Immobilien
25. Februar 2015

Mietpreisbremse bremst auch Investoren aus

Die Bundesregierung will den steilen Anstieg von Wiedervermietungsmieten auf angespannten Wohnungsmärkten begrenzen. Der Entwurf des Mietrechtsnovellierungsgesetzes hat nach Einschätzung von Rechtsexperten starke Auswirkungen auf Investoren.

Eins der meist diskutierten Themen im jüngsten Bundestagswahlkampf war der mitunter steile Anstieg der Wiedervermietungsmieten auf angespannten Wohnungsmärkten und dessen Begrenzungsmöglichkeiten. Die Wirtschaftskanzlei Noerr weist darauf hin, dass die Parteien im Bundestag alle darin übereinstimmen, dass die bislang gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen reformiert  und ergänzt werden müssen. Entsprechend habe die Bundesregierung am 1. Oktober 2014 den Entwurf eines Mietrechtsnovellierungsgesetzes (MietNovG) vorgelegt. Damit soll unter anderem der Mietpreisanstieg auf angespannten Wohnungsmärkten gedämpft werden. Die Experten von Noerr um David Zafra Carollo, Mitglied der Practice Group Real Estate Investment, sind der Auffassung, dass der Gesetzentwurf ohne wesentliche Änderungen in der ersten Hälfte dieses Jahres in Kraft treten wird. Es sei davon auszugehen, dass die darin vorgesehenen Regelungen „starke Auswirkungen“ auf Investoren haben werden, deren Geschäftsschwerpunkt im Wohnungsmietsektor liegt, heißt es. Diesen rät Noerr daher dringend, die beabsichtigten Änderungen in ihren Geschäfts- und Investitionsplanungen zu berücksichtigen. 
Noerr listet den wesentlichen Regelungsgehalt des Reformvorhabens auf und fasst die für potenzielle Investoren wichtigsten Änderungen folgendermaßen zusammen: 
Im Falle einer Weitervermietung darf die ursprünglich geschuldete Miete die ortsübliche Vergleichsmiete nicht um mehr als zehn Prozent übersteigen. Die betreffe meist innerstädtische Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen „besonders gefährdet“ sei. Zu diesem Zweck sollen die Landesregierungen bis spätestens Ende des Jahres 2020 Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung festlegen, und zwar zunächst für die Dauer von höchstens fünf Jahren. 
Ausnahmen von dieser Begrenzung gelten für Wohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet werden. Aber auch für die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung. 
Aus Gründen des Bestandsschutzes gilt eine weitere Besonderheit: Wenn bereits mit dem Vormieter eine über der Grenze von zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Miete vereinbart war, kann der Vermieter auch nach Inkrafttreten der Regelungen über die Mietpreisbremse diese höhere Miete weiterhin verlangen. Allerdings dürfe der Vermieter die Miete anschließend so lange nicht weiter erhöhen, bis die vorgenannte Zehn-Prozent-Grenze aufgrund der allmählichen Steigerung des Mietniveaus wieder unterschritten worden ist. 
Interessant ist auch der folgende Aspekt: Einen wegen Verstoßes gegen die Regeln der Mietpreisbremse überzahlten Teil der Miete kann der Mieter zurückverlangen. Aber nur dann, wenn er diesen Verstoß gerügt hat und die zurückverlangte Miete nach Zugang der Rüge beim Vermieter fällig geworden ist. 
Auf der nächsten Seite lesen Sie, warum es nicht nur zu Umsatzeinbußen, sondern auch zu Wertverlusten bei Immobilienbeständen kommen dürfte.
Umsatzeinbußen und hohe Wertverluste absehbar
Die geplante Gesetzgebung werde „nicht unerhebliche Auswirkungen“ für Grundstückseigentümer und Investoren in den deutschen Wohnungsmietsektor haben. Laut der Kanzlei Noerr werden die Regeln der Mietpreisbremse auf jegliche Weitervermietung von Wohnungen Anwendung finden, die sich auf einem angespannten Wohnungsmarkt befinden und vor dem 1. Oktober 2014 bereits vermietet waren. Daher sei davon auszugehen, dass Eigentümer vermieteter, in prosperierenden Städten gelegener Wohngebäude künftig keine Mietverträge mehr zu Marktbedingungen abschließen können, sondern nur noch mit einer um höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Miete. Die Bundesregierung schätzt die jährliche Mietersparnis auf rund 284 Millionen Euro. Entsprechend niedriger fällt der Umsatz der Vermieter aus. 
Fehlende Mieteinnahmen sind die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite geht die gesetzliche Neuregelung mit erheblichen Wertverlusten bei Bestandsobjekten einher. Die Juristen weisen darauf hin, dass sich der Faktor, mit dem die Jahresnettomiete zur Errechnung eines durchschnittlichen Kaufpreises multipliziert wird, für vermietete Wohnobjekte an attraktiven Standorten durchaus auf 30 belaufen kann; unter Zugrundelegung eines Faktors in dieser Größenordnung ergäbe sich ein Wertverlust zu Lasten der Grundstückseigentümer von bis zu 8,52 Milliarden Euro. Die Mietpreisbremse betrifft auch Immobiliengesellschaften, die über gefächerte Portfolien mit Objekten an unterschiedlich erfolgreichen Standorten verfügen. Denn es werde kaum noch gelingen, stagnierende oder sogar fallende Mieten an unattraktiven Standorten durch einträgliche Lagen auszugleichen. 
Investoren rät Noerr, die Mietpreisbremse auch im Rahmen ihrer Erwerbspläne zu berücksichtigen. Durch die eingeschränkte Mieterhöhungsmöglichkeit im Falle von Weitervermietungen werde der in den davon betroffenen Objekten künftig potenziell erzielbare Cashflow reduziert. Das wiederum schlage sich in der Berechnung des Kaufpreises nieder. Die Folge werde trotz hoher Nachfrage aller Voraussicht nach ein „deutlicher Wertrückgang bestehender Mietobjekte in bevorzugten Lagen“ sein. Der einzige positive Aspekt für Investoren bestehe darin, dass künftige Wohnungsprojektentwicklungen nach derzeitigem Stand des Reformvorhabens nicht betroffen sein werden. 
Die geplante Mietpreisbremse hat bereits viel Kritik erfahren, insbesondere von Seiten der Immobilienbranche. Die Anwälte von Noerr rufen in Erinnerung, dass beispielsweise bezweifelt wird, dass das mit der Mietpreisbremse verfolgte Ziel – nämlich die Schaffung und Erhaltung von für breite Bevölkerungsschichten bezahlbarem Wohnraum in stark nachgefragten Gebieten – mit deren Einführung überhaupt erreicht werden kann. Tatsächlich dürfte ein wirtschaftlich denkender Vermieter, der unter mehreren Mietinteressenten eine Wahl treffen muss, bei dieser Entscheidung nicht zuletzt auch Bonitätsgesichtspunkte berücksichtigen. Daher bleibt es nach Einschätzung des Hauses Noerr voraussichtlich dabei, dass einkommensstarke Mietinteressenten einkommensschwachen regelmäßig vorgezogen werden. 
portfolio institutionell newsflash 25.02.2015/Tobias Bürger
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