Nachhaltige institutionelle Anlagen mit leichtem Rückgang
FNG-Marktbericht 2023: Rückgang institutioneller Mandate und Spezialfonds um drei Prozent auf 159 Milliarden Euro. Gesamtes Marktvolumen steigt auf 578 Milliarden Euro (plus 15 Prozent).
Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) hat erneut seinen Marktbericht mit Zahlen zum Fondsjahr 2022 vorgelegt. Das Volumen nachhaltiger Geldanlagen erreichte demnach per Ende 2022 in Deutschland einen Zuwachs von 15 Prozent – und damit eine neue Rekordmarke von 578 Milliarden Euro.
Wenig überrascht, dass die Zuwächse zum größten Teil aus dem Bereich der Publikumsfonds kommen: Das Volumen stieg hier um 29 Prozent auf 317 Milliarden Euro. Demgegenüber ging das Volumen von nachhaltig verwalteten institutionellen Mandaten und Spezialfonds um drei Prozent zurück auf 159 Milliarden Euro. Inzwischen ist das Volumen der nachhaltigen Publikumsfonds damit fast doppelt so groß wie das Volumen für institutionelle Mandate und Spezialfonds.
Zum Gesamtvolumen hinzu kommen Kundeneinlagen (45,18 Milliarden Euro) und Eigenanlagen von Nachhaltigkeitsbanken (57,15 Milliarden Euro), wobei die in Mandaten verwalteten Anlagen hiervon abgezogen wurden. Die Ergebnisse aus dem FNG-Marktbericht stützten sich bei den institutionellen Mandaten und Spezialfonds auf Angaben der Asset Owner, so der Studienleiter des diesjährigen Marktberichtes, Sebastian Füllgraf, auf einer Pressekonferenz am Vormittag. Auch habe es im institutionellen Bereich keinen Artikel-9-Fonds nach Offenlegungsverordnung gegeben.
Die Methodik für die Erhebung der Marktzahlen orientierte sich laut FNG, wie im vergangenen Jahr, an der EU-Regulatorik. Die Klassifizierung nach Artikel 8 und 9 der Offenlegungsverordnung stellte das Grundgerüst für die Definition nachhaltiger Geldanlagen dar. Daneben erhebt das FNG die Kundeneinlagen und Eigenanlagen von Nachhaltigkeitsbanken und addiert diese zur Summe nachhaltiger Geldanlagen hinzu. Jedes Jahr befragt das FNG für seinen Marktbericht Asset Manager, Asset Owner und Banken nach ihren nachhaltigen und verantwortlichen Assets, Anlagestrategien und Produkten. Seit 2005 erhebt das FNG Daten zu den nachhaltigen Anlagemärkten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Daten des Marktberichts 2023 beziehen sich auf das Anlagejahr 2022 (Stichtag 31.12.2022).
Im Marktbericht 2023 wurden erneut die häufigsten nachhaltigen Anlagestrategien analysiert. Auf Platz eins befinden sich Ausschlüsse. Sie wurden bei 95 Prozent der betrachteten Assets angewandt. Es folgen Engagement bei 90 Prozent und Stimmrechtsausübung bei 88 Prozent der Assets.
„Das vergangene Jahr war von vielen Unsicherheiten geprägt. Zudem belastete das schwierige Börsenjahr. Nachhaltige Geldanlagen erreichen, so ein zentrales Ergebnis unserer diesjährigen Erhebung zum Marktbericht, zwar nicht die Wachstumsraten der früheren Jahre, legen aber weiter deutlich zu. Mehrere wissenschaftliche Studien belegen, dass nachhaltige Geldanlagen krisenresistenter als konventionelle Produkte sind. Sie sind weiterhin sehr gefragt“, resümiert Bernhard Engl, Vorstandsvorsitzender des FNG.
BVI: Sieben Prozent Wachstum im ersten Quartal
Auch der deutsche Fondsverband BVI belegt diese Entwicklung, denn er verzeichnete im vergangenen Jahr einen Rückgang des gesamten Fondsgeschäfts auf 3,8 Billionen Euro – ein Minus von knapp zwölf Prozent. Demgegenüber wuchs das in Artikel-8- und -9-Fonds verwaltete Vermögen um 20 Prozent auf 604 Milliarden Euro. Per Ende März 2023 dann meldete der BVI schon 808 Milliarden Euro, was einem Wachstum von sieben Prozent gegenüber dem Jahresende 2022 entspricht. Zum Vergleich: Der übrige Fondsmarkt büßte im ersten Quartal 2023 rund 0,5 Prozent des verwalteten Vermögens ein. Ein wesentlicher Grund für das sprunghafte Wachstum ist dem BVI zufolge die Neu-Klassifizierung einzelner großer Produkte als Artikel-8-Fonds.
Versicherer zweitgrößte institutionelle Gruppe
Nach dem FNG-Marktbericht waren in 2022 Versicherer und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit nach kirchlichen Institutionen und Wohlfahrtsorganisationen (33,7 Prozent) mit 16,4 Prozent die zweitgrößte institutionelle Anlegergruppe. An dritter Stelle folgt mit 12,1 Prozent die öffentliche Hand. Im Vorjahr (2021) lagen kirchliche Anleger mit 23,3 Prozent an der Spitze, gefolgt von öffentlicher Hand (15,9 Prozent) und Versicherern mit 14,6 Prozent.
FNG-Marktbericht: Befragung zu Greenwashing
Teil der Erhebung zum FNG-Marktbericht ist zudem eine Einschätzung der Branche, um ein Stimmungsbild der Entwicklungen und Anforderungen zu erhalten. Hier haben die Experten und Expertinnen neben quantitativen Daten daher auch qualitative Antworten übermittelt. Das FNG fragte sie auch zu Greenwashing-Vorwürfen an die Branche. Als Ursachen dafür nennen die Befragten beispielsweise die fehlende eindeutige Definition einer nachhaltigen Geldanlage, missverständliche EU-Regulatorik, fehlende Standards und Unterschiede im Verständnis von Nachhaltigkeit. Die Befragten sind zu 90 Prozent der Auffassung, dass Greenwashing-Vorwürfe das Potenzial haben, dem Wachstum nachhaltiger Geldanlagen zu schaden. Die Befragten wünschten sich vor allem eine kohärente und effizient umsetzbare Regulatorik. Außerdem legen die Befragten Wert auf die Etablierung von Standards und die Differenzierung zwischen nachhaltigen Geldanlagen und Investitionen in „Transformationsunternehmen“.
Weiteres Wachstum erwartet
Insgesamt blicken die Befragten positiv in die Zukunft. 80 Prozent von ihnen erwarten für das laufende Jahr erneut ein Wachstum bei nachhaltigen Geldanlagen, lediglich knapp zwölf Prozent rechnen mit einem Rückgang und weitere rund acht Prozent mit einem gleichbleibenden Volumen. 43 Prozent rechnen sogar mit mehr als zehn Prozent Wachstum im Bereich nachhaltiger Geldanlagen.
Autoren: Daniela Englert In Verbindung stehende Artikel:
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