Mit Agrarinvestments die Biodiversität beackern
Steffen Hahn: Wir freuen uns sehr, gemeinsam mit 12Tree die regenerative Landwirtschaft für institutionelle Investoren zu öffnen. Biodiversität ist ein Schlüsselthema des European Green Deals. Sind Agrarinvestments eine der wenigen Möglichkeiten, in Biodiversität zu investieren?
Richard Focken: Absolut. Der Verlust von Biodiversität durch die Landwirtschaft ist nach dem Klimawandel eines der großen Probleme, insbesondere in der industriellen Nahrungsmittelproduktion. Dabei kann man heute fast jedes beliebige landwirtschaftliche System auch als Multi-Spezies-System pflanzen, so dass von vornherein die Biodiversität gesteigert werden kann. Eine weitere Maßnahme ist die Umsaumung der Felder durch verschiedene Baumarten, die nicht nur vielen Tieren und Pflanzen einen Raum geben, sondern auch vor Sturm und Wind schützen.
Wie wird Biodiversität gemessen?
Über mehrere Jahre werden Flora und Fauna katalogisiert und die Entwicklung der Artenvielfalt wird dokumentiert. Genau diese Expertise bringen wir durch unsere Teams vor Ort ein. Der Mittelmeerraum ist einer von nur 36 offiziellen Biodiversitäts-Hotspots weltweit, mit einer außergewöhnlichen Pflanzenvielfalt von bis zu 25.000 Arten. Doch viele sind durch Landwirtschaft und Klimawandel bereits vom Aussterben bedroht.
Was ist mit sozialer Nachhaltigkeit? An wen werden die Produkte verkauft, die zum Beispiel in Marokko angebaut werden?
Wir analysieren zunächst stets durch eine sogenannte Social-Impact-Baseline-Studie die Grundbedürfnisse der Menschen. Danach wird ein Projektplan erarbeitet, der langfristig auf eine Verbesserung der Lebensumstände hinwirkt. Soziale Nachhaltigkeit stellt sicher, dass die lokale Bevölkerung, zumindest aber die Arbeiterschaft, langfristig von dem jeweiligen Projekt profitiert, geschützt und gefördert wird, oft über Generationen hinweg. Konkret werden die Erzeugnisse in Marokko in erster Linie für den marokkanischen Markt produziert.
Der Klimawandel nimmt zu. Langfristig erhöht sich damit das Risiko von Farmland-Investments.
Dies ist auf den ersten Blick richtig und gilt besonders für die konventionelle Landwirtschaft. Denn Böden, die arm an organischer Materie, konkret Kohlenstoff sind, speichern weniger Wasser und sind anfälliger für den Klimawandel.
Wie können wir die Landwirtschaft langfristig widerstandsfähiger gegen den Klimawandel machen?
Indem man zunächst analysiert, wie sich das Klima in einer gewählten Projektgeographie über die nächsten zehn bis 50 Jahre entwickelt. Hierfür stehen uns alle wesentlichen Daten zur Verfügung. Dann werden ein Bepflanzungssystem und gegebenenfalls auch ein permanentes Bewässerungssystem ausgesucht, um die anstehenden Veränderungen zu umgehen. Weiter sollte ein biodiverses System gewählt werden, das möglichst viel organische Materie in den Boden einbringt und möglichst ohne Kunstdünger und Pestizide auskommt. Dies bedeutet am Anfang mehr Komplexität, aber langfristig führt es zu Absicherung und dauerhaften Erträgen aus stetig besser werdenden Böden.
Welche Renditen sind möglich?
Die Renditen setzen sich aus vier wichtigen Teilbereichen zusammen: Einerseits durch bessere landwirtschaftliche Praktiken. Andererseits durch das Verhandeln von langfristigen Abnahmeverträgen, die möglichst auch Prämien für die stark nachhaltige Produktion enthalten. Hierfür ist die dritte Stufe hilfreich: das Bündeln gleicher oder ähnlicher Projekte zu einem Cluster, um in der Lage zu sein, sich über größere Mengen eine stärkere Marktposition aufzubauen. Solche langfristigen Verträge machen nachhaltige Landwirtschaft mit Erneuerbaren Energien vergleichbar, bei denen die langfristigen Einspeiseverträge eine ähnliche Rolle spielen. Die vierte Komponente ist die Weiterverarbeitung der Erzeugnisse in der zweiten Stufe jeder Wertschöpfungskette. Durch das Internalisieren der Marge der Weiterverarbeitung (wie das Pressen von Oliven zu Öl) werden landwirtschaftliche Projekte weiter abgesichert, zumal dabei auch oft die Produkte von anderen Herstellern mitverarbeitet werden, was zu weiteren Einnahmen führt.
Autoren: Richard Focken und Steffen Hahn In Verbindung stehende Artikel:
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