Memento mori
Das Leben und der Tod
„Wenn er tot ist, ist er tot!“ Wer hats gesagt? Für in den 80ern sozialisierte Cineasten ohne Hang zu komplexen Problemfilmen ist die Antwort kein Problem: Es war Ivan Drago, die russische Boxmaschine in Rocky IV. Dragos Analyse ist jedoch nicht immer zutreffend.
Manche stellen sich auch nur tot, um zu überleben. Beispielsweise geben Airlines auf Anfragen zur Ticketrückerstattung zuverlässig keinerlei Lebenszeichen. Sorgen müssen sich Kunden aber nicht machen – zumindest nicht um die Fluggesellschaften.
Manches ist aber auch nicht tot zu kriegen. Zu Beispiel der Glaube, dass Zentralbanken mit monetärer Expansion jedes Verschuldungsproblem lösen können. Zugegebenermaßen wäre es wohl noch problematischer, von Nullzinsen und Anleihekäufen abzuweichen. Aber etwas, das weder tot noch lebendig ist, nennt man gemeinhin „Zombie“.
Schalke 04 wiederum ist finanziell praktisch tot – verspricht aber schon das Wunder einer Wiederauferstehung. Diese ist für das Jahr 2022 terminiert. Dann erst will man nämlich die Käufer von Tickets von Spielen entschädigen, die jetzt nur unter Ausschluss des Publikums stattfinden. Fans mit weniger Geduld können aber Härtefallanträge stellen. Die Rückerstattung einer 2021 auslaufenden Anleihe soll aber nicht gefährdet sein. Wenn doch, können Investoren bestimmt ebenfalls Härtefallanträge stellen.
Aus dem Kanal auf die Yacht – und zurück
Natürlich gibt es auch die Variante, dass jemand mausetot ist – in der Erinnerung aber unsterblich. So ist der spanische Immobilien-Tycoon Francisco Hernando kürzlich verschieden. Bekannt wurde „Paco El Pocero“ durch seinen glamourösen Aufstieg aus dem Nichts und seinen weniger glamourösen Abstieg zurück ins Nichts. Anders als die „Kollegen“ Donald J. Trump und Dr. Utz Jürgen Schneider wurde El Pocero in bittere Armut geboren. El Pocero bedeutet im Deutschen „der Kanalarbeiter“, wo eben seine Karriere begann. Auf dem Höhepunkt seines Schaffens hatte El Pocero eine Yacht, die doppelt so lang war wie die des Königs, und wenn es Probleme mit dem Liegeplatz gab, kaufte er eben den Hafen. Dann kam die Immobilienkrise, der Reichtum schwand und Hernando setzte sich ins wenig glamouröse Äquatorialguinea ab – natürlich um Wohnungen zu bauen.
In Erinnerung bleibt der Baulöwe wegen des Baus der Residencial Francisco Hernando, einem Wohnungsbauprojekt mit gewagter Kombination aus Betonbrutalismus und Schwimmbecken, Sportplätzen und Palmen. Laut Wikipedia wurden 13.500 Wohnungen geplant, wegen der Krise konnten aber nur 5.122 Wohnungen fertiggestellt werden. 2008 wurde die Bewohnerzahl der Geisterstadt mit nur rund 750 angegeben. Aber: 2017 wohnten bereits circa 12.900 Einwohner in der Residencial 50 Kilometer südlich von Madrid! Diese haben sich weit unter den einst aufgerufenen Preisen eingekauft und sind nun glückliche Wohnungsbesitzer. „Paco Hernando? Dem hat man Unrecht getan“, zitiert die FAZ einen Einwohner. „Er hat uns billigen Wohnraum gegeben, und wir leben hier wie die Fürsten. Für uns ist er ein Heiliger.“ Und Heilige geraten nicht so schnell in Vergessenheit.
Ein schönes Wochenende ohne morbide Gedanken wünscht Ihnen Ihre Redaktion von portfolio institutionell!
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