Mit diesen Ameisen lässt sich kein Staat machen
Die Menschheitsgeschichte ist gepflastert mit Finanzblasen, Finanzhaien und gierigen Investoren. Daran hat sich bis in die Gegenwart hinein nichts geändert.
So konnte beispielsweise in der sogenannten Südseeblase im 18. Jahrhundert ein Unternehmen Geld einsammeln, dessen Geschäftszweck laut der Initiatoren so attraktiv war, dass er unbedingt geheim bleiben musste. Das Unternehmen verursachte damit eine Kaufpanik, und es kam wie es kommen musste: Die Initiatoren verschwanden auf Nimmerwiedersehen – selbstverständlich mit dem Geld der Investoren.
Sowas kann rationalen Anlegern im modernen Crowdfunding-Zeitalter nicht mehr passieren. Geldsuchende Unternehmer müssen transparent offen legen, wofür sie das Startkapital genau verwenden wollen. Doch Transparenz ist eine Sache, die Urteilsfähigkeit der Anleger eine andere. So suchte das Entwicklerbüro „Eteeski“ Anleger, die bereit waren, in ein Videospiel zu investieren, genauer gesagt in eine Ameisensimulation. Im Spiel „Ant Simulator“ ging es darum, einzelne Ameisen oder – man lese und staune – sogar ganze Ameisenkolonien zu managen. Womöglich war das Dschungelcamp eine Inspiration. Zu dumm, auch hier ging der Schuss nach hinten los: Statt sich über Renditen zu freuen, müssen sich die Investoren nun über ihre Gutgläubigkeit ärgern. Denn statt des unterhaltsamen Ameisenspiels gibt es nun wahrscheinlich einen noch unterhaltsameren Rechtsstreit.
Im Raum steht der Vorwurf eines Initiators, dass die beiden Mitstreiter nur beim Feiern fleißig wie Ameisen waren. Konkret wirft Eric Tereshinski den Mitentwicklern Tyler Monce und Devon Staley Veruntreuung vor. Sie sollen das Kapital für Schnaps und Stripperinnen zweckentfremdet und auch in Bars und Restaurants ausgegeben haben. Und ansonsten wohl – in Erinnerung an berühmte Worte eines berühmten Fußballspielers – einfach verprasst haben. Die Replik von Monce und Staley auf gamestar.de: „Das ist komplett falsch. Ich weiß nicht, warum er dieses Bild von uns zeichnet, aber die Wahrheit ist, dass alles Geld, was in Bars oder Restaurants ausgegeben wurde, in Relation zu den entsprechenden Ausgaben anderer Unternehmen, Videospiel-Firmen mit eingeschlossen, steht und völlig angemessen war“. Zu den Strippern und dem Schnaps: beredtes Schweigen. Und darüber, was angemessen ist, lässt sich wunderbar streiten.
Übrigens, das Geld sei auch deshalb draufgegangen, weil Sub-Unternehmer beschäftigt worden seien, argumentieren Monce und Stanley. Sie schlagen zurück und vermuten öffentlich, dass ihr ehemaliger Mitstreiter Tereshinski sie aus der gemeinsamen Firma drängen und das komplette Projekt für sich alleine haben wollte. Und überhaupt habe der einstige Kompagnon weniger Geld in den Ameisensimulator gesteckt als sie. Und sowieso habe er sich alles angeeignet. Och mimimi. Übrigens sollen Monce und Staley zusammen 5.000 Dollar – und damit deutlich mehr als Tereshinski investiert haben. Spätestens bei diesem Mini-Betrag hätten sich die Anleger, sofern ihnen das bekannt war, über das Alignment of Interest Gedanken machen können. Doch der Mensch will manchmal einfach nicht sehen, was eigentlich offensichtlich und transparent ist. Wie Gottlieb Biedermann aus dem Drama „Biedermann und die Brandstifter“ verhalten sich viele Anleger.
Tereshinski will jedenfalls weitermachen, wie er in einem Statement auf Youtube bekannt gibt. Dort kündigt der Programmierer auch an, Leute, die das Spiel bei ihm vorbestellt haben, in Kürze via E-Mail über eine Rückerstattung ihrer Vorauszahlung zu informieren. Ob aber die Investoren ihren Einsatz jemals wiedersehen werden? Die hätten ihr Kapital anderswo besser investieren können. Die Crowdfundler/privaten Investoren werden wohl kaum mit auf Tour gewesen sein, als Monce und Staley mit dem Projektgeld richtig Party gemacht haben. Dann hätten die Kapitalgeber wenigstens etwas davon gehabt. Eine feucht-fröhliche Tour durch illustre Tanzlokale oder eine Privatshow mit harten Drinks wäre wohl tausendmal besser gewesen als diese Fehlinvestition.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Portfolio-Redaktion ein schönes Wochenende.
Schreiben Sie einen Kommentar