aktionsplan der EU-Kommission liegt der Nachhaltigkeitsschwerpunkt ­zunehmend auf den Themen Ökologie und Klimawandel. Ist dies eine zu einseitige Entwicklung?
Es ist äußerst wichtig, dem Pariser Klimaabkommen gerecht zu werden, doch der Aktionsplan der EU sollte auch soziale und Governance-bezogene Themen ­beinhalten. Wir sind der Meinung, dass langfristig ­intakte Ökosysteme und geminderte Klima­risiken erforderlich sind, um Lebensgrundlagen zu schützen und zu bewahren.
Darüber hinaus denken wir auch, dass die neue nachhaltige Wirtschaft zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze beitragen wird, angefangen bei den Erneuerbaren ­Energien bis hin zum Recycling. Unser Engagement bezieht sich hauptsächlich auf die ­Bereiche Klima, Wasser, Menschenrechte und ­geschäftliche Verhaltensweisen.
Hier einige Beispiele: Wir sind einer der ­Finanzierungspartner der Corporate Human Rights Benchmark, unterstützen den Access to Medicine Index und sind führender Investor in der Arbeitsgruppe Steuerberatung im Rahmen der PRI.

Könnte die „grüne“ EU-Taxonomie die Bewertungen einzelner Anlagen verzerren? Führt die Taxonomie zu Marktrisiken?
Das ist momentan schwer zu sagen, da die Einführung noch aussteht. Die Taxonomie könnte für manche Sektoren ein Markt­risiko darstellen, wenn die institutionellen Investitionen künftig in ökologisch nachhaltige Anlagen fließen.
Die Offenlegungsverordnung verpflichtet Investoren und Anlageverwalter dazu, ihre Nachhaltigkeitsstrategie zu präsentieren, sofern vorhanden. Mit welchen Reaktionen ist zu rechnen? Was kostet es, wenn Investoren und Anlageverwalter auf Nachhaltigkeit verzichten und dies nun offenlegen müssen?
Unseres Erachtens werden ­Unternehmen, die nachhaltige Investments zu Marketing­zwecken nutzen, ohne ESG-Risiken und -Chancen in den Anlageprozess einzu­binden, es künftig schwerer haben. Wir unterstützen Initiativen, die die Transparenz für Kunden in Bezug auf die Verwaltung von Nach­haltigkeitsrisiken verbessern.

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