Strategien
21. März 2016

Mit dem Zins erodiert auch der Umgangston

Was vor ein paar Jahren noch als unvorstellbar galt, ist heute für immer mehr Unternehmen ein Thema: Negativzinsen. Während mancher Finanzchef seine Banken mit harschen Worten vor der Einführung von Strafzinsen warnt, bunkert die Munich Re bereits Gold und Cash.

Wie ist das bei Ihnen im Tagesgeschäft? Verhandeln Sie noch oder zahlen Sie schon? Institutionelle Investoren und Firmen mit Geld auf der hohen Kante werden von ihren Banken im Einlagengeschäft immer häufiger zur Kasse gebeten. Und seit der jüngsten Entscheidung der Europäischen Zentralbanker kommt das Thema Negativzinsen bei Guthaben bei vielen nun mit Macht auf die Tagesordnung.
Dass man heute bei der Anlage kurzfristig nicht benötigter Mittel nichts mehr verdient, nun das kann mancher Akteur mental noch verkraften. Aber nun auch noch dafür zahlen zu müssen, will einigen partout nicht in den Kopf. Im Interview mit der Börsen-Zeitung lehnt der Finanzvorstand von Villeroy & Boch, Markus Warncke, eben erst Negativzinsen auf Einlagen energisch ab: „Mit diesem Ansinnen hat sich bisher noch keiner an uns herangetraut“, sagt er. Und täte es eine Bank, „dann hätte sie die Wahl, entweder auf den Strafzins zu verzichten oder uns als Kunden zu verlieren“. 

Den Stein ins Rollen gebracht hat übrigens nicht Markus Warncke, sondern unter anderem der Finanzvorstand des Baumarktbetreibers Hornbach, Roland Pelka.  Er berichtete im Herbst davon, dass deutsche Banken damit begännen, Strafzinsen von Unternehmen zu verlangen, die ihre liquiden Mittel für eine kurze Frist – etwa bis zu einer Laufzeit von drei Monaten – als Termineinlage parken. Er sprach damals laut Börsen-Zeitung von „Aufbewahrungsgebühr für Festgeld“. Das Katz-und-Maus-Spiel mit den Hausbanken, wer wem wie viel Zinsen abknöpft, geht nun aber erst richtig los. 
Zahlen, bitte!
Das zeigt sich schon allein daran, dass in der schwierigen Welt der Niedrig-, Null- und sogar Negativzinsen der seit Monaten nicht mehr ganz so freundliche Ton der Kreditwirtschaft gegenüber der tabulosen EZB mit ihren unkonventionellen Maßnahmen immer rauer wird. Deren Geldpolitik haben in den vergangenen Tagen sowohl die Genossenschaftsbanken als auch die Sparkassen verurteilt: „Die Geldpolitik der EZB ist falsch. Sie ist gefährlich. Sie ist nutzlos, weil keinerlei positive Effekte mehr erkennbar sind. Und sie ist aus unserer Sicht auch nicht mehr sachgerecht, weil sie sich an einem angesichts der Ölpreisentwicklung nicht sinnvollen Inflationsziel ausrichtet", ärgerte sich Georg Fahrenschon. Vor dem Hintergrund der sich eintrübenden Ertragslage im Sparkassensektor kündigte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Girobands (DSGV) auf der jüngsten Bilanzpressekonferenz laut Medienberichten verstärkt negative Zinsen für „große Einlagenvolumina gewerblicher Anleger“ an. 
Als Reaktion auf die negativen Zinsen hat der Rückversicherer Munich Re neben Goldbarren „einen zweistelligen Millionenbetrag“ in bar gelagert, wie Konzernchef Nikolaus von Bomhard jüngst durchblicken ließ. Er sei „fassungslos und entsetzt“, über den jüngsten Zinsschritt der Zentralbank, die den Leitzins auf null senkte. „Das ist offensichtlich das Ende der Geldpolitik.“ 
Bloß nicht zahlen, bitte!
Auch auf der Fondsseite tut man sich mit negativen Zinsen schwer und will von neuen Geldern so lange nichts wissen – das muss man sich mal vorstellen! Früher war man heilfroh über jeden Euro, der die Assets under Management in die Höhe getrieben hat –, bis man die frischen Mittel vernünftig anlegen kann. Viele Anbieter drosseln oder sperren daher den monetären Zufluss, um nicht unter übermäßigen Anlagedruck zu geraten. Wolfgang Kubatzki, Mitglied der Geschäftsleitung der Feri Eurorating Services, sieht, wie sich eine ganze Branche verbarrikadiert: „Die machen die Schleusen nur wieder auf, wenn sie das Geld auch in Immobilien anlegen können.“ Der Grund für die Abneigung gegen frisches Geld auch hier: Liquidität bringt keine Zinsen, vielmehr drohten Negativzinsen, die die Performance reduzieren würden. 
portfolio institutionell newsflash 17.03.2016/Tobias Bürger
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